Fußball – Vermarktung – Fans: Problemstrukturen auch beim #FCSP

Für viele scheint es einen untrennbaren Zusammenhang zwischen Fußball und (Fußball-)Fans zu geben, insbesondere bei so einem „kultigen“ Verein wie dem FC St. Pauli. Der FCSP spielt und seine Fans sind wie selbstverständlich da – dass dem nicht immer und ohne weiteres so ist, kann man am schleppenden Ticketverkauf für das erste „Heim“spiel in Lübeck gegen Ingolstadt erkennen. Die Ursachen dafür sind sicher vielfältig, dazu später mehr. Der Verkauf von Eintrittskarten eines Fußballvereines ist als solches aber nicht nur eine organisatorische Herausforderung – in der heutigen Zeit steht eine ganze Vermarktungsmaschinerie zwischen dem Fußball und den Fans sowie den anderen Zuschauern. Genau hier fangen die Probleme allerdings auch an.

Mehr oder weniger gewöhnt haben wir uns ja schon an die Vermarktung von Fußball als Event – aktuell bei der Frauenfußball-Weltmeisterschaft festzustellen, aber auch die vergangenen Bundesligasaisons haben gezeigt, daß im Gegensatz zu früher die Stadien voll bekommen werden, während daheim Millionen an den Bildschirmen sitzen. Fußball wird also geschaut und das nicht zu knapp. Und zwar in einem weitaus größeren Rahmen, als es dies vor zwanzig, dreißig Jahren beispielsweise getan wurde. Maßgeblichen Einfluß an dieser Entwicklung hat sicher das von einem Fußballfan nicht immer geliebte Fernsehen, denn erst dadurch, daß Fußball in den Wohnzimmern so allzeit präsent ist und die unterschiedlichen Vereine über Erfolge oder hervorgehobene Besonderheiten immer wieder nachhaltig bekannt gemacht werden, kommen so viele erst dazu, ein Fußballspiel zu besuchen oder aber an der Glotze neutral zuzuschauen bzw. die Daumen zu drücken für einen Verein. Nach meiner Erinnerung ging der Zuschauerzuspruch dabei erst dann richtig hoch, als das Privatfernsehen die Berichterstattung übernahm und mit viel Beiwerk das Ganze eben zu jenem Event hochstilisierte, den die Fußballfans – allgemein gesprochen, das gilt ja nicht nur für die Ultra-Bewegung in den Stadien, nicht gerade positiv gegenüberstehen.

Zwischen Fußball und Fan steht also heutzutage die Vermarktung – und je erfolgreicher diese fungiert, um so mehr Leute zieht es in die Stadien. So weit, so gut, könnte man meinen – wenn man nur auf volle Stadien abzielt und auch nur den Augenblick betrachtet. Nicht jeder Zuschauer ist schließlich ein Fan, der eine Mannschaft im Stadion mit mehr als seiner Eintrittskarte unterstützt und ein Wiederkommen nicht von einem Erfolg auf dem Platz abhängig macht. Problematisch ist auch die Sicht einer reinen Fußballvermarktung, wird doch der Fan hierbei mit dem Gelegenheitszuschauer auf eine Stufe gestellt, ja mitunter sogar aufgrund seiner fanatischen Einstellung als potentieller Störfaktor darunter angesiedelt. Darüberhinaus können gerade in vollen Stadien die emotional nicht involvierten Zuschauer den Fan, der keine Karte abbekommen hat, verdrängen, was sich in größerem Umfang negativ auf die Stimmung bei einem Fußballspiel auswirkt und auf Dauer sogar dazu führen könnte, daß die Entwicklung der Zuschauerzahlen sich umkehrt.

Natürlich gibt es hier einen einfachen Weg, der von Seiten des FCSP ja auch gleich in doppelter Weise beschritten wird, nämlich die Unterteilung beim Vorverkauf in die drei Gruppen Dauerkarteninhaber-, Mitglieder- und freier Verkauf – in dieser Abstufung werden die Karten auf den Markt gebracht und so ist die Chance geringer, daß die alten Fans draußen bleiben müssen, während unbeteiligte Neuzuschauer an ihrer Stelle am Millerntor Platz nehmen. Ganz verhindern wird man dies trotzdem nicht können, was neben der Kartenknappheit, der Weitergabe von Karten auf dem Scharzmarkt und etlichen Sponsoren- sowie VIP-Karten umfangreiche Gründe hat – aber das ist ein anderes Thema.

Ganz allgemein zielt also die Vermarktung darauf, alle Karten an die Interessenten zu bringen. Was in Zeiten, in denen die Nachfrage aus den unterschiedlichsten Gründen größer als das Angebot ist, eben gewisse Verteilungsschwierigkeiten mit sich bringt. Eine Erhöhung der Dauerkarten bringt dabei aus Sicht der Vermarktung wenig Sinn, denn dann bleiben für den Verkauf zu normalen Preisen nicht nur weniger Karten übrig, ganz allgemein ist die für die Finanzierung der Fußballmannschaft notwendige Einnahmenerzielung hier betroffen – wobei wir bei den Business-Seats und Logen in einem Stadion wären. Und auf der anderen Seite auch wieder bei dem Strukturproblem der Vermarktung im Fußball an sich. Die Schaffung von teuren VIP-Plätzen zielt ja auch gerade auf die Gelegenheitszuschauer bzw. Eventsucher ab. Die eigentlichen Fans rücken dabei in den Augen des Marketing-Apparates aus dem Bereich des angestrebten Zielpublikums auf die Seite des zu vermarktenden Events. So werden Fußball und Fans als Einheit vermarktet und dabei übersehen, dass dies nicht nur keine Selbstverständlichkeit darstellt, sondern eben auch, dass auch die Fans als Zielgruppe aus dem Blickfeld geraten.

Und hier möchte in den Kreis wieder zum Eingangsabsatz schließen, nämlich den schleppenden Verkauf der Eintrittskarten für das auswärtige Heimspiel in Lübeck. Mit einer regelrechten Selbstverständlichkeit ging der FCSP davon aus, daß er die normalen Karten nur mit einer kurzfristigen Ankündungen auf den Markt des ersten Konsumentenkreises, eben der Dauerkarteninhaber, schmeißen müßte und in Windeseile wären alle Plätze vergeben. Ein Trugschluß, wie sich nach kurzer Zeit herausstellen sollte, denn mindestens die Hälfte der Karten blieb an den Kassen zurück. Vermutlich, weil viele Dauerkarteninhaber nicht einsahen, für die Zweitligasaison mehr Geld auszugeben als für die vorangegangene Saison in der 1. Bundesliga, denn die Preise für die 16 verbleibenden Heimspiele und das auswärtige Heimspiel zusammen übersteigen in der Regel den Dauerkartenpreis der Vorsaison eine Liga höher. Ob es nun ein Fehler oder eine unsensible Preisgestaltung war, die Vermarktung wird sich in diesem Punkt von Seiten der Fans zumindest Fragen stellen lassen müssen. Auch der getrennte Verkauf von Dauerkarten und dem Einzelticket für das erste (auswärtige) Heimspiel dürfte manche davon abgehalten haben, sich gleich zweimal in so kurzer Zeit anzustellen bzw. um eine Karte anderweitig zu bemühen – vieles mehr noch ist als Grund dafür anzuführen, daß das Interesse an diesem einen Spiel so gering ausfällt, mit Sicherheit auch die kurze Sommerpause und der Urlaub etlicher Dauerkarteninhaber während des ersten Heimspieles (in Lübeck). Die Vermarktung hatte nur das begrenzte Kartenkontigent vor Augen, welches geringer als die Dauerkartenzahl ausfällt – und sich aufgrund des vorgenannten Fehlschlusses nicht wirklich darum gekümmert, diese Einzelkarten auch los zu werden an die Fans.

Nachdem überrascht festgestellt wurde, daß die Dauerkarteninhaber dem Verein nicht alle Karten in kürzester Zeit aus den Händen reißen würden, wurde ohne jede Ankündigung klammheimlich der Vorverkauf mit einem knappen Vermerk auf der offiziellen Vereinsseite auf die Mitglieder erweitert. Hierbei wurde sogar nur das alte, schon aus den Augen verschwundene Newsbeitrag zum Vorverkauf bearbeitet, so daß einige dies überhaupt nicht mitbekamen. Selbst als dann immer noch fast die Hälfte der Karten liegen geblieben waren, ging der FCSP dazu über, die Karten auf den freien Markt zu schmeißen – hierzu gab es wenigstens einen kurzen Vermerk auf der Newsseite der Homepage, während die Medien nur über den scheinbar so erfolgreichen Verkaufsstart der Karten an die Mitglieder berichteten und viele sicherlich immer noch davon ausgehen, daß alle Karten längst vergriffen sind.

Wie man es auch drehen mag, es sind einige Fehler bei diesem Vorverkauf in meinen Augen passiert, über die man angesichts der Punkte Preisgestaltung und Fankontakt definitiv mal reden sollte. In meinen sozialromantischen Augen brauchen wir bezahlbare Karten für die Fans, definitiv weniger Business-Plätze und eine positive Herangehensweise an den Fußballfan durch den Verein, der sich in den zurückliegenden zwölf Monaten ein wenig zuviel um die teuren Plätze auf den neu gebauten Tribünen gekümmert hat. Weniger Event, weniger Gewinnorientierung (höhere Preise in Liga zwei als in Liga eins gehen einfach fehl), mehr Sankt Pauli!

P.S.: Bis Montag wurde nicht mal die Hälfte der Karten verkauft http://www.fcstpauli.com/magazin/artikel.php?artikel=9308&type=&menuid=57&topmenu=112 – wer also noch Lust hat, den magischen FC zu unterstützen, bitte hin da!

P.P.S.: Ein wunderbarer Beitrag zum gleichen Thema findet sich hier http://www.magischerfc.de/wordpress/?p=5767 – wobei auch die neuen AGB mit ausführlich kritisiert werden. Die sind, hier nicht weiter genannt, im übrigen der Grund dafür, daß ich über das Bröndby Spiel keinen Bericht geschrieben und keine Bilder veröffentlicht habe. Ist ja jetzt verboten… Immer einfacher, wenn man potentielle Kritik durch unliebsame Berichte im Netz gleich im Keim erstickt, was? >.< BRING BACK SANKT PAULI!

P.P.P.S.: Was die Karten für die restlichen Heimspiele sowie die Saisonkarten anbelangt, will der Verein im Laufe der nächsten Woche alle wichtigen Informationen bezüglich der Heimspielkarten sowie der Saisonpaketen auf der Homepage veröffentlichen (auf persönliche Nachfrage). Wenigstens eine Info, wann es Infos gibt…