Es gibt so Spiele, da verbleibt man irgendwie mit einem zufriedenen Gesicht nach dem Abpfiff zurück – und das, obwohl man verloren hat und auch noch eine Menge Aufreger dabei waren, die der eigenen Mannschaft geschadet haben. Aber manchmal ist es ja auch gerade dieses Gefühl, all dem auf wunderbare Art und Weise getrotzt zu haben, daß das fehlende Glück und damit auch die fehlende Punktausbeute da gar nicht weiter ins Gewicht fallen kann. Erfolgsorientierter Fußball ist schließlich nicht das, was die Fans, vor allem von einem Verein wie den FCSP, von Grunde auf bewegt. Von dem, was wirklich zählt, da gab es an diesem Spiel mitten in der Englischen Woche reichlich – da akzeptiert man auch, daß es am Ende nicht zu etwas Zählbarem gereicht hatte und bedankt sich bei der Mannschaft – sowie den mitgereisten Fans, denn die waren auch wunderbar laut.
All das ist natürlich nur eine Betrachtung aus der Ferne vor dem Bildschirm in einer rauchgeschwängerten und frischgezapte Erfrischungen auch ohne VIP-Bereich an den Platz bringenden Kneipe sehr bequem zu schreiben und wenig aussagekräftig, aber ein paar meiner Gedanken zu dem Spiel möchte ich doch noch loswerden. Dazu hat mich die Partie schließlich viel zu sehr befriedigt, wie ich auch heute noch, einen Tag später, deutlich in mir verspüren kann. Eine derart positiv und lang nachwirkende Niederlage ist aber auch etwas Besonderes und verdient daher eine etwas nähere Betrachtung.
Vielleicht hat das Ganze auch etwas mit der anstrengenden und sehr durchwachsenen JHV zu tun, die gerade mal zwei Tage vor dem Auswärtsspiel in Braunschweig zurücklag und die einen nicht wirklich mit angenehmen Gefühlen zurückgelassen hatte – siehe dazu, insbesondere auch zu den Gründen Der Mob und die Geisterfahrer – eine Nachbetrachtung zur JHV 2012 des FCSP – http://kleinertod.wordpress.com/2012/11/28/der-mob-und-die-geisterfahrer-eine-nachbetrachtung-zur-jhv-2012-des-fcsp-fcspjhv/. Hier hat so viel von dem gefehlt, was die braun-weiße Fanseele braucht – und dann kommt so ein Spiel, welches für ebendiese wie eine heilende Wohltat ist.
Was die Mannschaft hier abgeliefert hat, das war schon hochgradig beachtlich. Nach einer guten Anfangszeit, bei der der Tabellenführer nicht wirklich überlegen aussah und nur durch einen einfach mal auf das Tor gehaltenen und leider durchgekommenen Schuß ein Tor zum 1:0 – welches ja auch der Endstand sein sollte – erzielte, brachte ein Allerweltsfoul bei einem Zweikampf, als Bartels etwas übermotiviert mit einigem Anlauf nicht nur den Ball, sondern auch den Fuß des Gegners traf, der die Einladung dankend zu einem lautstarken Schmerzensschrei und Fall annahm, nur um gleich darauf wieder munter weiterzuspielen, leider die völlig überzogene Rote Karte, die wohl nur vom Schiedsrichter selber für eine gehalten wurde (von den notorischen Anti-FCSP-Personen einmal abgesehen – die hätten aber auch bei 11 Roten gegen die ganze Mannschaft auf dem Platz bei Einsetzen von Regen nichts einzuwenden gehabt), sah, das Spiel zu einem deutlichen Bruch. In Unterzahl, und auch noch gegen den Schiedsrichter, also ein Zwölf gegen Zehn, das war schon eine äußerst harte Hypothek bei einem Rückstand beim Spitzenreiter – und so verlief die restliche erste Halbzeit auch eher wie ein Durchhalten, um noch im Spiel zu verbleiben, was insoweit aber gelang.
Es sollte nur leider nicht zu einem Treffer für uns reichen, auch wenn wir die zweite Halbzeit in Unterzahl sogar dominiert haben. Wahnsinnsleistung! Schade, daß es nicht gereicht hatte. Die Unterzahl merkte man gar nicht mehr, und als ein Spieler der Gastgeber für ein brutaleres Foul – mit gestrecktem Bein von hinten in den Mann – nur die Gelb-Rote Karte sah, da war das nur typisch für dieses Spiel. Ebenso das zu Unrecht aberkannte Tor für uns, denn das hätte zählen müssen. Aber so ist es halt manchmal. Beim letzten Aufeinandertreffen, daheim, gab es für uns ja leider auch kein Tor, dafür aber deutliche Worte auf den Rängen. http://kleinertod.wordpress.com/2012/02/28/vollig-von-der-rolle-fcsp-und-die-nullnummer-daheim-gegen-braunschweig-sowie-das-dfb-versagen/.
Mehr zu dem Spiel am Mittwoch gibt es hier: http://www.gegengeraden-gerd.de/fc-st-pauli/abend-rot/, http://ostblocksanktpauli.wordpress.com/2012/11/29/auswarts-nach-braunschweig/ sowie http://metalust.wordpress.com/2012/11/29/he-wants-to-kill-the-game-und-macht-uns-doch-nur-sexy/.
Warum sich USP dem 12:12 Protest nicht anschließen will, trotzdem aber den Zielen nicht im Weg stehen will und deswegen ebenfalls geschwiegen hat, konnte man schon vor dem Spiel erfahren: http://usp.stpaulifans.de/2012/11/1212-in-braunschweig/ – #hnlich auch andere, so wie http://sanktpaulimafia.blogsport.de/2012/11/29/stimmungsboykott/ – und wenn man sich anguckt, was für entsetzliche Proteste es in diesem Rahmen gab, siehe nur http://www.stadionwelt-fans.de/fotos/fanfotos_fussball/deutschland/rot_weiss_oberhausen/saison20122013/liga_18/heim_03.jpg. dann wird auch deutlich, warum hier keine gemeinsame Sache möglich ist. Trotzdem muß ein Zeichen gegen den Sicherheitswahn, der am 12.12.12 beschlossen werden soll, gesetzt werden – das weiter überarbeitete Papier ist auch in der jetzigen Fassung nicht annehmbar, http://www.bundesliga.de/de/liga/news/2012/0000231687.php, siehe schon http://kleinertod.wordpress.com/2012/11/16/noch-sichereres-stadionerlebnis-betrachtung-der-uberarbeitung-des-dfl-arbeitspapiers/ sowie http://stpauli.nu/germany-bundesliga/kollektivstrafen-und-die-komische-weltsicht-der-dfl-antragspaket-sicheres-stadionerlebnis.
Vielleicht hätte ja eine Minute länger, eben bis 13:12 der Spielzeit das Schweigen bewahrt bleiben können. Ich schlage das nach wie vor für die folgenden Spiele bis zum 12.12., auch das am Samstag, vor. Paßt doch auch, als Zeichen gegen den Sicherheitswahn! Das Schweigen war jedenfalls beeindruckend und machte vor dem Bildschirm noch weniger Lust, das Spiel zu verfolgen, als ohnehn schon – nichts ist so prickelnd und mitreißend wie live dabei zu sein, alles andere ist nur ein müder Abklatsch, nur eben leider nicht immer anders machbar. Nach dem selbst auferlegtem Schweigen wurde es laut im Stadion, wobei bis auf direkt danach sowie nach dem Tor eigentlich ausschließlich der tolle Gästeblock zu hören war. Großartig, auch die sichtbaren Banner, auf deren Bilder ich mich noch anderweitig freue. Vielleicht ja in der BASCH am Samstag: http://basch.blogsport.de/2012/11/29/basch-23-ab-samstag/, lohnt mit Sicherheit wieder!
Das Scheigen hat beim Gastgeber ja leider eine unangebrachte Tradition: http://www.publikative.org/2012/10/14/braunschweigen-kein-mittel-gegen-nazis/ – sehr schön dazu auch http://www.zeit.de/sport/2012-11/nazi-neonazi-aachen-braunschweig mit der (von mir jetzt etwas umformulierten) Feststellung, daß all das, was als grundlegende Rechte in der EU angesehen wird, von der Mitte mittlerweile schon als links oder gar linksextremistisch angesehen wird – was das Problem nicht nur in Braunschweig deutlich aufzeigt, mir aber auch beim verordneten Kampf der DFL gegen „Extremismus“ Sorgen macht. Je weiter die Mitte nach Rechts rückt, umso schneller wird gegen die vorgegangen, die eigentlich mit beiden beiden nur auf dem Boden des Grundgesetzes stehen und darum kämpfen – die neuen Linksextremisten? Eine sehr seltsame Entwicklung, allgemein. Wie das enden kann, konnte man beim Gastgeber ja wohl auch an diesem Tag sehen, wenn man das oben gelesen hat oder ich mir manche tweets in Erinnerung rufe…
Danke an die Mannschaft und alle, die mitten in der Woche zu diesem schweren Auswärtsspiel gefahren und alles gegeben haben – DAS war St. Pauli-like. Ihr seid ein klasse Mob. Und denkt an die Kinder.