„Die Mannschaft“ anfeuern? Also nicht die vom #FCSP… Ein paar allgemeine Gedanken zu Nationalmannschaften und Turnieren wie die aktuelle WM.

Sommerpause. Zeit für einen Überbrückungsbeitrag… Es gibt schließlich auch aktuell Fußball. Auch mit FCSP Beteiligung. Die WM. Thema auch hier nun. Und nicht nur jetzt. Angefangen habe ich diesen Blog vor 8 Jahren und der Anlaß war eine Idee zur anstehenden WM 2010, nämlich jene, daß man sich die WM ja „schönkochen“ kann. Nachzuverfolgen übrigens immer noch unter https://kleinertod.de/category/wm-2010. Die Grundidee eines solchen Turniers hat ja an sich auch einen Reiz, ein Zusammenkommen so vieler Menschen aus so vielen unterschiedlichen Ländern. ABER… Und da kommt halt ein großes Aber. Und da muß mensch sich gar nicht den Veranstaltungsort oder die veranstaltende Organisation mit all ihren kritikwürdigen Punkten angucken, das wären erneut viele Ansatzpunkte, doch das wird nicht mein heutiges Thema sein. Mein ABER bezieht sich auf die Grundidee der Nationalmannschaften, die miteinander konkurrieren, an sich. Nicht, weil dieser Gedankengang irgendwie neu wäre – sondern weil das Thema sowohl aktuell als auch einen Brückenschlag zum seit einigen Wochen zurückliegendem 8. Geburtstag meines Blogs sein soll (bei der Gelegenheit nocheinmal eine Gratulation zum 10. an einen weiteren FCSP-Blog, siehe https://twitter.com/magischerfcblog/status/1001877035617308675, war eine schöne Feier!).

Aus FCSP Sicht ist es natürlich schön und eine Auszeichnung, daß einer unserer Spieler zu den Besten seines Landes berufen wurde. Glückwunsch diesbezüglich an Aziz, der zwar sehr gebrauchte Minuten hatte und wenig zum Einsatz kam, dafür aber sich derart St.Pauli-like präsentierte (mit dem spielentscheidenden Eigentor in letzter Minute), daß ein mitfühlendes Schmunzeln nicht fehlen konnte. Kopf hoch! Passiert. Und gehört zu der Tragik dazu, die wir alle am Fußball doch so lieben. Nur Erfolge sind eben nicht das, was diesen Sport ausmachen. Es trotz der Niederlage und Niederschläge weiter zu probieren und nie aufzugeben, das hingegen schon. Ganz egal, für welche Mannschaft mensch gerade antritt.

Aber die Auswahl der Mannschaften an sich, das ist so eine Sache, die einfach problematisch ist. Ganz früher mag die durchaus ja vereinende Wirkung von Nationalmannschaften im Vordergrund gestanden haben – ob nun beabsichtigt oder nicht – da waren die einzelnen Vereine sehr regional verwurzelt und die einzelnen Spieler hatten eher weniger Kontakt im Sinne einer gemeinsamen Sache. So etwas kann zur breiteren Verständigung durchaus dienen. Nur ist der Gedanke in der heutigen Zeit nicht mehr in diesem Sinne gültig, denn längst sind die Vereine und die bei ihnen Spielenden international. Und die Beschränkung auf Nationen ist immer vor allem eine zweiteilige Angelegenheit, ein „wir“ und „die anderen“ – und dieser Gedanke teilt mehr als daß er einen könnte. Womit die „gemeinsame Sache“ an sich das Problem ist. Das „wir“ sollte halt eben immer auch der Stärkung eines Nationalbewußtseins und damit der Akzeptanz der Nationalstaaten dienen – und nicht der Völkerverständigung. Es ist eigentlich das Gegenteil davon. Es werden keine Grenzen abgebaut oder überwunden, es werden national definierte aufgebaut und verstärkt.

Menschen werden in Nationen eingeteilt und letztere immer wieder auf Stereotype in der Darstellung und Wahrnehmung reduziert. Und das bei Menschen, die gerade noch in einem Verein zusammengespielt haben und die nun für ein nationales Ganzes stehen sollen bzw. dies gegeneinander. Und all jene, die in der, nenne ich es hier einmal vorsichtig „reduzierten Wahrnehmung“, als „nicht dazugehörig“ scheinen, werden ob ihrer Zugehörigkeit zu einer Nation in Frage gestellt. Ja, das ist nichts anderes als blanker Rassismus, der sich, wie so oft, an „Hautfarben“ orientiert und dabei die Ausrede von „Herkunft“, „anderer Kultur“ und ähnliches auftischt. Es wird bei dem „wir“ eine nicht existente „Gemeinsamkeit“ konstruiert, das „typische“ einer Nation – und gleichzeitig damit alle ausgegrenzt, die diesem Konstrukt nicht entsprechen. Nicht einmal die Mindestanforderung, nur auf die Staatsbürgerschaft als solches abstellen, wird dabei in der Regel eingehalten.

Es ist eben nicht so, wie auf einem werbenden Bild für diese WM, das ich irgendwo gesehen habe, daß mehrere Kinder in den Farben „ihrer Nation“ gemeinsam Fußball spielen und sich freuen. Es wird vielmehr ein Mensch in eine Gruppe gezwängt – Staatsangehörigkeiten können ja durchaus wechseln und die gefühlte Zugehörigkeit zu einem Land, wie beispielsweise bei einem Menschen, der in einem geboren und aufgewachsen ist trotz anderer Staatsangehörigkeit, die wird ignoriert. Die Gruppen mischen sich nicht, sie teilen sich auf in das jeweilige Lager. Und da mensch die Staatsangehörigkeit nicht bei anderen erkennen kann, werden immer wieder rassistische Zuschreibungen verwendet, um zu erkennen, ob jemand zu dem „wir“ oder zu dem „die Anderen“ zu zählen ist. Es entsteht ein Riss in einer Gesellschaft, der eben eine Teilung und kein verbindendes Miteinander darstellt.

Auf der anderen Seite gibt es auch das Argument der faktischen und rechtlichen Migration in einer Gesellschaft, die sich auch in ihrer Nationalelf widerspiegelt. Hier spielen Menschen für eine Nation, zu der sie aufgrund ihrer Staatsangehörigkeit zählen bzw. gezählt werden (es gibt ja auch Regeln für nicht so eindeutige Fälle, beispielsweise bei doppelter Staatsangehörigkeit oder einem Wechsel ebendieser) und dadurch können sie den Ausgrenzern, die sie nicht dabei haben wollen, zeigen, daß sie eben doch dazu gehören. Mal ein wirklich positiver Gedanke. Der allerdings auch wieder an der Nationengrenze halt macht, sich auf das „wir“ bezieht und bei dem eben fraglich ist, ob die Frage „und wo kommst Du WIRKLICH her?“ durch so eine Öffentlichkeitsmachung der faktischen Zusammensetzung der Staatsangehörigen weniger wird. Die allgemeine Lebenserfahrung muß diese Frage sicherlich negativ bescheiden.

Hierzulande gibt es bei solchen Turnieren immer wieder rassistische Angriffe auf als anders markierte Menschen. Viele trauen sich in Deutschland nicht aus dem Haus, wenn „die Mannschaft“ spielt – eben weil es diese rassistischen Fans gibt, die sich bei solchen Ereignissen meinen ausleben zu können. So betrachtet ist ein frühes Ausscheiden in einem Turnier eine Wohltat für jene, da sich die kritischen Tage dadurch reduzieren. Mit diesen vorgenannten Fans eine Mannschaft gemeinsam anzufeuern muß ein jedes menschliche Wesen selbst entscheiden. Für mich ein unüberwindbares Problem, eben auch aus den vorgenannten Gründen.

Es spielen bei einer WM oder EM bzw. ähnlichen Ereignissen Menschen für Nationen, sie dienen dieser dadurch in vielerlei Hinsicht. Dabei sollten Nationen, wenn überhaupt als solches erforderlich, Menschen dienen. Den Fußball zu feiern ist gemeinsam eine verbindende Sache – es sind allerdings die Vereine, die hierbei eine menschlich verbindende Wirkung zeigen, nicht die Nationen. Nicht nur regional, sondern, wie das Beispiel des FCSP zeigt, überall auf der Welt. Auf die Menschen an sich kommt es eben an. DAS kann Fußball auf Vereinsebene. Und auch darum ist die Vorfreude auf ein Ende der Sommerpause so groß. Diese Mannschaft werde ich anfeuern und all das, wofür dieser Verein steht. Wir sehen uns!