Auf 17 Punkten eingefroren – nichts zu holen gegen Mainz am Millerntor

Die erhofften Punkte zum Abschluß der Hinrunde wurden es leider nicht, doch das Jahr100-Jahr war auch ohne einen schönen Abschluß eine tolle Sache. Leider fehlte es an diesem Samstag eindeutig am nötigen Einsatz bei uns – und damit meine ich nicht nur die Mannschaft, sondern auch das, was sich mitunter auf den Rängen abspielte. Schlecht war anderseits auch nicht alles, sowohl die Mannschaft, hier vor allem in der zweiten Hälfte, als auch die Stimmung auf den Rängen war insgesamt schon okay – insgesamt gilt es zwar, das eine oder andere anzusprechen, doch unterm Strich braucht man als FCSP-Fan wahrlich nicht zu verzweifeln.

Der Spieltag fing für mich schon früh mit dem Oldtras-Treffen an. Bei dem einen oder anderen wärmenden Getränk – zumindest zum Vorglühen ist hier auch ein Bier nichts anderes – wurde sich wieder über weitere Möglichkeiten, von der Haupttribüne aus noch besseren Support zu leisten, ausgiebig ausgetauscht. Immer mit vollem Einsatz dabei und voller positiver Anregungen für den Bereich H1-3 der neuen Haupttribüne, was man ja wahrlich nicht allein an den Blumenkästen sehen kann. Ohne diese Gruppe wäre weitaus weniger los – aber es ist auch auf der neuen Haupt noch weitaus mehr Potential für eine noch bessere Unterstützung der Mannschaft vorhanden. Zusammen werden wir hier hoffentlich noch weitere Verbesserungen erleben dürfen.

Etwas später als üblich angesichts der wenig verlockenden Kälte da draußen machten wir uns dann auf zum Ort des Geschehens. Der nicht ganz volle Mond prangte über dem Stadion und wirkte wie ein Wegweiser. Vor dem Einlaß war die Schlange auf die normalen Plätze der Haupt ungewöhnlich lang. Zuerst hielt ich dies noch für eine Momentaufnahme, doch auch später eintreffende Fans berichteten mir vom gleichen Bild. Ob es daran lag, daß ungewöhnlich viele Besucher an diesem Tag so spät wie möglich kamen, um nicht unnötig lange auf den Plätzen vor dem Anpfiff frieren zu müssen oder aber daran, daß der eine oder andere beim Einlaß heute fehlte, vermag ich allerdings nicht zu sagen.

Es traf bei der Anreise ja nicht nur die auswärtigen Fans, die teilweise nicht bis zum Millerntor kommen konnten… An dieser Stelle nochmal ein mitfühlender Gruß an Jekylla, die trotz Karte sich das Spiel aufgrund der Witterungsbedingungen im Fernsehen anschauen mußte.

Ob dieser Tannenbaum für festliche Stimmung sorgen sollte, weiß ich zwar nicht, zur Baustelle gehörte dieses Holz aber definitiv nicht. Als Abwechslung für die Augen beim Einlaß auch nicht schlecht, aber eben auch nicht gerade notwendig.

Besonders viel spielte sich heute im alles andere als ansehnlichen Gangbereich der Haupttribüne ab. Einfach aus dem Grunde, weil es hier eine Nuance wärmer als draußen war. Natürlich konnte man hier auch für das leibliche Wohl sorgen, wobei die Schlange vor dem Kaffee- und Glühweinstand deutlich die längste war. Amüsant zu beobachten war der starke Einsatz der Brötchen- und Kuchenverkäuferinnen, die die Fans einzeln ansprachen und zum Stand schleppen wollten. So viel Einsatz wünscht man sich doch allgemein auf der Haupt.

Der Platz war wie erwartet gut geräumt und auch entsprechend bespielbar, auch auf den Plätzen konnte man problemlos Platz nehmen – hier wurde von den verantwortlichen Schneeräumern wieder einmal gute Arbeit geleistet, was ich an dieser Stelle auch einfach mal erwähnen wollte.

Ich weiß nicht, wie lange es her ist, daß ich derart spät erst an Ort und Stelle auf der Haupt war, aber vor lauter Organisation und Begrüßungen der ebenfalls sehr spät eintreffenden Anhänger rundherum war es wirklich nicht mehr lang zum Einlaufen der Spieler. Inwiefern die anderen Tribünen früher gefüllt waren, vermag ich daher logischerweise nicht zu sagen. Positiv nicht nur in dieser Richtung fiel mir der Gästeblock auf. Die sympathischen Mainzer Fans wurden zumindest weitesgehend glücklicherweise nicht vom Winter in die Knie gezwungen. Offensichtlich wurde eine frühzeitige Anreise und eine späte Abreise von den Anwesenden eingeplant. Hat ja alles gut geklappt.

Da die Vorwärmphase für mich so kurz ausfiel, hatte ich an diesem Tag die Aufstellung auch irgendwie gar nicht mitbekommen. Zu diesem Zeitpunkt ging ich noch davon aus, daß ich mir diese während des Spieles schon noch leicht erarbeiten könnte – in mancher Hinsicht ein Fehlschluß, wie sich aufgrund der doch mitunter sehr versteckten Darbietungen einiger Spieler herausstellen sollte. Es brauchte jedenfalls unerwartet lange, bis ich alle auch wirklich identifizieren konnte. Aber später mehr dazu.

Positiv möchte ich vom Mainzspiel neben den sehr fairen und freundlichen Gästen, die ja leider auch aus anderen Gründen gut drauf sein konnten, auch noch den H2-Block erwähnen, von dem aus an diesem Tag weitaus mehr kam als an vielen anderen Spieltagen. Auch auf die Anfeuerungen von Richy war hier der Support stärker als auf der H3 – vom Oldtras-Block natürlich und auch einigen anderen Bereichen abgesehen. Das Spiel zusammen mit der Kälte hatte aber auch einiges abverlangt – von Frust über die Leistung gepaart mit der exträmen Winterkälte bis hin zur Leistungssteigerung später und spannenden Momenten, bei denen man das Anfeuern vor lauter spontanen Geräuschen fast vergaß war alles dabei.

Besonders schön war in jedem Fall der Einlauf der Mannschaften. Wo keine Fahnen geschwenkt wurden glitzerten unzählige Wunderkerzen und brachten ein wunderbares Ambiente zustande. Ganz großes Kino. Ob Haupt, Süd, Gegengerade oder Nord – überall war ein einziges Lichtermeer von meiner Position aus zu entdecken. Natürlich mit unterschiedlichen Gewichtungen, aber es war deutlich auf allen Tribünen derartiges zu sehen. Ein wunderbares Bild!

Auch von der Lautstärke wurde wieder einiges geboten. Wechselgesänge klappten auch, wenngleich jedoch nicht immer – manche Leute auf der Haupt scheinen auf die Aufstehen-Aufforderungen einzig und allein mit lautstark-genervten Hinsetzen-Gegenrufen reagieren zu können. Ob jene Pappenheimer zum Abpfiff noch da waren, habe ich leider nicht überprüft, wäre aber sicherlich spannend gewesen.

Jedenfalls kann man die alles andere als gute Leistung der Mannschaft in der ersten Hälfte nicht durch fehlenden Support erklären. Während USP mit diversen Liedern eigentlich immer hörbar war, brach aus tausenden Kelhen überall aber auch immer wieder lautstarke Anfeuerungsrufe hervor. Es wurde nach vorne getrieben und trotz der anfänglich grausigen Leistung nicht gepfiffen – was auch mal festgehalten werden sollte, eigentlich aber bei uns selbstverständlich ist und nur durch den Unterschied zu anderen Stadien und den Fans dort erwähnt zu werden braucht.

Trotz der Kälte war jedenfalls jeder, der es bis ins Stadion geschafft hatte, voll motiviert, die Mannschaft zum Heimsieg zu treiben. Warum dann diese weitesgehend so wenig auf den Platz zu sein schien, das ist eine Frage, die Stani über die Winterpause sicherlich noch klären wird. Es gab allerdings auch Ausnahmen, über den Doppeltorschützen Lehmann möchte ich hier vor allem auch wieder Gunesch erwähnen. Zusammen mit Hain, Morena und Ebbers schienen hier fast die einzigen Spieler gewesen zu sein, denen man anmerkte, daß sie an diesem Tag etwas reißen wollten.

Hier kann man allerdings deutlich sehen, daß noch mehr als die genannten Spieler in der Startformation waren. Sie waren ja körperlich auf dem Platz, fielen aber eher durch Fehler als durch etwas anderes auf. Einen ganz schwachen Tag hatte Okzipka erwischt. Sonst ein wirklich guter Spieler spielte er einen Fehlpaß nach dem anderen und ermöglichte durch diese sowie einigen Stellungsfehlern auch noch mindestens zwei Tore. Ein rabenschwarzer Tag für ihn. Aber so etwas kann halt auch passieren. Wir wissen ja, was wir an ihm haben.

Sehr umstritten war der Auftritt von Asamoah. Die einen fanden seine Leistung ebenfalls grauenhaft, andere, zu denen ich mich auch zählte, sahen ihn noch als einen der besseren Akteure von uns auf dem Platz an. Er ackerte jedenfalls ordentlich und rieb sich in diversen Zweikämpfen auf – hierbei fiel jedoch leider der insgesamt einfach nur grottenschlechte Schiedsrichter besonders negativ auf. Nachdem Asamoah ein bis zweimal gefoult wurde und auch einen Freistoß bekam, versuchte er sich ein bis zweimal mit eingedrehten Fallern nach leichten Berühungen, die natürlich nicht zu einem Freistoß führten – aber leider zu der Einschätzung des Schiris, daß Asamoah stets Schwalben machen würde. Fortan bekam er ordentlich auf die Hacken und so gut wie nie einen Freistoß, selbst bei deutlichsten Fouls nicht. Aber bei den ganzen anderen Fehlentscheidungen des Schiris, der selbst deutliche Handspiele nicht sehen wollte, wunderte das irgendwann auch nicht mehr.

Wie man es machen kann, das bewiesen die Mainzer, die zurecht ganz oben in der Tabelle stehen. Einen solchen Einsatz hätte man sich eigentlich von den Boys In Brown gewünscht – immer gedoppelt oder mit noch mehr Spielern Pressing ausgeübt und die Fehler nur so erzwungen, die dann auch zum 1:0 und auch mindestens einem weiteren Tor führten. Wir hingegen ließen den Mainzern ohne Ende Raum für ihr Spiel, als wollten wir sie gar nicht wirklich stören oder aber den Ball nur ungern haben. Ganz anders eben die Mainzer Mannschaft, die von ihren Fans entsprechend und berechtigt auch gefeiert wurden. Daß hierbei ausschließlich ein positiver Support geliefert wurde, war zwar auch erwartet, soll aber auch nicht unerwähnt bleiben.

Was ich jedoch unbedingt noch anbringen möchte, daß sind diese unsäglichen neuen Installationen auf der Süd und der Haupt. Flimmernde Anzeigetafeln, auf denen mit irgendwelchen kostenpflichtigen SMS-Diensten Botschaften angezeigt werden können. Gehts noch? So etwas gab es doch mal nachts auf diversen Billigkanälen, um einigen Gelangweilten mit einem unsinnigen Dienst noch ein paar Euros aus den Taschen ziehen zu können. Nun also derartiges auch am Millerntor. Kommerzieller geht es kaum. Und es stört ungemein. Andauernd flackern die Lichter im Augenwinkel. Was für eine grausige Sache. Eine ganz grausige Sache.

Pathos93 hat hierzu auch einiges ausgeführt – http://pathos93.wordpress.com/2010/12/20/das-ist-nicht-mehr-mein-pauli/ – zusammen mit der hoffentlich zutreffenden Bemerkung, daß dies nur für ein einziges Spiel installiert wurde. Wäre zumindest ein kleiner Lichtblick…

Die erste Hälfte, die ja ebenso grausig war, wenn man einmal vom Elfmetertreffer von Lehmann absehen will und dem Einsatz der genannten Spieler, war dann auch irgendwann vorbei. Zeit, das im Becher eingefrorene (!) Bier durch Neues wieder warm und flüssig machen zu lassen…

Es war eine eigenartige Stimmung zur Halbzeit zu bemerken. SO eine schlechte Leistung sah man von der eigenen Mannschaft jedenfalls daheim schon lange nicht mehr. Es erinnerte mich so einiges irgendwie an die zweite Halbzeit in Bremen, dort jedoch konnten wir ja kein Tor schießen. Insofern hatte ich noch die leichte Hoffnung, daß es zur zweiten Hälfte zumindest noch eine Steigerung von unseren Jungs geben könnte. Mit einem Inferno habe ich allerdings beim besten Willen nicht gerechnet – und außer hier auf diesem Transparant sah man davon leider auch nichts.

Nur wenige harrten zur Halbzeit auf den Plätzen aus, die meisten gingen sich im Gang ein wenig aufwärmen.

Die Gespräche hier kündigten für mich schon etwas an, was sich dann später bewahrheiten sollte. Diverse Fans hatten bei dieser Leistung kaum noch Lust, länger in der Kälte auszuharren. Von einigen bekam ich zu hören, daß sie wohl abhauen würden, wenn die Mannschaft weiter so lustlos spielen würde. Warum sich das bei dieser Kälte bis zum Schluß auch noch antun?

Na, ganz einfach. Weil die Spieler bis zum Abpfiff auch auf dem Platz stehen und wir von ihnen erwarten dürfen, alles zu geben. Wie auch wir alles geben, egal bei welchem Wetter. http://santapauli.wordpress.com/2010/12/19/deine-mudder-verlasst-vorzeitig-das-stadion/

Eine schöne und passende Choreo zu einem alles andere als schönen, aber menschlichen Thema kam zur Halbzeitpause von der Süd. Ich verweise hier mal auf die treffenden Ausführungen von momorulez in seinem Blog: http://metalust.wordpress.com/2010/12/19/volksparkisierung/#comment-10895

Ob wirklich jeder St. Pauli liebt, das mag angesichts der Abwanderungen nach dem 2:4 bezweifelt werden. Es war einfach grausig mitanzusehen, wie viele dann überall das Stadion verließen. Dabei hatte die Mannschaft in der zweiten Hälfte doch wieder derart gut gekämpft und sich fast sogar den nicht gerade verdienten Ausgleich erspielt, daß man ihr keinen Vorwurf mehr machen konnte.

Die Gesänge von der Süd in Richtung Haupt wirkten dabei ein wenig befremdlich, da sich die Ränge der Süd ebenso deutlich leerten wie auf der Haupt. Wobei man deutlich sagen muß, daß es nur ein Teil und deutlich nicht die Mehrheit war, die hier davonschlich. Hier kann man dazu auch noch einiges mehr lesen: http://metalust.wordpress.com/2010/12/19/volksparkisierung/.

Wer im Stadion blieb, der konnte die Mannschaft – ob ihrer deutlichen Leistungssteigerung in Hälfte zwei auch verdient – feiern. Aber auch erleben, wie am Ende die Mainzer Fans eine Liebeserklärung an St. Pauli losließen. Ganz großes Kino. Allein diese Mainzer wären schon ein Grund (von vielen, natürlich), warum ein Klassenerhalt eine tolle Sache wäre. Möglich ist diese in jedem Fall, nach wie vor. Die 17 Punkte zur Halbzeit sind für einen Aufsteiger ja nicht zu verachten.

Anschließend gab es für mich eigentlich nur noch eines – ab ins Vereinsheim zum Aufwärmen. Es ging bei diesen durchfrorenen Gliedern einfach nichts anderes mehr. Amüsant noch das Interview mit Lehmann, der auf die Frage des Reporters nach einer Vertragsverlängerung noch abblockte – einen Tag später konnte man zum Glück etwas ganz anderes lesen: http://fcstpauli.com/magazin/artikel.php?artikel=8124&type=2&menuid=57&topmenu=112. Auf diese Weise endet die Hinrunde also doch noch mit einer großartigen Meldung.

Auch wenn die Winterpause kurz ist – mir wird das Millerntor wieder einmal sehr fehlen. Bis zum nächsten Jahr!

P.S.: Sehr lesenswert: http://santapauli.wordpress.com/2010/12/22/auf-ein-wort-herr-schulte-oder-auch-ein-paar-mehr/