Wunderschöner Fußball. Hässlicher Fußball. Der #FCSP siegt gegen Würzburg und positioniert sich gegen die grenzenlose Gier.

In diesen Tagen zeigt der Fußball so viele Gesichter, daß es schwer ist, diese alle in Einklang zu bringen. Fußball kann so schön sein. Wie beispielsweise in dem vom FCSP dargebotenem Beispiel aktuell wie im Heimsieg gegen Würzburg. Schulle läßt einen traumhaft schönen Ball spielen, die Spieler auf dem Rasen sind gut und das gesamte Manschaftsgefüge paßt einfach. Erfolgreich ist das alles zudem, so aus FCSP-Fansicht wirklich ein Augenschmaus, bei dem allein stört, nicht live vor Ort mit dabei sein zu können. Wir müssen nicht mehr darum zittern, ob wir die Klasse noch halten können, wir haben das schon nahezu rechnerisch sicher und auf dem Platz sowieso. Das haben wir alles schon ganz anders erleben müssen, aber auch das gehört dazu. Wie auch der Kommerz, denn natürlich ist Fußball auch ein Geschäft und hier gibt es immer unschöne Seiten. Und eben auch solche, die die Grenze zur Erträglichkeit überschreiten und die abzulehnen sind. Gerade bei letzterer Kategorie wird es umso krasser, um umso mehr Geld es da geht, was gerade in dieser Zeit wieder einmal bewiesen wurde. Was dann auch irgendwie wieder mit dem FCSP zu tun hat, denn wir stehen nicht ohne Bezug zum Rest da. Was sowohl eine schlechte wie auch eine gute Nachricht ist. Ein anderer Fußball ist nämlich doch möglich.

Seit vielen Jahren schon versuchen die reichen, erfolgreichen Clubs ihren Reichtum zu mehren und dabei sowohl ihre Erfolgschancen zu verbessern als auch ihre Einnahmen vom Risiko eines sportlichen Mißerfolgs unabhängiger zu machen. Dies hatte schon in der Vergangenheit zu Veränderungen im Europäischen Fußball geführt, Landesmeister- und Pokalsiegerwettbewerbe wurden für die Interessen der vermögenden, gerade erfolgreichen Clubs so geändert, daß ihnen ein Verbleib da oben leichter gemacht wurde. Das hatte das Auseinandergehen der Schere zur Folge, die immergleichen „Topclubs“ hatten ihren Status durch den Modus so gut wie zementiert, aber die Unsicherheit durch den sportlichen Modus konnte immer noch den einen oder anderen Verein ruinieren. Aber die Clubs, die sich nicht über irgendwelche Methoden mit immensen Finanzen von außerhalb versorgen konnten, vermochten es nahezu gar nicht oder nur für eine knappe Saison, annähernd in deren Regionen mitzuspielen. Und die anderen Vereine gerieten schon in dieser Zeit immer mehr ins Hintertreffen. Dies läßt sich im Fußball hierzulande am Besten an der ersten Bundesliga erkennen, die oberen Platze sind quasi für die immer gleichen Vereine reserviert, das Mittelfeld ebenso und auch der untere Bereich, einzelne Ausreißer durch sportliche Erfolge oder Mißerfolge erhalten noch etwas wie Spannung aufrecht. Im Vergleich dazu ist die zweite Bundesliga viel spannendender, da ausgeglichener, hier zählt der sportliche Teil weitaus mehr. Nicht umsonst ist sie zu meinem Sammelbecken der Traditionsvereine geworden, während die erste Bundesliga von anderen Vereinen bzw. Konstrukten erobert wurde. Das seit Jahren benutzte Druckmittel einer Abspaltung der reichen „Topclubs“ in eine Europäische Extraliga wurde durch immer weitergehende Zugeständnisse versucht auszugleichen, auch die aktuelle Reform, die das Problem noch weiter vergrößert, gehört dazu. Die Stellungnahme vom Verein ist dabei so gut und wichtig wie sie leider auch auf taube Ohren stieß.

Die Schere wird zugunsten der reichen „Topclubs“ noch weiter auseinandergehen, mit der CL-Reform wurde auch der momentane sportliche Mißerfolg ausgeglichen, hier zählen dann die Erfolge der letzten Jahre mit – und da Geld bekanntlich doch Tore schießt, sichern sich die reicheren Clubs dadurch die Teilnahme am Geldtopf zulasten der sportlich erfolgreichen Ausreißer und zerstören damit die Spannung am Spiel, die alles noch irgendwie zusammenhält. Doch das war den ganz besonders gierigen reichen Top-Clubs immer noch nicht genug und so wurde die Europäische „Super League“ ausgerufen, die ohne Abstieg für die Gründungsmitglieder daherkommen soll, ein geschlossener Kreis, bei dem das Geld reichlich fließen soll ohne sportliches Risiko. Daß dies das Kosntrukt vom Europäischen Fußball völlig auflösen soll, ist der eigentliche Sinn dahinter, da nur so direkt an den ganzen Geldtopf gelangt werden kann – aber das Kräftemessen könnte nach hinten losgehen, wenn die Vereine aus den anderen Wettbewerben ausgeschlossen werden. Inwieweit das machbar ist, das werden nun Gerichte klären müssen, die Schlammschlacht um das Geld ist damit eröffnet. Die Verschlechterung einer verschlechterten und schon lange schlechten Situation gegen eine noch schlimmere Verschlechterung ohne auch nur die Illusion eines Mitspracherechts für kleinere Vereine – beides ist schlimm, aber die Super League ist definitiv noch schlimmer. Alle Vereine, die da mitmachen, gehören für immer verachtet. Aus Deutschland gibt es dazu ja nur eine Meldung der Teilnahme, bislang: https://www.der-postillon.com/2021/04/super-league-schalke.html – was nur zeigt, daß es wichtigere Dinge als Geld gibt. Doch die Drohung mit diesem Konstrukt war und ist immer auch eine Drohung von den Deutschen „Topclubs“ gewesen, die sind auch dann Teil des Problems, wenn sie sich hieran nicht beteiligen. Und deren Abstinenz in diesem Kreis haben sie sich wohl auch mit den Zusagen an die CL-Reform erkauft. Siehe auch https://millernton.de/2021/04/20/super-mega-duper-dingel-dongel-league/ zu all dem. Trotzdem ist es gut für den Deutschen Fußball, wenn an dieser Super League nicht mit einem oder mehreren Vereinen teilgenommen wird – was sich noch zeigen wird.

Aber das ändert nichts daran, daß die Alternative auch ganz schlimm ist und ebenfalls bekämpft gehört. Danke an Oke für die wiederum deutlichen Worte dazu: https://www.linkedin.com/posts/okegoettlich_forderung-fc-st-pauli-votum-gegen-championsleague-reform-activity-6789872544116813824-DFQg. Der Kampf gegen den noch moderneren Fußball muß an zwei Fronten ausgetragen werden. Und beide Gegner sind schlimm für die Ligen, auch für die zweite Bundesliga, denn die Schere wird noch weiter auseinandergehen. Die sportliche Komponente muß endlich wieder mehr Gewicht erhalten. Sie sollte die einzige relevante Komponente sein. Und die Verteilung der Gelder sollte darauf ausgerichtet sein, daß nicht die gleichen Haufen immer größer werden und sich vor Verkleinerung zulasten anderer bewahren können. Gehaltsobergrenzen sind wohl die einzige Lösung, um immer weiter ausufernden Gehältern und damit den Druck zur Generierung noch höherer Erlöse zur möglichen erolgreichen Saison entgegenzutreten. Vielleicht hilft der „Endgegner“ Super League ja, hier gewisse Vereinbarungen im internationalen Fußball auf den Weg zu bringen. Es wäre schön, wie noch manches mehr. Weil ein anderer Fußball eben doch möglich ist als den, die die reichen „Topclubs“ und ihre finanziellen Mitstreiter voller Gier haben wollen.

Die finanziellen Zwänge sind auch so im Fußball vorhanden. Wie wir diese tolle Mannschaft leider eben nicht auch zur nächsten Saison werden halten können. Der Preis des Erfolges in der zweiten Liga bei einem Nichtaufstieg ist nun einmal, daß einem der Kader auseinandergepflückt werden wird. Ausgeliehene gehen, auslaufende Veträge bei guten Spielern werden nicht erneuert werden können und auch laufende Verträge garantieren allein eine verhandelbare Ablöse, aber keinen Verbleib des Spielers, zumindest nicht in der Form, in der er aktuell spielt. Und das alles ist gerade deshalb tragisch, da wir so knapp davor stehen, mit dieser Mannschaft von einem Abstiegsplatz zu Beginn des Kalenderjahres kommend fast noch an den möglichen Aufstiegsplätzen zu kratzen. Aber eben nur beinahe, das Ende der Saison ist zu nah, als daß wir hier noch mit mehr rechnen können. Trotzdem, es macht einfach Spaß, dieser Mannschaft bei ihrem Spiel zugucken zu können.

Die abstiegsbedrohten Würzburger hatten nicht den Hauch einer Chance, das schnelle 1-0 von Marmoush machte an diesem Tag schnell deutlich, daß auch Ausfälle wie die von Burgstaller und Matanovic uns nicht um das gefährliche Spiel nach vorn oder die Torgefahr bringen. Benatelli und Paqarada mit einem Traumtor erhöhten auf 3-0 und da waren gerade einmal 22 Minuten gespielt. Die Gäste wirkten hilflos, wollten zwar gegenhalten, fanden aber kein Mittel gegen unser Spiel. Und es hätte noch weitaus schlimmer als das 4-0 durch Kyereh kommen können für die Würzburger, aber da eine Englische Woche bevorsteht, nahm Schulle früh die wichtigsten Spieler aus der Partie mit einem Dreifachwechsel in der 56. Minute und danach lief das Spiel zwar mit vielen Torchancen für uns weiter, es fehlte nur an der letzten Konsequenz, die auch nicht mehr nötig war. Insgesamt trotzdem ein beeindruckender Erfolg, siehe auch den Live-Ticker zum Spiel: https://threader.app/thread/1383339431692701708.

Inwieweit wir die nächsten Spiele gegen Mannschaften, für die es noch um ein bißchen mehr gehen könnte oder geht als für uns, wie Düsseldorf, Fürth und Kiel, ebenso erfolgreich gestalten können, das wird sich zeigen. Danach haben wir nur noch zwei andere Partien, Hannover und Regensburg, aber unabhängig vom Ergebnis sehe ich uns nicht mehr ganz oben anklopfen. Aber eben auch nicht mehr nach unten reinrutschen. Wir können uns auf eine angenehme restliche Spielzeit einrichten, bei der wir von Corona hoffentlich verschont bleiben. Und uns auf die Vorbereitung der nächsten Spielzeit konzentrieren können. Sowie auf die anderen Dinge, die wichtig sind. Beispielsweise darauf, wie wir einen besseren Fußball erreichen könnten. Für alle.

Mehr zum Spiel:
https://millernton.de/2021/04/18/fc-st-pauli-wuerzburger-kickers-40-klassenunterschied-4-0/
https://fcspsouthendscum.wordpress.com/2021/04/18/matchday-29-fc-sankt-pauli-vs-wurzburger-kickers-3-0/