Selten kann man einer Niederlage zum Ende der Saison, wenn es noch um etwas geht, etwas positives abgewinnen – und erwartungsgemäß zählt auch die Auswärtsniederlage gegen Greuther Fürth zu den Spielen, die man am liebsten schnell vergessen möchte. Nicht, weil die Mannschaft nicht ordentlich gespielt oder gekämpft hätte – das braucht man dem FCSP nun wirklich nicht abzusprechen. Aber die Gastgeber waren einfach überlegen und haben uns wie in der Hinrunde keine wirkliche Chance gelassen – der Anschlußtreffer zum 2-1 kurz vor dem Abpfiff kam viel zu spät und war letztlich reine Ergebniskosmetik. Diesmal konnten wir den Rückstand nicht wie bei den drei schnellen Gegentoren beim FSV Frankfurt zum 3-3 am Ende ausgleichen. Jetzt gilt es, auf die letzten Spiele der Saison zu blicken und die Hoffnung am Leben zu lassen, solange rechnerisch noch möglich ist, daß wir diese Saison auf dem (nicht von allen begehrten) Relegationsplatz beenden. Wohin die Reise für den FCSP geht, ist damit noch nicht entschieden in dieser Spielzeit. Von weitaus größerer Tragweite ist aber in meinen Augen die Frage, wie es mit dem Versuch der Polizei, Gästefans von Hansa Rostock am Millerntor auszuschließen, vor Gericht weitergehen wird – und wie die Gewalttäter-Sport-Datei in Zukunft zu behandeln sein wird.
Die Datei Gewalttäter Sport ist ja in ihrem Aufbau ein unerträgliches Konstrukt, welches rechtsstaatliche Gesichtspunkte vollkommen außer Acht läßt und eine unüberschaubar große Anzahl Unschuldiger enthält, die einfach nur in den Focus der Polizei geraten ist. Quasi zufällig da standen, wohin die Polizei überrraschend den Blick hingewendet hatte – im übertragenen Sinne reicht so etwas ja quasi schon aus, um in dieser Datei zu landen. Daß diese Datei dann die Grundlage für eine vergleichsweise Lösung sein sollte, siehe http://www.fcstpauli.com/magazin/artikel.php?artikel=11225&type=2&menuid=57&topmenu=112 bzw. http://www.rostockerjournal.de/sport/artikel/2012-04-15-keine-einigung-im-eroerterungstermin/, ist aus diesem Grund dann auch ein weiterer Skandal in der Reihe rund um die Spiele zwischen dem FCSP und Hansa Rostock.
Es würde jeden Rahmen sprengen, wenn ich auch nur ansatzweise alles aufzählen würde, was anläßlich jener Begegnungen schon alles an Aufregern passiert ist – beschäftigen müssen wir uns wegen der Polizei mit der im Raum stehenden Verbotsverfügung an den FCSP, welche jeglichen Kartenverkauf an Gästefans untersagt. Die Datei Gewalttäter Sport wurde erst im Wege eines Einigungsversuches eingebracht, gefährdet aber wie auch jene Verfügung die Zukunft des Fußballs in Deutschland enorm – denn wenn polizeiliche Willkürmaßnahmen unschuldige Fans davon abhalten, ihre Mannschaft bei einem Pflichtspiel zu unterstützen, dann haben wir eine unerträgliche Einflußnahme auf diesen uns sehr wichtigen Aspekt unserer Gesellschaft. Wie viel Macht wollen wir der Polizei in unserem Lande einräumen – und wie viel muß sich ein unschuldiger Bürger hier gefallen lassen?
Womit ich nicht der Polizei allein zum Sündenbock in dieser Konstellation ausrufen möchte – denn unbestreitbar haben wir bei diesem Spiel ein Problem mit den Fans, zumindest mit Teilen davon, und zwar auf beiden Seiten. Doch wenn die Polizei sich auch gegen absolut unschuldige Fans mit voller Absicht richtet, dann schießt das Sicherheitskonzept weit über das Ziel hinaus. Wobei das Ziel als solches auch gar nicht erreicht wird, wie man aus der beabsichtigten Demonstration von Rostockern am Spieltag in Hamburg sehen kann – http://mobil.abendblatt.de/hamburg/hamburg-mitte/article2247243/Rostock-Fans-planen-Demonstration-durch-Hamburg.html – jetzt muß man sich mal den Supergau vorstellen, wenn Rostocker und Vorstadt-Hools das Jolly angreifen, während die FCSP-Fans im Stadion sind. Oder auch davor bzw. danach – die Straßenschlachten sind also vorprogrammiert und der Polizeieinsatz ist damit in gleichem Maße, wenn nicht sogar noch im größeren Maße notwendig, als wenn die Gästefans von vornherein ins Stadion gelassen würden. Hier kann man nur hoffen, daß das OVG vernünftig entscheidet und die Gäste hinein läßt.
Willkommen sind die Rostocker damit noch lange nicht am Millerntor, das ist ein ganz anderes Thema. Aber das, was jetzt zählt, das ist der Umgang der Polizei mit den Fans. Wer mehr Infos haben möchte, sollte sich den ausgezeichneten Artikel im Übersteigerblog durchlesen: http://blog.uebersteiger.de/2012/04/14/weiterhin-noch-keine-gastetickets-an-hansa-rostock/. Aber auch http://www.magischerfc.de/wordpress/?p=6212 findet wieder treffende Worte. Auch dazu: http://www.stpaulinu.de/st-pauli-feature/das-rostock-st-pauli-dilemma-gemainsam-gegen-fanrechte-und-gegen-nazis-geht-das.
Ein Wiedersehen gab es in Fürth mit unserem Stadtderbyheld Gerald Asamoah, der sich nicht gerade für den Sympathiepreis bei uns mit seinem Treffer aber auch mit seinen Worten beworben hatte – siehe nur http://www.mopo.de/fc-st–pauli/-suendenbock-fuer-den-abstieg–asamoah-rechnet–mit-st–pauli-ab,5067040,14821870.html. Er ist und bleibt ein Spieler mit Ecken und Kanten, den man auch nicht unbedingt mögen muß – den Siegtreffer in der Vorstadt werde ich ihm trotzdem niemals vergessen. Und wenn er mit Fürth aufsteigen und in der 1. Liga kicken kann, dann wünsche ich ihm diesbezüglich alles Gute. Womit ich dieses Thema auch abhaken möchte. Also Asamoah. Vielleicht aber auch bald das mit der 1. Liga, doch noch ist es nicht soweit, auch wenn wir alleine das längst nicht mehr in der Hand haben.
Nun geht es ersteinmal darum, die Kogge zu versenken. DAS ist doch auch noch ein erreichbares Saisonziel und ich hoffe darauf, daß wir dieses auch umsetzen werden. Mit Gästefans am Millerntor. Und ohne Krawalle. Hoffnung, wohlgemerkt, stirbt zuletzt.
Nachtrag: laut dem abendblatt hat das OVG die Beschwerde zurückgewiesen. http://mobil.abendblatt.de/hamburg/hamburg-mitte/article2248719/Kartenverbot-fuer-Rostock-Fans-bleibt-bestehen.html – das Gericht glaubt damit der Polizei, daß sich durch ein Gästeverbot Ausschreitungen verhindern lassen. Dabei ist eigentlich jetzt schon klar, DASS es zu diesen Ausschreitungen kommt. Der größtmögliche Supergau ist damit abzusehen. Verloren haben damit jetzt schon alle. Die Fans, St. Pauli, Hamburg und die friedlichen Bürger rund um das Millerntor, da diese sich auf eine noch heißere Schlacht einstellen müssen, als wenn die Rostocker hineingelassen worden wären. Jetzt wird es sicherlich erst richtig brennen. Was für ein Wahnsinn.
Nach dem Eilverfahren ist nicht nur vor dem Spiel, sondern auch vor dem Hauptverfahren. Und hier will der Verein weiter gegen die Verfügung kämpfen – zu spät für das Spiel selbst, aber ein wichtiger Kampf um das Prinzip. http://www.fcstpauli.com/magazin/artikel.php?artikel=11240&type=2&menuid=57&topmenu=112 – den weiteren Weg des FCSP unterstütze ich auch hier.
Warum das OVG hier trotzdem Hoffnungen auf das weitere Verfahren geweckt hat, kann man an der Auseinandersetzung mit den Gründen auf http://www.magischerfc.de/wordpress/?p=6218 lesen – was nichts daran ändert, daß die bisherigen Ergebnisse im Eilverfahren nicht positiv sind für alle Fußballfans. Hier muß schon aus Prinzip weiter gegen angegangen werden. Es geht nicht um Hansa Rostock und auch nicht um den FCSP – FUSSBALL STIRBT MIT SICHERHEIT.
Ein weiterer Nachtrag: sehr schön hat das Abendblatt ausgeführt, warum die Polizeiverfügung für WENIGER Sicherheit gesorgt hat bzw. sorgen wird, als wenn die Gästefans ins Stadion gelassen worden wären: http://mobil.abendblatt.de/sport/fussball/st-pauli/article2249139/Es-bleibt-dabei-Keine-Rostock-Fans-am-Millerntor.html?emvcc=-3 – die unkontrollierte Anreise einer großen Zahl von Hansa Rostock Fans, die Solidarität weiterer Fanszenen, eine damit verbundene Wut auf die Polizei und die vorhandene Rivalität, zudem die unüberschaubare Situation rund um eine wie auch immer genehmigte Demonstrationsroute in Verbindung mit einer etwaigen Auflösung oder Absplitterung einzelner Gruppen von einer friedlichen Demo erhöhen das Risiko von Krawallen, in keinem Fall werden diese durch das Verbot also gemindert. Ob es knallen wird oder nicht, wird nichts mit der Verbotsverfügung zu tun haben, ein Polizeieinsatz in größerer Zahl ist trotz des Verbotes unausweichlich. Ein Pyrrhussieg für die Polizei? Vermutlich. Seltsamerweise hat aber gerade diese unsinnige Polizeiverfügung dazu geführt, daß die Vereine – wohlgemerkt, nicht die Fanszenen – positiver miteinander und übereinander kommunizieren (wobei dies ja nie das Problem war): http://www.fc-hansa.de/index.php?id=154&oid=26611 – ob die Fans aus Rostock das zu würdigen wissen, kann man getrost in Zweifel ziehen. Insbesondere deren Problemfans, die ja das Krawallpotential bieten, wird das nicht beeindrucken – und umgekehrt auf unserer Seite auch nicht sowie die von anderen Vereinen. Was auch immer am Spieltag abgehen wird – die Sicherheit ist durch die polizeiliche Maßnahme in größerer Gefahr als vorher. So haben alle jetzt schon verloren.
Und noch ein weiterer Nachtrag: ein Aufruf von USP, sich ab 11 Uhr auf dem Südkurvenvorplatz zu treffen unter http://basch.blogsport.de/2012/04/18/wenn-das-der-frieden-ist-muss-man-den-krieg-nicht-noch-erfinden/ – inwieweit der freiwilligen Verzicht auf das Spiel und das Verbleiben dort und in der Umgebung als Protest gegen die Polizeimaßnahme draußen vor dem Stadion etwas damit zu tun hat, daß die Demo der Hansa Rostock Fans hierhin in dieser Zeit führen soll, sei mal dahingestellt. Ich persönlich werde es mir nicht nehmen lassen, im Stadion zu protestieren und dabei die Mannschaft zu unterstützen, auch wenn ich die Gründe für einen solchen (hoffentlich bei uns friedlichen) Protest vor dem Millerntor nachvollziehen und nicht kritisieren möchte. Eines dürfte aber durch diese Aktion deutlich geworden sein: das Chaos ist, wie abzusehen war, weitaus größer, als wenn die Gästefans ins Stadion gelassen worden wären.
Ein Argument für die Draußen-bleiben-Aktion ist aber sicherlich, daß ein halbleeres Stadion wahrlich eine mediale Außenwirkung erzielen würde, die bei Protesten davor und danach nicht im gleichen Maße erreicht würde. Ob ich mich nicht doch umentscheide und spontan draußen bleibe, weiß ich also auch noch nicht und werde mir das offen halten, auch wenn die Tendenz dahin geht, während der 90 Minuten im Stadion zu sein. Nur eines ist für mich klar: Protest gegen die nicht hinzunehmende Polizeiverfügung muß sein an diesem Tag. Bitte lesen: http://www.magischerfc.de/wordpress/?p=6224 – wieder mit einem sehr wichtigen Beitrag zum Thema.
Weiter geht es übrigens hier, genug der Nachträge: http://kleinertod.wordpress.com/2012/04/20/auf-fcsp-zum-friedlichen-protest-gegen-den-sicherheitswahn/.