Leidenschaft auf den Rängen, Leiden auf dem Platz – #FCSP Heimniederlage gegen Aalen

Das Comeback des Jolly Rouge am Millerntor war in jedem Fall gelungen und eindrucksvoll. Wie das ganze Stadion in Rot getaucht war – mit gewissen Lücken, für die es unterschiedliche Gründe gab, aber dazu später mehr, das war einfach wieder Gänsehaut pur. Und eine klare Ansage an die Vereinsführung, daß die Goliathwache in der Gegengeraden unerwünscht ist sowie an dieser Stelle ein FCSP Museum hingehört. Absolut unklar war hingegen allen, was das da auf dem Rasen denn nur sein sollte, denn von einem wirklichen Spiel konnte von unserer Seite keine Rede mehr sein. Vollkommen verdient ging die um Klassen bessere Mannschaft aus Aalen als Sieger vom Platz – und das, obwohl der Gast noch nicht einmal gehobenes Zweitliganiveau aufwies. Der Leidenschaft in Rot auf den Rängen stand so leider nur noch ein einziges Leiden auf dem Rasen gegenüber. Was auch nicht ohne Folgen bleiben konnte. So oder so – ein ereignisreicher Tag mit Auswirkungen auf die Zukunft.

An einem Dienstag um 17 Uhr 30 ein Ligaspiel anzupfeifen ist ja an sich schon an Verachtung gegenüber den Stadiongängern kaum noch zu überbieten – in ganz besonderem Maße trifft dieses natürlich die von Auswärts anreisenden Fußballfans (also nicht nur die vom Gastverein), aber selbst die Anhänger aus Hamburg hatten Schwierigkeiten, auch nur rechtzeitig zum Anpfiff im Stadion zu sein. Das an diesem Tag das Verteilen des Infomaterials auf bzw. zusammen mit den Jolly Rouge Pappen vor dem Spiel anstand, erleichterte diese Anstoßzeit dann natürlich auch nicht gerade. Trotzdem gab es viele fleißige Helfer beim Verteilen der gigantischen Papiermassen, welche auch das Positionspapier der Fanszene des FCSP, siehe http://kleinertod.wordpress.com/2012/09/15/museum-statt-goliathwache-positionspapier-der-fanszene-des-fcsp/, enthielt, um die noch nicht ausreichend Informierten unter den Stadiongängern vor einer etwaigen Teilnahme am Protest sowie allgemein über diesen aufklären zu können.

Zusammen mit einigen Desorganisierten verteilten ein paar von den Oldtras das Infomaterial auf und vor der Haupt, wovon einiges auch auf den Sitzen platziert wurde. Das meiste ging aber direkt in die Hände der ins Stadion eilenden Besucher. Ganz besonders krass fielen dabei die Reaktionen einiger Business Seater auf, welche nicht nur überwiegend und zumeist unfreundlich das Infomaterial ablehnten, sondern mitunter hierbei sogar ausfallende Worte für die Verteilenden und den Protest übrig hatten. Diese äußerst eindeutige Einstellung zu einem Protest der Fanszene des FCSP sowie allgemein zu dieser zeigte auf sehr drastische Weise, was für einen ungeheuren Fremdkörper wir dort in der Mitte der Haupt sitzen haben. Beispiel gefällig? Einer der B-Sitzer, der mit seiner Familie, kam, riß einem etwa zehnjährigen Jungen, vermutlich sein Sohn, der neugierig einen mit freundlichem Lächeln angebotenen Flyer entgegengenommen hatte, diesen mit den Worten „wir nehmen keine Sachen von denen!“ aus der Hand und brachte mir voller Abscheu das Papier zurück, um es mir mit einem weiteren, ähnlichen Kommentar in die Hände zu drücken. Fast schon filmreif. Aber nicht gerade großes Kino.

Aufgrund eines Trauerfalls nahm sich die Süd die gebührende Zeit, um dem Verstorbenen zu gedenken, so daß dieser Teil des Stadions nicht das sonst so deutliche Rot zeigt. Aufgrund der vorherigen Ankündigung http://basch.blogsport.de/2012/09/25/ankuendigung-aalen-spiel/ kam dieses zumindest nicht überraschend. Traurig ist es aber so oder. Mein Beileid unbekannterweise an dieser Stelle.

Von der aus verständlichen Gründen vom allgemeinen Plan etwas abweichenden Süd einmal abgesehen, zeigte sich auf den anderen Tribünen hingegen früh, mit was an diesem Tag zu rechnen sein würde – nämlich mit einem voller Hingabe dargebotenen Protest.

Einfach unglaublich, wie diese Tapete beim Ausrollen wuchs und wuchs und gar nicht mehr aufzuhören schien. Die Stunden, die die Erstellung dieser Botschaft gedauert haben muß, vermag ich mir nicht einmal vorzustellen.

Allgemein war der Einsatz vor dem Spiel zu diesem Protest pro Museum und contra gigantischer, semipermanenter Stadionwache erneut einfach nur klasse.

All diese Jolly Rouge Fahnen gibt es schließlich nicht irgendwo zu kaufen, das sind alles selbst angefertigte Einzelstücke.

Heraus kam ein wunderschöner Anblick in Rot…

Wobei das gemeinsame Basteln als solches ja auch schon enorm schön war: http://kleinertod.wordpress.com/2012/09/24/fcsp-jolly-rouge-montagsbasteln-museum-statt-goliathwache/.

Das gemeinsame Ziel, eine Goliathwache in der Gegengeraden zu verhindern und stattdessen dort den Platz für ein Museum zu nutzen, hat enorme Kräfte in der Fanszene freigesetzt.

Bei all diesem Einsatz sollte klar geworden sein, daß es sich hierbei nicht um eine zu vernachlässigende Nebenforderung handelt, sondern um einen zentralen Punkt für die Fanszene.

Insbesondere die Gegengerade hat gezeigt, daß sie nicht über einer gigantischen Polizeiwache stehen wollen, sondern daß dieser Ort für die Fanszene bedeutsam ist.

So, wie die Gegengerade voller Leben, Geschichte und Einsatz steckt, so sollte auch der Ort genutzt werden – mit einem Museum neben den Fanräumen.

Die Wache kann auch gut und gerne draußen errichtet werden – wo die bisherige Domwache eben auch steht.

An deren Kosten müssen wir uns aufgrund der Vereinbarungen der Vereinsführungen nuneinmal beteiligen bzw. diese selber tragen.

Inwieweit das tatsächlich auf diese Weise nötig war, das ist auch ein wichtiges Thema, aber momentan gilt es, das Schlimmste zu verhindern.

Und das Schlimmste wäre eine Goliathwache in der Gegengeraden, welche den Raum für ein vernünftiges Museum blockiert und für die Fanszene untragbar wäre.

Wir wollen keine Goliathwache in unserem Stadion. Das Millerntor soll nicht das Fußballstadion in Deutschland mit der größten Polizeiwache werden!

Wir haben da lieber andere Titel. Wie den des Stadtmeisters… ^^

Und das Museum ist nur an diesem Ort in der ausreichenden Größe möglich. Den Beschluß zur Errichtung eines solchen Museums durch die JHV gilt es ja immer noch umzusetzen – bitte in der Gegengeraden!

Die Vergangenheit wirkt schließlich immer in die Gegenwart hinein und sollte auch in Zukunft nicht vergessen werden…

Wobei ein solches Museum nur dann auch wirklich einen Sinn ergibt, wenn dieses über das bloße Erinnern hinaus auch das ständige Leben der Fanszene aufnimmt und zur ständigen Auseinandersetzung reizt.

Wir alle können an diesem Ziel mitwirken: http://www.1910-museum.de/.

Je näher das Einlaufen der Mannschaften rückte, umso roter färbte sich das Millerntor.

Nicht nur durch die zuvor verteilten Flyer waren die Anhänger des FCSP informiert, beim Verteilen war bereits deutlich geworden, daß die meisten über die Problematik Bescheid wußten und den Protest unterstützten.

Auf Nord, Süd und Gegengeraden zahlenmäßig mit Sicherheit mehr als auf der Haupt…

Aber auch hier gab es etliche Unterstützer. Wie rot die Haupt war, vermochte ich aus meiner Perspektive natürlich nicht festzustellen.

Wie die Mitte der Haupt aussah, das vermag ich mir allerdings durchaus vorzustellen…

Insgesamt aber ein großartiges Schauspiel in Rot.

Leidenschaft pur.

Nur die Beschränkung der Gegengeraden in Sachen Kapazität aufgrund des aktuellen Baufortschritts hat wohl noch ein deutlicheres Bild verhindert.

Aber auch so konnte man deutlich sehen, daß die ganze Gegengerade hinter dem Protest steht.

Wirkung scheint es auch gezeigt zu haben, wie auf der Pressekonferenz am Mittwoch zu entnehmen war.

Natürlich braucht es dafür die Anstrengung aller – aber die Bereitschaft ist ja offensichtlich da.

Und wo ein Wille ist…

Wenn das Ziel einmal festgelegt wurde, dann findet sich auch ein Weg.

Die ganze Leidenschaft auf den Rängen hat leider nicht dazu beigetragen, die Mannschaft anzustecken.

Wobei selbst der schlimmste Kick zur Nebensache verblasst, wenn die Gedanken anderswo weilen…

Wie immer – beeindruckend.

Und Hut ab davor, daß dieser Trauer auch an erste Stelle gesetzt wurde – für den Protest war in der zweiten Halbzeit schließlich immer noch Zeit.

Wenn der Wille zur Errichtung der externen Domwache erstmal gegeben ist, dann werden die Rechnungen auch überschaubarer. Momentan sieht es da ja noch reichlich obskur aus – nicht nur auf dieser Tapete… http://kleinertod.wordpress.com/2012/09/15/m-ein-stadtteil-sucht-ein-museum-und-keine-goliathwache-fcsp-wieder-in-rot/ für weitere Details.

Der sicherlich auch aufgrund der Anstoßzeit kleine Gästeanhang hatte später ja ausreichend Grund zum Feiern. Denen gefiel ja das auf dem Rasen, uns nur das Drumherum.

Beispielsweise der schöne Regenbogen vom Bunker zur Gegengeraden. Sehr beeindruckend.

Wobei es ja eigentlich sogar zwei waren…

Die erste Halbzeit tropfte nur so dahin und es war einfach nur schwer zu ertragen. Da war diese Ablenkung höchst willkommen.

Das schwache Spiel wurde durch einen mindestens ebenso schlechten Schiedsrichter, der bei den Gästen nahezu jedes Fallenlassen nach der leichtesten Berührung sofort abpfiff und auf Freistoß für die entschied, weiter zerstört. Dabei wäre das wohl kaum nötig gewesen, auch ohne diese blöde Schauspielerei hätten die an diesem Tag gewonnen.

Es gibt DInge, die braucht echt niemand.

Dazu gehört mit Sicherheit auch eine nur auf das Vermeiden von Fehlern abstellende Spielweise. Während sich die Gäste hinten rein stellten, rannte unsere Mannschaft kopflos umher. Die 0-1 Führung für die kurz vor der Pause war dabei so verdient wie es dem Spiel nicht wirklich gut getan hat.

Von unserer Seite gab es einfach keine Idee, wie man diese Abwehr überwinden könnte. Das war einfach zum Heulen.

Von der vielbeschworenen Kultur war an diesem Tag jedenfalls nur auf den Rängen etwas zu sehen.

In der Halbzeitpause war wieder ausreichend Gelegenheit, all die voller Liebe gestalteten Tapeten zu genießen.

Auch die Süd beteiligte sich nun am Protest.

Wobei der beste Finanzierungsvorschlag von der Gegengeraden stammte… ^^

Die Süd war da weniger zum Lachen aufgelegt. Es ist aber auch die Zeit für deutliche Worte.

Doch nicht nur wegen des Jolly Rouge Protestes gab es Worte an diesem Nachmittag.

Zu dieser Zeit zeigten wir auch unsere Tapete, die wir nach dem Spiel nochmal aufrollten. Danke an die Unterstützung bei der Erstellung – vor allem für den gegebenen Untergrund! Aber auch allen anderen Helfern.

Wer gemeint ist, versteht das schon. ^^

Deutliche Worte gab es aber auch.

Und vor allem: ROT. Der Jolly Rouge ist beeindruckend zurückgekehrt. Und alles andere als tot.

Atemberaubend, wie die Süd sich dann zeigte.

Leider war auf dem Platz auch in Halbzeit zwei nichts von diesem Einsatz zu sehen.

Was auch immer Schubert für eine Ansage in der Kabine gemacht hatte – entweder wurde die nicht verstanden oder bewußt nicht umgesetzt.

Nicht nur bei mir drängte sich der Eindruck auf, daß als Erklärung für diesen unglaublich schlechten Auftritt eigentlich nur eine Verweigerung der Mannschaft auf weitere Zusammenarbeit mit dem Trainer herhalten konnte.

Was auch immer der Grund sein mag – es kann jetzt nur besser werden.

Denn eine Konsequenz hat der Verein ja bereits gezogen: Schubert wurde nach dem Spiel entlassen. Ein wohl notwendiger Schritt nach dieser katastrophalen Entwicklunng, bei der nur das letzte Spiel – nicht das Ergebnis – eine scheinbare Ausnahme darstellte. http://www.fcstpauli.com/data/news/profis/saison_2012_13/mannschaft/trainer_funktionsteam/entlassung_schubert. Nun muß es ein anderer richten, er war dazu offensichtlich nicht mehr in der Lage.

Wenn eine Mannschaft, die zuhause 0-1 hinten liegt, erst in der 83. Minute einen Schuß auf (also nicht neben) das Tor der Gäste hinbekommt, dann stimmt etwas ganz gewaltig nicht. Wer auch immer der Nachfolger werden wird, er hat eine schwere Aufgabe vor sich.

Die Unterstützung von den Rängen war dabei trotz der miserablen Leistung nicht zu verachten. Was aber mich jedenfalls schwer gestört hatte, das waren die Pfiffe zur Halbzeit und danach. Ob nun „nur“ gegen den Trainer gerichtet oder warum auch immer – so etwas am Millerntor zu erleben ist einfach extrem unschön. Auch http://www.magischerfc.de/wordpress/?p=6634 thematisiert dies. Über das Drumherum schreiben lohnt bei diesem Spiel aber auch mehr…

Aalen hat gezeigt, was es kann, während unsere Mannschaft definitiv mehr kann. Abgerufen haben sie dieses Vermögen allerdings nicht. Sicher fehlt ein Max Kruse an jeder Ecke – andere auch – aber die verbleibenden und neu hinzugekommenden Spieler haben das Zeug, um die Klasse deutlich zu halten. Sie müssen sich nur erheblich steigern, denn so würde es sehr sehr knapp werden. Und diese Art von Spannung muß in dieser Saison ja nicht wirklich sein.

Spannend wurde es auf dem Platz eigentlich nur noch die letzten zehn Minuten, als man so etwas wie einen aufkeimenden Willen der Mannschaft verspürte, doch nicht ohne Punkt den Platz zu verlassen. Doch leider hatte auch das nichts mehr geholfen.

Nun ist es an der Zeit, an bessere Zeiten anzuknüpfen.

Dem Auge wurde nur neben dem Platz an diesem Tag etwas geboten, dafür dann aber auch richtig.

Das nächste Auswärtsspiel dürfte in dieser Verfassung fast schon unmöglich mit einem Punkt abzuschließen sein – aber warten wir mal ab, ob die Trainerentlassung neuen Schwung hineinbringt.

„GEGENPolizeiGERADE“ – auch sehr schön. Solche Kreativität auf dem Platz hat an dem Tag echt gefehlt.

Dafür gab es sogar von den Logen Unterstützung. Auch für den Protest. Es geht eben auch mit der Fanszene.

Und nur zusammen mit der Fanszene bekommt der FCSP dieses Problem gelöst. Sowohl das mit der Finanzierung der Auslagerung der Wache und der Errichtung des Museums in der Gegengeraden als auch das mit der aktuellen sportlichen Situation. Die Fans stehen hinter der Mannschaft und werden sie auch weiter unterstützen. Wie sie auch Wege unterstützen werden, das finanzielle Problem zu lösen. Gemeinsam geht alles. Rechnet mit uns!

Fassungslos nach dem Abpfiff über die schlechte Leistung ging es vor allem um die Verarbeitung dieses Spieles. Die Meinung, daß Schuberts Tage gezählt seien, war deutlich überwiegend. Und so kam es dann ja auch.

Kurz ging es danach noch vor die Domschänke, wo der erste Austausch stattfand und zum ersten mal wieder gelacht werden konnte. Ging mir jedenfalls so.

Richtig laut und lustig wurde es dann auf dem erneuten Diffidati Marsch mit Jolly Rouge http://basch.blogsport.de/2012/09/22/diffidati-marsch-am-dienstag/. Gut ausgeleuchtet diesmal übrigens – wurde ja auch langsam dunkel.

So ging ein Tag voller wunderschöner Momente zuende – an diese wollen wir uns bei diesem Spiel erinnern, nicht an den Grottenkick. Der FC St. Pauli lebt. Und der Jolly Rouge ebenso. Gemeinsam schaffen wir das. FC SANKT PAULI!

P.S.: Der lesenswerte Artikel in der wie immer lohnenden BASCH ist nun auch online verfügbar: http://basch.blogsport.de/2012/09/26/archiv-basch-19-hintergrundrauschen-jhv-kolumne-i/ – und zeigt gut auf, daß auch bei optimalem Ausgang des Protestes kein optimales Ergebnis erreicht werden könnte. Dennoch lohnt sich der Kampf auch weiterhin. Das Schlimmste eben zu vermeiden.

P.P.S.: Auch die Worte bei http://metalust.wordpress.com/2012/09/27/es-wird-gebaut-aber-nicht-gestaltet-fc-st-pauli-der-controller-verein/ sind die Beachtung wert – wird doch hier über den aktuellen Protest hinausgehend die allgemeine Schwäche in der Führungsspitze des FCSP beim Namen genannt.