Fan-Protest beim FCSP – macht das überhaupt Sinn?

Diese Frage scheint gestellt zu werden, wenn man sich die aktuellen Interviews und Artikel anschaut, die rund um die Bring Back Sankt Pauli – Aktionen herum in den letzten Tagen erschienen sind. Die Petition der Sozialromantiker ist längst zu einem allgemeinen Aufruf an die engagierte Fanszene des FCSP geworden, beginnend mit dem nächsten Heimspiel am Samstag deutlich zu machen, daß der aktuelle Kurs der Vereinsführung nicht weiter widerspruchslos hingenommen wird. Im Gegenteil, die Forderung einer Kursänderung soll unüberhörbar und unmißverständlich mit dem Jolly Rouge, dem Zeichen der Protestbewegung artikuliert werden. Das soll nicht hilfreich sein?

Wenn man sich die Äußerungen von unserem hochgeschätzten Sportchef Helmut Schulte, der vom Verein offensichtlich als halboffizielles Sprachrohr vorgeschickt wurde http://fcstpauli.com/magazin/artikel.php?artikel=8228&type=2&menuid=57&topmenu=112, oberflächlich anschaut, könnte man meinen, daß der aktuelle Fan-Protest (siehe http://kleinertod.wordpress.com/2011/01/07/bring-back-sankt-pauli-zeichen-setzen-fur-das-gemeinsame-ziel/) keinen Sinn macht. Schließlich erfordere der Kampf um den Klassenerhalt in der Rückrunde die Bündelung sämtlicher Kräfte, so daß eine innere Zerrissenheit gerade jetzt nicht sein dürfe – weiteres kann man im Hamburger Abendblatt vom 12.01.2011 nachlesen, auch unter der Überschrift „St. Pauli wird rot-schwarz, Schulte mahnt Fans zu Einigkeit“ steht neben der Berichterstattung über den Jolly Rouge-Protest vor allem ein scheinbarer Aufruf zum Stillhalten. In einigen Punkten stimmen die derzeitigen Fanproteste und die aktuellen Aussagen von Schulte überein – die FCSP-Fans unterstützen von Beginn bis zum Ende ihre Mannschaft und es ist nicht die Aufgabe vom Sportchef, bei der derzeitigen Lage für den Verein zu sprechen.

Ob nun eine Kluft zwischen den jeweiligen Lagern nicht hilfreich sei, wie weiter von Schulte angeführt, das möchte ich jedoch dahingestellt lassen – denn der Support wird mit Sicherheit nicht darunter leiden, wenn andersfarbige Flaggen geschwenkt, vereinsführungskritische Plakate hochgehalten oder andere Gesänge als sonst angestimmt werden. Unsere Mannschaft da unten kann sicher sein, gegen Freiburg wie gewohnt nach vorn gepeitscht zu werden. Kritik ist aber nötig und auch nur den Anschein eines Mundverbietens ist hier nicht gerade hilfreich – es sei denn, man möchte die Fanszene geschlossen dazu bringen, resignierend dem Verein für alle Zeiten den Rücken zu kehren. Aber soweit würde es wohl erst kommen, wenn sämtliche Versuche, die störenden Faktoren im Verein zu beseitigen – und zwar auf die FCSP-typische, bunt-friedlich-kreative Art und Weise, die von den Medien wahrgenommen wird, siehe auch http://www.mopo.de/2011/20110110/sport/stpauli/sozialromantiker_unter_der_flagge_des_jolly_rouge.html – gescheitert wären. Dies haben die Sozialromantiker auch deutlich gemacht: http://www.sportal.de/sportal/generated/article/fussball/2011/01/12/18660700000.html.

Rund um das Vereinsgelände kann man die Zeichen des Protestes bereits unmißverständlich erkennen. Der Jolly Rouge weist den Weg, der am Samstag von vielen Fans gegangen werden wird.

Leider sieht es bis heute so aus, als ob das Präsidium erst das Ausmaß des Protestes im Spiel gegen Freiburg abwarten will, um sich dann zu überlegen, ob auf die ganzen Forderungen und Aufrufe überhaupt eingegangen werden sollte.

Ganz ehrlich, ich bin sauer. Sauer darauf, daß auf die vielen Anschreiben und Aufrufe bis heute keine weitere Stellungnahme vom Verein als die Ankündigung von Gesprächen gekommen ist – und das zeitgleich mit dem erhobenen Zeigefinger, daß ein Protest nicht hilfreich für den Klassenerhalt sei. Was für einen Präsidenten haben wir eigentlich, wenn dieser nach drei Wochen – so lange ist die Petition der Sozialromantiker schon in der Welt – und nach über 3.750 Unterzeichnern nach heutigem Stand – bis zu diesem heutigen Tag, den 12.01.2011, noch keinerlei Stellungnahme abzugeben imstande ist? Es handelt sich um einen deutlichen Protest der Fanszene, der von vielen getragen wird. Und es gibt nicht ein Zeichen des Aufeinanderzugehens von der Vereinsführung, lediglich diese oben angesprochene Kombination von Ankündigung und Kritik? Das erinnert mich langsam an die Aussitze-Taktik eines ehemaligen nicht gerade schlanken Bundeskanzlers…

Das Präsidium wolle sich erst ein Bild von der Protestbereitschaft der Fanszene machen, heißt es, jedenfalls in etwa, im Neuen Deutschland: http://www.neues-deutschland.de/artikel/188325.st-paulis-fans-sehen-bei-vermarktung-rot.html. Für mich ist es genau die Art von katastrophalem Kommunikationsgebaren, die nach dem Mainz-Spiel zum eigentlichen Knall und Fanprotest überhaupt geführt hat – der letzte Tropfen, der das randvolle Faß zum Überlaufen gebracht hatte – wurde doch der Protest gegen die unsäglichen SMS-Anzeigetafeln mit der Begründung zurückgewiesen, daß sich doch nur eine kleine Gruppe darüber beschwert hätten und somit ja alles in Ordnung sei. Es scheint so, als ob dieser FCSP in der Zusammensetzung des Jahres 2010/2011 nur dann die Fans und deren Proteste ernst nimmt, wenn die „Stimme des Volkes“ so laut und zahlreich ausfällt, daß diese gar nicht mehr ignoriert werden kann. Mit anderen Worten: nur wenn wir so lautstark wie nur irgendmöglich protestieren und wenn das nicht ausreicht, auch durch andere Maßnahmen als Protestgruppe auffallen, dann erst wird sich das Präsidium überlegen, ob sie sich überhaupt damit befassen wollen. Macht der Fan-Protest beim FCSP also einen Sinn? In diesem Licht betrachtet kann man die Frage also nur bejahen. Und das so lautstark wie möglich. Zeigt Flagge – den Jolly Rouge!

Die Sozialromantiker zeigen auf Facebook diverse Beispiele, wie der Protest geht und weiter organisiert wird.