Antrag gescheitert, aber nicht umsonst gestellt auf der JHV des #FCSP

Die Jahreshauptversammlung des FC St. Pauli im Jahre 2011 war außerordentlich gut besucht – wenn es schon keine außerordentliche gab, wie von den Sozialromantikern Anfang um den Jahreswechsel herum angedroht. Und doch schwebte der Geist der Bring Back Sankt Pauli Idee über dieser JHV, was sich nicht nur in einigen Anträgen ausdrückte, sondern auch an der roten bzw. Rot enthaltenen Kleidung vieler der Anwesenden. Durchgegangen sind nicht alle dieser Anträge, so ist eine der Hauptforderung auf Teilrückbau der Business-Seats gescheitert – und doch ist er nicht umsonst gestellt worden.

Daß es eine Marathonsitzung werden würde, war angesichts der Ereignisse im vergangenen Jahr allen klar – auch dem Präsidium. Daß für die JHV ein Tag in der Woche gewählt wurde, war somit in diesem Sinne nicht nur unangemessen, dahinter steckte offensichtlich auch ein Motiv – Diskussionen aufgrund der späten Abendstunde möglichst zu vermeiden und auch etliche Interessierte von außerhalb vom Besuch abzuhalten. Letzteres funktionierte zum Glück nicht, denn die Motivation aufgrund der Vorgeschichte war bei vielen gerade so hoch, daß sie trotzdem gekommen sind. Daß hieraus vom Präsidium abgeleitet wurde, daß die hohe Besucherzahl an dem von ihm gewählten Termin lag, war eine Frechheit. Eine von vielen an diesem Abend und nicht nur dann.

Der Antrag, zukünftig eine JHV nicht mehr unter der Woche abzuhalten, wurde zwar von der Mitgliederversammlung abgelehnt, doch auch in diesem abgelehnten Antrag war die offene Kritik am Präsidium herauszulesen. Zufriedenheit in der Fanszene mit der Arbeit des Präsidiums erkennt man auch an den gestellten Anträgen in einer JHV – und ob diese Signale von der Vereinsführung verstanden wurde, darf man getrost bezweifeln. Der wirtschaftliche Erfolg, der sich vor allem aus der Erstligateilnahme erklärt, mag einige an diesem Abend darüber hinweggetäuscht haben, doch noch stand kein direkter Abwahlantrag auf dem Programm…

Sehr schön fand ich nicht nur die versammelte Bezugsgruppe, die zum Teil enorme Strecken hinter sich gebracht hatte, um an diesem Abend dabei sein zu können (an dieser Stelle meine Hochachtung in Richtung Jekylla, diePauliane und auch die anderen Auswärtigen – die wahren Helden der JHV!), besonders gelungen ist auch deren informative Aufarbeitung der JHV, auf die ich nachfolgend verweisen möchte. Die Artikel http://stpauli.nu/st-pauli-feature/jhv-des-fc-st-pauli-im-cch-ein-hauch-von-sozialromantik, http://metalust.wordpress.com/2011/11/23/gunkel-for-president-von-zahlensalaten-drohkulissen-auf-halber-strecke-sich-in-die-busche-schlagen-und-trotzdem-einem-richtig-guten-gefuhl/ und http://santapauli.wordpress.com/2011/11/23/transparenz-schafft-vertrauen-das-prasidium-des-fcsp-aber-nicht-jhv-22-11-2011/ empfehle ich jedenfalls zur weiteren Lektüre.

Da bereits viel zu dem Thema geschrieben wurde, möchte ich hier vor allem zu dem mit einfacher Mehrheit abgelehnten Antrag auf Teilrückbau der Business-Seats auf der Haupt, siehe http://www.fcstpauli.com/pics/medien/1_1320426073/Plan_zum_Antrag_HT.pdf bzw. http://www.fcstpauli.com/pics/medien/1_1321446480/antraege161111.pdf, eingehen. Denn hier wurde die immer wieder eingesetzte Methode des Präsidiums, mit unliebsamen Anträgen umzugehen, besonders deutlich. Einfach das Schreckensszenario von großen Verlusten in den Raum werfen und dann noch auf irgendwelche Verträge zu verweisen, die dem entgegenstehen würden – das reicht fast immer aus, um jegliche Mitbestimmung durch das oberste Organ des Vereines, die Mitgliederversammlung nämlich, auszuhebeln. Immer wieder werden diese Argumente einfach so geschluckt, obwohl die präsentierten Zahlen nichts weiter als leicht zu durchschauende Phantasiegebilde sind.

So wurde von einem riesigen Verlust gesprochen, den dieser Teilrückbau pro Saison einfahren würde – in Liga zwei sollte dieser beispielsweise EUR 160.000,00 betragen. Auch auf den Hinweis hin, daß es hier um 422 Plätze gehe und in dieser Saison 700 Business-Seats zu Normalpreisen verkauft wurden, wurden die angeblichen Verlustzahlen nicht korrigiert. Nochmal: 700 nicht verkaufte BS werden in dieser Saison zu EUR 50 verkauft, das ist der Ist-Zustand. Wenn man, nach Rechnung des Präsidiums, von diesen 700 Plätzen 422 davon zu EUR 50 verkaufen würde (und den Rest natürlich auch zu 50), dann mache dies EUR 160.000,00 Verlust in der Zweitliga-Saison? Adam Riese ist offensichtlich nicht beim FCSP.

Aber auch die angeblichen EUR 700.000,00 Verlust in einer Erstliga-Saison kann ich dem Präsidium so nicht abkaufen, ebensowenig wie die 93%-tige Auslastung der BS in der Vorsaison. Nachprüfen kann man diese Auslastungzahl nicht, doch wenn man bedenkt, daß wir im Schnitt um die 500 nicht verkauften Plätze in Liga 1 hatten und zudem auch dort schon die BS zu geringeren Preisen angefangen wurden anzubieten, dann drängt sich mir doch der Verdacht auf, daß auch die kostengünstigen, also zu Normalpreisen verkauften BS in die Auslastungqsquote von 93% mit eingeflossen sind. Anders kann ich mir jedenfalls diese Zahl nicht erklären – die angeblichen Verlustzahlen sowieso nicht. Hauptsache, eine große rote Zahl wird drohend in den Raum geworfen – das verfehlt ja nie die beabsichtigte Wirkung…

Doch gab es ja auch noch andere Gründe, die gegen den Antrag aus Sicht manch eines Mitgliedes gesprochen haben mögen – beispielsweise, daß der Rückbau allein die Haupt betraf und dem Wunsch, irgendwann die BS auf der Süd abzuschaffen oder zumindest zu reduzieren, im Wege stehen könnte. Was auch immer die Mitglieder bewegt haben mag, gegen den Antrag zu stimmen, die Entscheidung ist gefallen und somit zu akzeptieren. Was ich aber nicht akzeptieren kann, das sind solche Vorgehensweisen vom Präsidium und deswegen hierzu die obigen Worte. Wenigstens wissen wir nun, daß wir noch zwanzig Jahre an die Verträge mit Banken und der Stadt gebunden sind – zumindest nach mündlicher Angabe des Vereinsvorstandes, weiteres dazu vielleicht ja bald bei Jekylla, die die Verträge einsehen möchte. Könnte spannend werden.

Durch ging zum Glück auch der Antrag, die A und B-Jugend aus dem Profibereich herauszunehmen – alles weitere dazu hatte ich bereits unter http://kleinertod.wordpress.com/2011/10/04/schreiber-demo-fcsp-siegt-auswarts-in-cottbus-und-afm-versammlung/ zur AFM-Versammlung geschrieben.

Ebenfalls eine Forderung der Sozialromantiker betraf ja das Ende der Susi-Loge mit dem Stangentanz, was zu amüsanten Redebeiträgen führte. Dazu auch nochmal mehr bei http://pathos93.wordpress.com/2011/11/24/kein-beachvolleyball-am-millerntor-mehr/ und auch bei den oben schon verlinkten Blogbeiträgen.

Nahezu ganz am Ende dann noch ein weiteres Highlight des Abends, als mit scharfen Worten die Vorgehensweise des Präsidiums angegriffen und dann doch am Ende der Rede der Antrag zurückgenommen wurde. Herrlich! Und nachzulesen hier: http://lichterkarussell.net/problemfelder-und-vollendete-tatsachen/.

So endete eine aufregende JHV – und auch in meinen Augen die Hoffnung, daß in absehbarer Zeit ein Teilrückbau von BS auf der Haupt eine Chance haben wird. Für die Süd könnte es ganz anders aussehen und ich hoffe sehr, daß dort irgendwann auch mal ein Antrag kommt. Denn die Forderungen der Sozialromantiker sind nach wie vor nicht alle erfüllt und der Kampf um das Sankt Pauli, welches die Jolly Rouge schwenkende Fanseele haben möchte, ist noch nicht vorbei.

Nachtrag: hier noch eine weitere lesenswerte Sicht auf die JHV aus FCSP-Fan-Bloggersicht: http://quotenrock.wordpress.com/2011/11/29/fcsp-jhv-mv-bademodebeachvolleyball422-business-seats-ein-trauriger-exkurs-leider/.

Ausführlichst zur JHV siehe auch den schönen Bericht bei http://www.magischerfc.de/wordpress/?p=5954.