DFB und Naki – paßt nicht. Naki aber zum #FCSP. Und Boll natürlich. Nicht nur in Paderborn.

Manchmal gerät so ein Spieltag regelrecht ins Hintertreffen aufgrund anderer, gewichtiger Themen. Aktuell ist es die DFB-Nachlese zum Auswärtsspiel in Rostock, die beim Anhang des FCSP die Gemüter bewegt, genauergesagt die vom Kontrollausschuß gegen den FCSP beantragte Strafe und der dazu verfassten Begründung. Das Thema hat noch mehr Gewicht, als man auf den ersten Blick vielleicht sieht. Dazu ein paar Worte von mir. Zum Spiel unseres FCSP in Paderborn natürlich auch noch etwas.

Aber zuerst zu dem Aufreger der Woche. Der DFB-Kontrollausschuß hat wegen der Vorfälle in Rostock mit einer Geldstrafe für den FCSP von EUR 20.000,00 nicht nur eine extrem hohe Strafe gefordert, er hat dies in der Begründung auch damit zu rechtfertigen versucht, daß, ich zitiere, „die Gästefans bei der Bekanntgabe der Rostocker Mannschaftsaufstellung diskriminierende Äußerungen skandierten“. Quelle: http://www.dfb.de/index.php?id=500014&tx_dfbnews_pi1[showUid]=30350&tx_dfbnews_pi4[cat]=145.

Was war geschehen? Bei der Bekanntgabe der Namen der Heimmannschaft rief der gutgelaunte Gästeblock bei jedem Nachnamen lautstark den Namen unseres Derbyhelden vom letzten Aufeinandertreffen, „NAKI!“. Das ergibt sich auch aus den Liveaufnahmen aus Rostock, die im Internet kursieren, so http://www.youtube.com/watch?v=Pyh_6B4k8bs. Siehe dazu http://neunzehnhundertzehnblog.wordpress.com/2011/12/01/rostock-das-nachspiel/.

Nach dem DFB-Kontrollausschuß stellt dies also eine diskriminierende Äußerung dar… Eigentlich könnte man mit einem DAZKE! auf den Lippen über dieses DFB-Eigentor lachend hinweggehen, wenn dahinter nicht noch einiges mehr sich verbergen würde. Natürlich erklärt sich diese Formulierung nur so, daß hier offensichtlich ein NAZI-Gerufe vernommen und eben dieses als strafwürdig angesehen wurde. Wobei jetzt nicht der Witz ist, daß der DFB diese Bezeichnung für HRO-Fans als Beleidigung ansieht, sondern vielmehr, daß hier eine Taubheit auf dem rechten Ohr vorliegt. Doch noch mehr als das.

Hier ergibt sich schließlich die Absurdität, daß bei der Begründung für die Strafe gegen Hansa Rostock deren homophoben Rufe nicht mit aufgenommen wurden – wie auch damals bei der „Bomben auf Dresden“ Geschichte als Antwort von den Dynamo-Fans mit „Juden!“-Rufe geantwortet wurde, was der DFB nicht für verwerflich erachtete (Nachtrag: doch, wegen zwei Spielen mit Pyro und der Aktion gab es – auch – 20.000 Euro Strafe, siehe Kommentare). Ebensowenig sind andere rassistische Äußerungen für gewöhnlich ein Grund für den DFB, irgendwelche Strafen auszusprechen (so jedenfalls mein Eindruck, muß ja nicht richtig sein). Auch für frauenverachtende, sexistische Rufe erfolgt für gewöhnlich keine Sanktion. All dies trifft – überspitzt formuliert – dann ja auch nicht die weiße-heterosexuell-deutsch-männliche „Norm“ der Gesellschaft, sondern „nur“ irgendwelche „Randgruppen“… Homophobie, Sexismus und Rassismus sind als Randgruppenbeleidigungen also nicht strafbare Diskriminierungen, wohl aber ein Angriff auf die „Mitte“? So zumindest wirkt auf mich die hinter dieser Strafbegründung stehende Sicht des DFB. Und DAS finde ich weitaus schlimmer als die absurde Hörschwäche des Kontrollausschusses und darf gerade von unserem Verein so nicht hingenommen werden. Ganz egal, ob nun die Strafe in dieser extremen Höhe am Ende herauskommt oder nicht – wobei auf Diskriminierungen ja mindestens EUR 18.000,00 Geldstrafe an sich stehen, bei einer Gesamtstrafe die Strafen aber nicht einfach addiert, sondern bei mehreren Verstößen die größere nur erhöht wird – die Begründung darf die Vereinsführung dem DFB nicht durchgehen lassen!

Jetzt haben wir natürlich das Problem, daß der DFB-Beobachter bei den Rufen „Nazi“ herausgehört haben will und solche Beobachtungen werden für gewöhnlich als ausschlaggebend angesehen. Der FCSP muß jetzt das Gegenteil beweisen und man kann nur hoffen, daß dies durch die vorzulegenden Beweise auch gelingt und der DFB sich nicht etwa auf den Standpunkt zurückzieht, daß zumindest Teile der Fanszene auch „Nazi“ gerufen haben könnten – mit der Begründung, daß der Spielbeobachter das sonst ja nicht gehört hätte. Hier wäre aber auch anzusetzen. Wie kommt es denn dazu, daß ein Spielbeobachter hier nicht „Naki“, sondern „Nazi“ heraushört – und die homophoben Rufe der Rostocker vollkommen überhört (davon einmal abgesehen sollen sogar „Juden“-Rufe und das U-Bahn-Lied von HRO-Fanseite aus angestimmt worden sein)? Da muß man wohl auf den Empfänger-Horizont abstellen. Der Spielbeobachter vom DFB ist mit der Einstellung zu der Partie gegangen, daß sich hier zwei verfeindete Lager gegenüberstehen und eines davon ist links und haßt Nazis – die Rostocker hingegen wollen nicht als solche bezeichnet werden und fühlen sich zu Unrecht in dieses Lager eingeteilt. Die Auffassung der Rostocker wird offensichtlich vom DFB-Beobachter geteilt. Und deswegen hat er „genau hingehört“, ob solche Rufe von FCSP-Seite kommen. „Schwule“, „Juden“ oder U-Bahn-Lied sind hingegen wohl nicht für so relevant gehalten worden, als daß der Spielbeobachter derartigen Dingen nähere Beachtung schenken mußte – jedenfalls findet sich bislang davon keine offizielle Erwähnung. Kombiniert man aber dies miteinander, dann müßte man von Seiten des DFB aber wahrlich daran interessiert sein, hier nicht einseitig auf dem rechten Ohr taub zu sein und auf dem linken Dinge zu hören, die so gar nicht stattgefunden haben.

Mehr zu diesem Thema findet man auch unter http://sanktpauli.tumblr.com/post/13596988901/gib-nakis-keine-chance, http://lichterkarussell.net/als-nakis-diskriminiert/, http://www.gegengeraden-gerd.de/fc-st-pauli/ich-kaufe-ein-k/ und http://blog.uebersteiger.de/2011/12/01/11-nakis-sollt-ihr-sein/. Und auch die MoPo hat den Spielball schon aufgenommen: http://www.mopo.de/fc-st–pauli/hohe-geldstrafe-wegen-hoerfehler–machte-der-dfb–st–paulis-naki-zum-nazi-,5067040,11254670.html – wobei ich den link deswegen auch aufnehme, weil dort die wunderbare Tapete vom Auswärtsspiel in Paderborn zu sehen ist „Deniz NaZi, einer von uns“ – schnell und lustig reagiert, klasse Aktion.

Und nun noch ein paar Worte zu dem heutigen Spiel… Paderborn liegt uns ja irgendwie gar nicht. Die letzten vier Spiele hatten wir alle gegen diese Mannschaft verloren und auch an diesem Freitag sah es lange Zeit gar nicht gut aus. Die einstige Mannschaft von unserem Trainer Schubert hat bravourös gekämpft und mit viel Einsatz ihre Stärken ins Spiel gebracht, so daß wir nicht wirklich zur Entfaltung kamen. Der 1-0-Schock kurz vor der Pause, wieder einmal, machte das Spiel für uns noch schwerer und auch die Einwechslung von Naki und Ebbers brachte diesmal nicht die Entscheidung – sondern unser alter Anführer Boll mußte es wieder einmal richten, in allerletzter Minute. Er hatte das richtige Auge für das Tor – http://www.derwesten.de/sport/fussball/2_bundesliga/fabian-boll-trifft-mit-dem-auge-fuer-st-pauli-und-verdirbt-sc-paderborn-den-feierabend-id6129470.html – denn das war das Körperteil, mit dem er den Ball zum entscheidenden 1-1 ins Tor wuchtete, woraufhin es auch rasch anschwoll. Diesen Schmerz wird er aber sicher gern in Kauf genommen haben. Und für uns war noch noch Jubeln angesagt. Die negative Serie gegen Paderborn ist damit gestoppt worden und wir sind nach wie vor in der obersten Gruppe der Tabelle dabei. Ob Platz 2, 3 oder 4 nach der Hinrunde, das wird von den Ergebnissen der anderen Spiele abhängen, ist aber auch egal – die Hinrunde ist sehr gut für uns gelaufen. Kompliment an die gesamte Mannschaft samt Trainerstab!

(Nachtrag: schöne Bilder zu dem Auswärtsspiel gibt es unter http://www.flickr.com/photos/auxarmes/sets/72157628259008253/)

Eine Sache habe ich noch. Abschließen möchte ich meinen heutigen Blogbeitrag mit einer wunderschönen Nachricht: Jekylla hat ihre Bloggerabstinenz nach einem halben Jahr heute offiziell für beendet erklärt – wir dürfen uns also wieder auf ihre tollen Beiträge freuen: http://santapauli.wordpress.com/2011/12/03/hat-jemand-mal-eine-weisse-fahne-zum-schwenken/ – klasse! Willkommen zurück!