Richtungsweisend – die Fanszene oder die Vereinsführung des FC St. Pauli?

Lichterkarussell und MagischerFC hatten die Idee zu einem Blogübergreifenden Diskurs zum Thema FC St. Pauli – wo wir heute stehen und wohin wir uns entwickeln (bzw. könnten und / oder sollten), nachzulesen hier: http://www.magischerfc.de/wordpress/?p=5545. Nachfolgend meine Gedanken zu diesem Komplex – wohin geht die Reise für die Fanszene des FC St. Pauli? Außerdem stelle ich die anderen Texte zu der Thematik von anderen Bloggern vor – fortlaufend aktualisiert mit Verweisen und kurzen Worten zu den anderen Beiträgen.

Während in den späten 80ern und frühen 90er die Fanszene das Bild des Vereins nach ihren eigenen Vorstellungen nach und nach umgewandelt hatte, scheint sich in den letzten Jahren ein Streit über die Deutungshoheit zwischen dem Fanlager und dem Verein herauskristallisiert bzw. (siehe gleich dazu) weiter vertieft zu haben. Am deutlichsten wird dieser Diskurs, wenn man sich die Ereignisse rund um Sozialromantiker-Petition, also die Bring Back Sankt Pauli-Idee sowie die Reaktionen hierauf seitens des Vereinsführung (im folgenden ab und an verkürzt „Verein“ genannt, auch wenn dies ja nicht dasselbe ist) und innerhalb des Vereins durch die Mitglieder anschaut.

Nachdem sich die Anhänger des FCSP in den späten 80ern und frühen 90ern den Jolly Roger als faneigenes Symbol geschaffen und etabliert hatten (die Geschichte ist ja weitläufig bekannt), übernahm der Verein Ende der 90er den Totenkopf und machte ihn damit zu einem Art zweiten Vereinslogo. Und produzierte munter immer wildere Fanartikel bis hin zu den absonderlichsten Varianten (Totenkopfkugeln für den Weihnachstbaum beispielsweise), die von den Fans und vielen anderen Sympathisanten wiederum gekauft wurden. Hier zeichnete sich vielleicht erstmals deutlich ab, was in den folgenden Jahren folgen sollte. Der Verein nahm den von den Fans ins Spiel gebrachten Ball auf und lenkte diesen in die von ihm gewünschte Richtung.

Die Richtung des Vereins war dabei stets im Gegensatz der Fanszene immer auch wirtschaftlich ausgerichtet, woran in beiden Richtungen ja auch kein Vorwurf liegt. Die Fanszene hat keine finanziellen Eigeninteressen, wohl aber der Verein, der sich im Fußballgeschäft aufhält und die entsprechenden Kosten decken muß sowie für eine erfolgreiche Teilnahme am Profifußball schließlich Geld benötigt. Die Grenze dabei zum Ausverkauf nicht zu überschreiten, das ist aber ein schwieriges Unterfangen, wobei es auch in der Vergangenheit immer wieder Kritik gab.

Interessant an der Bring Back Sankt Pauli – Geschichte finde ich hier einmal besonders, wie die Vereinsführung die Proteste aus der Fanszene abzuwürgen versuchte: http://kleinertod.wordpress.com/2011/01/13/das-imperium-schlagt-zuruck-erste-stellungnahme-des-vereins/. Waren es erst noch einige wenige Stimmen bzw. irgendwie geschluckte Mißstände, von der Fanszene aus gesehen, so kumulierten sich die Proteste letztlich zu dem, was man dann unter der neugefundenen Flagge des Jolly Rouge überall im Millerntor und darüberhinaus sehen konnte. Die Vereinsführung maßte sich an, und das nicht zum ersten Mal in diesen Tagen, den Fans öffentlich über die Medien oder die Vereinsseite zu sagen, was bei St. Pauli zum guten Ton gehöre (beispielsweise die Business-Seats-Besucher bei Fehlverhalten – überspitzt ausgedrückt – niemals zu kritisieren, da es sich ja um Gäste handele), was „St.Pauli-like“ sei und was „nicht gehe“. Wo früher die Fanszene dem Verein durch entsprechende Änderungen der Satzung vorschrieb, in welche Richtung er sich zu bewegen habe und wie er sich in Zukunft zu verhalten habe, versuchte nun die Vereinsführung, das Verhalten und die Richtung der Fanszene zu bestimmen. Also die Deutungshoheit darüber, was der FCSP ist und wofür er mit seiner Fanszene steht, von dieser fortzunehmen und sich anzueignen.

Der Aufschrei war dementsprechend groß und hat der Protestbewegung den letzten aber kräftigen Schub gegeben. Nicht die gewählte Vereinsführung hat ihren Mitgliedern ein Verhalten vorzuschreiben, ein solches Vorschreiben kann allein anders herum erfolgen. Und genau hier sehe ich in naher sowie weiterer Zukunft die Chance unseres Vereins – mitbestimmt durch die Fanszene, die ihre Vorstellungen demokratisch in Mitgliederversammlungen durchsetzt sowie faktisch in den Kurven ausleben. Orientiert an dem Konsens, den wir seit dem „Neustart“ des FCSP haben.

Dieser Konsens ist dabei auch so eine Sache. Wofür steht die Fanszene des FCSP und damit offiziell auch der Verein, was sind wir? Antirassistisch, antisexistisch, gegen Homophobie, gegen wirtschaftlichen Ausverkauf und so weiter (ob Nicht-etabliert oder doch, das lasse ich mal bewußt beiseite). Sind wir das wirklich? Beim Thema Antirassismus hatte Momorulez den Finger auf eine nicht gerade allen bewußte aber nichtsdestotrotz offene Wunde gelegt, siehe http://metalust.wordpress.com/2011/03/14/der-fc-st-pauli-parodiert-sich-selbst-und-bildet-blasen-ein-rundumschlag/. Es reicht nicht, sich Antirassismus oder die anderen Dinge quasi auf die Fahne oder in die Stadionordnung zu schreiben, wir müssen dies auch in die Tat umsetzen. Dazu reicht es nicht, sich zurückzulehnen und zu behaupten, daß wir ja schließlich dagegen seien und damit darausfolgend kein Problem hätten – dadurch übersehen wir das Problem eher. Was ist denn überhaupt Rassismus – genauer gesagt, könnten alle im Stadion diese Frage erfüllend und richtig beantworten oder würde ein wie auch immer zahlenmäßig zu bestimmender Teil große Probleme mit der Beantwortung dieser scheinbar einfachen Frage haben? Auch beim Thema Sexismus oder Homophobie könnte man das auch mal zumindest gedanklich durchspielen. Sicher, wenn Ausfälle dieser Art kommen, dann wird (hoffentlich zumeist) dagegen fanintern eingeschritten – so zumindest die Vorstellung. Und ganz unabhängig davon, ob diese Vorstellung nun zutreffend oder nicht ist – ist dies schon ausreichend oder sollten wir hier nicht noch mehr tun? Miteinander reden beispielsweise. Fragen stellen, Antworten suchen. Ein allgemeines „Warum gehst du zu St. Pauli?“ wurde bereits gestellt, vielleicht könnten ja noch weitere Fragen kommen – aber wohldosiert und mit mehreren Monaten Pause dazwischen. Um einfach mal eine Idee einzuwerfen.

Die vielleicht größte Herausforderung sehe ich fanintern aber bei der Frage der wirtschaftlichen Bedingungen, jenem Themenkomplex, der mit dem Jolly Rouge verbunden ist. Wie weit sollte der Kommerz gehen und wo ist die Grenze zum Ausverkauf überschritten? Wer sollte hier aufzeigen, wohin die Reise geht – die Vereinsführung, indem sie langjährige Verträge ohne Änderungsmöglichkeit abschließt oder aber die Mitglieder / Fanszene, indem diese entsprechende Vorgaben auf Mitgliederversammlungen machen bzw. sich weigern, gewisse Dinge mitzumachen und offen dagegen Flagge zeigen? Allein aus der Fragestellung wie auch meinen Blogbeiträgen dürfte man meine Position klar kennen – ich bin eindeutig dafür, daß die Fanszene / Mitglieder sich gegen den Ausverkauf ausspricht und entsprechende Beschlüsse, die die Vereinsführung bindet, in die Welt setzt. Und dafür braucht man dann auch Mitglieder, die zu den Versammlungen ihres Vereines, unseres FC St. Pauli, kommen. Damit WIR bestimmen, wohin die Reise unseres Vereines geht. Bring Back Sankt Pauli – die Fanszene definiert den FCSP. Nicht gegen die Vereinsführung, sondern für unseren Verein. Für das, wofür der FC St. Pauli für uns steht und stehen soll.

Nachtrag: mein obiger Text ist weitaus knapper ausgefallen, als ich es ursprünglich geplant hatte. Die Ursachen sind in der Ablenkung durch die Katastrophe in Japan zu sehen, die mir weitaus mehr Aufmerksamkeit raubte, als ich es für diesen meinen Beitrag zum Thema vorgesehen hatte. Doch da es ja auch darum geht, hier in eine blogübergreifende Diskussion einzusteigen, will ich ab heute und in der Folgezeit die diversen Beiträge in anderen Blogs zum Thema, die ich bereits kommentiert und nicht nur gelesen habe, mit einer (von mir verfaßten und daher ohne Anspruch auf Vollständigkeit bzw. Gewähr) Kurzbeschreibung verlinken. In der von mir kommentierten Reihenfolge, also nicht alphabetisch oder nach „Wertigkeit“ geordnet (ich finde bislang alle Beiträge, die ich gelesen habe, auf ihre Weise wertvoll):

Bei Lichterkarussell http://lichterkarussell.net/?p=327 findet sich ein umfassender Beitrag, welcher sich mit positiver Gewalt (und wie diese die heutige Fanszene erst ermöglichte), der Ultra-Kultur, Pyro, Polizei und weiteren Aspekten der Fanszene sowie ihrer Brennpunkte auseinandersetzt.

Bei MagischerFC http://www.magischerfc.de/wordpress/?p=5558 braucht man einiges an Zeit, wird dafür aber auch mit einem äußerst lesenswerten Text belohnt. Die Hintergründe der FCSP-Fanszene und ihre Entwicklung, eine tiefergehende Auseinandersetzung mit USP auch in Bezug auf den Rest der Fanszene (Stichwort Generationskonflikt), Politik, die Notwendigkeit einer aktiven Fanszene bei uns und vieles mehr kann man dort nachlesen. Sollte man, wie ich meine. Kann ich, wie gesagt, auch nur empfehlen.

Quotenrock http://quotenrock.wordpress.com/2011/03/21/profcsp-fcsp-love-on-the-wrong-side-of-town-fc-st-pauli-my-love-2/ führt ersteinmal seinen Werdegang beim FCSP aus, wie er also schon sehr früh zu diesem Verein gestoßen ist und das macht seine Sicht auf die Dinge auf besondere Weise interessant. Die Wurzeln zu bewahren und gleichzeitig offen für die neuen Impulse zu sein schließt seine Gedankengänge ab.

Der Kiesel http://derkiesel.wordpress.com/2011/03/22/ein-bloggerprojekt/ stellt ebenfalls die Notwendigkeit der direkten Kommunikation in den Vordergrund. Schreiben ersetzt das Reden nicht, ebensowenig das Handeln. Miteinander, nicht übereinander – und gegeneinander dann, wenn aus den eigenen Reihen die Dinge kommen, die wir bei uns nicht haben wollen. Ein nach wie vor aktueller Flyer schließt den Text ab.

Einen Gastautor läßt Jekylla zu Wort kommen http://santapauli.wordpress.com/2011/03/23/bloggeraktion/, hier wird von einem gewissermaßen Außenstehenden (aber durchaus schon Infizierten) eine lesenswerte Sicht der Dinge dargelegt. Und viele Punkte hinsichtlich der Fanszene aufgezählt, die nicht immer rein positiv aufzufassen sind.

Selbst hat Jekylla natürlich auch einen Text dazu verfaßt: http://santapauli.wordpress.com/2011/03/22/quo-vadis-%E2%80%93-was-waere-eine-liebe-ohne-leiden/. Sie zeigt dabei auf, wie wichtig gerade auch die interne Auseinandersetzung um den FCSP für das vielbeschworene Anderssein ist und betont die Erfahrungen dieser Saison, die uns ja mit dem Jolly Rouge weitaus mehr als sportliche Dinge beschert hat.

Sitz[blog]ade http://www.sitzblogade.com/?p=1213 schildert einen individuellen Werdegang von einem Anhänger eines anderen Vereins hin zum FCSP-Fan, eben aus jenen Gründen, für die die Fanszene von St. Pauli steht. Die Gemeinsamkeit in dem notwendigen Bestreben, dieses zu bewahren, wird ausdrücklich hervorgehoben und als Negativbeispiel das USP-Bashing und in positiver Hinsicht der Jolly Rouge erwähnt.

Pathos93 http://pathos93.wordpress.com/2011/03/22/wir-sind-st-pauli-nur-was-sind-wir/ führt nach einer persönlichen Werdegangeinführung mehrere Punkte, die (nicht nur) in seinen Augen den FCSP und damit seine Fanszene ausmachen, um diese danach detailliert zu beschreiben. Eine Fleißarbeit mit Leidenschaft, bei der völlig zutreffend auch betont wird, daß gerade auch dieses Bloggerprojekt typisch für die Fanszene des FCSP ist – die Fans beschäftigen sich mit ihrem Verein und ihrer Szene nicht zur Selbstbeweihräucherung, sondern weil sie das erhalten und vertiefen wollen, was ihnen so am Herzen liegt. Folgerichtig hebt er in seinem Ausblick gerade auch die Notwendigkeit von Reflexion und Selbstkritik hervor verbunden mit einem gegenseitigen Respekt und einem Miteinander. Spannend bleibt nach wie vor, wie dieses im Fall der Bring Back Sankt Pauli – Geschichte umzusetzen ist. Ich schätze, daß wir vielleicht neue Wege finden müssen, wie wir diejenigen erreichen, die sich der Argumentation im Netz und per Flyer bislang vollkommen verschlossen und diese bis dato vollkommen ignoriert haben.

Momorulez bringt mit http://metalust.wordpress.com/2011/03/22/das-nicht-mehr-und-das-noch-nicht-sein-des-fc-st-pauli-weitermachen-wo-alles-begann-quer-uber-alle-kurven-und-geraden/ den vielleicht umfangreichsten und inhaltlich vielleicht sperrigsten Text zum Thema. Neben einer historischen und den gesellschaftlichen Geamtkontext der Neuerfindung des FCSP durch die Fanszene in den 80ern einbeziehenden Rückbetrachtung weist er darauf hin, daß die Fanszene eben nicht aus dem Nichts entstanden, sondern untrennbar mit den damaligen Verhältnissen verbunden war und vielleicht noch ist. Diese Sichtweise läßt auch gut die Probleme bei der weiteren Entwicklung in Deutschland mit einbeziehen, einschließlich der Veränderungen im Viertel seitdem. Inwiefern sich am heutigen Millerntor die veränderte Gesellschaft manifestiert hat – Stichwort Priviligierte und Business-Seats / Logen – ist eine noch lange nicht geklärte Frage bzw. Feststellung, die möglicherweise Konsequenzen innerhalb der Fanszene diskussionswürdig macht. Zum zufriedenen Zurücklehnen angesichts der Errungenschaften der alten Fanszene besteht nach seiner gut begründeten und auch hier von mir dargelegten Sicht kein Anlaß – ein solches Verhalten würde einem Selbstbetrug gleichkommen (bzw. kommt dies bereits). Hier ist ein immerwährender Prozeß notwendig, was dem heutigen Besucher am Millerntor vielleicht so nicht immer ausreichend klar ist. Um dies zu erreichen fordert er die Einrichtung einer vereinsunabhängigen Stiftung.

Im Blog des Übersteigers http://blog.uebersteiger.de/2011/03/22/wir-sind-stpauli-nur-was-sind-wir-ein-bloggerprojekt/ wird ebenfalls der persönliche Werdegang eingangs erläutert (jede Geschichte finde ich hier für sich spannend, das wurde ja beim ähnlichen Projekt „Warum bist du bei St. Pauli“ bereits deutlich), um aufzuzeigen, warum man sich als Fan den FCSP als Verein aussucht und nicht einfach aufgrund von örtlichen Bezügen oder Erfolgen angezogen wird. Die (weiterhin) deutliche Reaktion auf untragbares Verhalten am Millerntor nicht nur gegenüber Gästen wird gefordert, dazu nach wie vor gastliches Verhalten gegenüber dem jeweiligen Gegner nebst sich ordentlich verhaltenen Fans, aber auch ein nicht so aggressives Verhalten gegenüber dem Team Green, um unnötige Auseinandersetzungen zumindest von der Seite der Fans aus zu vermeiden. Ein besseres Einfühlen in den Sinngehalt bei der Umsetzung der Leitlinien nebst besserer Kommunikation zwischen Vereinsführung und Fanszene wird ebenfalls gefordert – die Versäumnisse der letzten Zeit haben nicht umsonst zu Protesten geführt.
Leider wurde mein ausführlicher Kommentar beim Übersteigerblog nicht akzeptiert, vielleicht aufgrund einer Art Zeitablauf der zur Freischaltung notwendigen Rechenaufgabe. Darum will ich hier nocheinmal kurz erwähnen, daß mir der Text in Sachen verbesserter Kommunikation mit der Vereinsführung positiv erscheint und ich hoffe, daß diese Einschätzung sich auch in naher Zukunft bewahrheitet. Dies dauerhaft sicherzustellen ist und bleibt Aufgabe der Fanszene, nicht allein des Präsidiums. Auch erfordert der Umstand, daß in der Gesellschaft die Thematik Antifaschismus, Antirassismus und Antisexismus wie auch der Kampf gegen Homophobie nicht mehr so präsent sind wie zur Enstehung der aktuellen Fankultur bei uns, so daß gerade durch die neu durch den Neubau des Millerntors hinzugekommenen Besucher ein über die persönlichen Ansprachen hinausgehendes Konzept bedacht werden könnte, um diese Themen wirklich überall in den Köpfen zu verankern, wo sie vielleicht noch nicht angekommen sein sollten.

Stefan Groenveld läßt auf http://www.stefangroenveld.de/sport/fc-st-pauli/wir-sind-st-pauli-nur-was-sind-wir/ nicht Worte, sondern Taten, in seinem Fall wunderschöne Photographien sprechen. Bilder sagen manchmal mehr als Worte – und zwar aus eben jenem Grunde, daß sie besetzt mit Geschichten und Emotionen sind. Wie jene unbeschreibliche Aufnahme von Naki, als er seinen Jubel herausschreiend die FCSP-Fahne in den Rasen von Hansa Rostock nach dem Sieg gegen die Mannschaft mit den immer wieder rassistisch und noch anderweitig negativ auffallenden Fans gerammt hatte. Alles weitere dort einzusehen. Man muß Bescheid wissen, um zu verstehen. Aber das sieht man dann…

St.Pauli – nu* http://stpauli.nu/?p=2229 legt einen ungemein eindringlichen Text zum Thema dar, der sich oberflächlich betrachtet mit der Sozialromantiker-Geschichte auseinandersetzt, dabei aber sowohl die Fanszene des FCSP in ihrer Besonderheit berücksichtigt und einarbeitet als auch sehr spannende, weil vielleicht auch sehr utopische Vorschläge zur Herangehensweise an eine FCSP-typische Lösung macht. Besonders gelungen finde ich die Idee, daß für eine Durchmischung der Besucher über die Tribünen hinweg gesorgt werden müßte. Diversity auf der Haupt, Stehkontigente mit Wechseln der Tribünen – ein toller Vorschlag, der Gräben zwischen den Tribünen und dort vorhandenen Gruppierungen in der Fanszene überbrücken helfen könnte. Und den ich im Kommentar noch ein wenig weitergedacht habe, indem ich eine Saisonkarte quer durch das ganze Stadion, auch für DK-Inhaber mit garantierter Rückkehr auf den angestammten Platz in der nächsten Saison vorgeschlagen habe. Hier könnte man wirklich noch weitere Gedanken zu anstellen, ich bin auf eine Aufgreifung der Idee jedenfalls sehr gespannt. Wenn man schon nicht mehr während der 90 Minuten im Stadion herumlaufen kann, warum nicht während einer Saison den Platz immer mal wechseln?

Bei Curi0usities http://www.curi0us.net/blog/2011/03/22/wir-sind-st-pauli-nur-was-sind-wir/ findet sich ein Beitrag, der die Fanszene des FCSP als politische Fußballfans beschreibt und dies näher ausführt – dabei insbesondere auch die Vielfalt hierbei hervorhebt und diese gutheißt. Was dabei draußen bleiben sollte, wurde allerdings nicht extra aufgeführt – ohne daß ich mir vorstellen kann, daß eine derartige Gruppe deswegen erwünscht sein sollte nach dieser Meinung.

Flutschikato http://flutschikato.wordpress.com/2011/03/22/hier-gewinnt-nur-einer/ legt, wie auch viele andere Texte zum Thema, ersteinmal den eigenen Werdegang dar, der hier vergleichsweise jung ausfällt und damit eine andere und so gesehen spannende Perspektive erstellt. Inhaltliche Stagnation durch fortlaufende Selbstreflexion vermeidend rechnet er der Fanszene positiv an, sieht in den Aktionen wie dem Protest mit dem Jolly Rouge auch unbeteiligte Zuschauer mitgerissen und fordert, daß neuen Fans gegenüber nicht so schnell der Vorwurf des Modefans gemacht wird, weil dies nicht immer zutreffen muß. Sehr offen für neue Entwicklung und dabei das Alte bewahren wollend, ein guter Beitrag.

Adi´s Footballblog http://adisfootballblog.blogspot.com/2011/03/wir-sind-stpauli-nur-was-sind-wir-ein.html kommt zwar von weiter weg (aus Bern, wenn ich es richtig verstanden habe), ist dafür trotzdem aber dicht am Geschehen dran. Die pessimistische Sicht auf die Sozialromantiker-Petition kann ich so nicht teilen, denn für gescheitert halte ich den Protest nicht, hier ist ein längerer Atem von der Fansteite aus gefragt (die nächste Mitgliederversammlung kommt bestimmt). Den Wunsch nach einem Abstieg kann ich so auch nicht teilen, sehe daber durchaus die dort auch angeführten Vorteile (neben der voraussichtlichen Unvermeidbarkeit). Auch der Forderung nach einer neuen Vereinsführung stehe ich noch mit gemischten Gefühlen neutral gegenüber – auch wenn gewisse Personen für mich immer mehr untragbar werden. Den entspannteren Umgang auch gegenüber Gästefans kann man fordern, ich habe aber auch schon auf die Probleme mit einigen Gästefans im Heimbereich verwiesen. Das sich immer wieder Hinterfragen als Notwendigkeit der Fanszene und deren Politikinteresse wird auch hier betont.

Der Beitrag von der Breitseite http://block_11_u.beepworld.de/warumstpauli.htm fängt erneut mit einer persönlichen Fanwerdegangsschilderung, diesmal aus Ostsicht, an und geht dann zur direkten Ansprache an die Leserschaft über, sich selbst deswegen zu hinterfragen. Soll halt nicht allein „Bloggershyce“ 😉 bleiben, sondern alle Fans miteinbeziehen. Gerade darum geht es bei der Fanszene des FCSP eben, nicht allein Fußball zu konsumieren, sondern auf die eine oder andere Weise Teil des Ganzen und damit aktiv im Sinne dessen, wofür diese steht, zu sein, zumindest dann, wenn es nötig wird wie bei einem blöden, am Millerntor oder sonstwo für uns untragbaren Spruch von Irgendjemanden. Hier sieht man wieder die Nähe zu „Warum bist du bei St. Pauli“, beide Aktionen ergänzen sich so gesehen auch gut.
Da ich auf der Breitseite nicht kommentieren kann, will ich insbesondere zum Thema Pyro, welches dort befürwortet wurde und ein Verbot davon mit einem Ausbremsen der Fans gleichsetzt, welches zu Hoffenheimer Verhältnisse führen könnte. Das sehe ich, wie sicherlich bekannt, nicht so, denn bei diesem Verbot handelt es sich nicht um ein Ausbremsen DER Fans, sondern nur eines Teils von Fußballanhängern – eben jenem, der gerne zündelt. Solange dies mit Gefahren für andere einhergeht, und dem ist definitiv so, sehe ich da keine Möglichkeit, wie der Pyro-ablehnende Teil der Fans ein Spiel noch besuchen könnte, ohne sich diesen Gefahren auszusetzen – sprich: das würde diesen Teil genauso ausbremsen. Aber vielleicht findet ja irgendeiner doch noch einen Weg, wie man diese widersprechenden Interessen unter einen Hut bringen könnte – oder harmloses Pyro wird erfunden bzw. zugelassen, Pyro nur bei Abstand zu anderen Fans in einem Block und über einem bereitgestelltem Eimer Sand oder sonstiges – die Diskussion ist noch lange nicht am Ende angelangt und wird sicherlich weitergehen. Und unterschiedliche Meinungen zu diesem Thema wie auch in anderen Punkten bereichert bekanntlich ja.

Neunzehnhundertzehn http://neunzehnhundertzehn.blogspot.com/2011/03/wir-sind-stpauli-nur-was-sind-wir-ein.html fängt zur Abwechslung 😉 mit einem persönlichen Fansein-Werdegang an, der sich wie jedesmal spannend liest (darum finde ich die Aktion „Warum bist du bei St. Pauli?“ auch so toll), um dann die Frage nach dem Erhalt der Fankultur mit dem Jolly Rouge noch als intakt nach vorherigen Zweifeln anzuführen. Weitergehend dennoch sind die lesenswerten Zukunftswünsche, die mehr Kommunikation zwischen Fans und Verein, klare Absprachen statt Auslegefirlefanz und ein weiteres Einstehen für die FCSP-Ideale (auch im Forum…) formulieren, um die Fanszene zu erhalten. Leider habe ich auch dort keine Kommentarfunktion gefunden. Mir gefällt vor allem das kritische Betrachten der Absprachen mit dem Verein, die durch eine Niederschrift verbindlich festgehalten werden sollen. Dagegen spricht natürlich auch ein eventuell damit verbundenes Vertrauensdefizit, aber allgemein ist ein mehr an Kommunikation im Vergleich zur Vergangenheit nötig. Wie an anderer Stelle schon bemerkt, scheint hier aber vielleicht ja schon mehr zu gehen. Gerne aber auch noch deutlicher durch verbindliche Richtlinien – für die wohl aber die Mitgliederversammlungen zuständig wären, jedenfalls für die Verbindlichkeit, nicht für die Erstellung.

Ollis Thresen Thesen zu diesem Thema http://ollistresenthesen.blogger.de/stories/1798561/ schließen die bisher erschienenden Bloggerbeiträge zur gestellten Frage auf lesenswerte Weise ab. Anhand eines typischen FCSP Erstlings- bzw. Gelegenheitsbesucherpaares wird sowohl die Eventfan als auch die Einstiegsdroge FC St. Pauli angesprochen, um dann wieder auf den persönlichen (als aufmerksamer Leser weiß man sicher schon, was jetzt folgt) FCSP-Fan-Werdegang einzugehen. Das hart erkämpfte Millerntor bzw. die Werte der Fanszene von heute werden als Beispiel dafür, daß man für seine Vorstellungen vehement eintreten muß, angeführt, Selbstverständlichkeiten gibt es da genausowenig, wie man ohne weitere Arbeit daran diesen Zustand erhalten kann. Zwei extrem grausige T-Shirts, die auswärts gesichtet worden sein sollen, werden als Beispiel für weitere Arbeit in der Fanszene angebracht (einfach unglaublich, also die T-Shirts). Da ich auch hier nur über eine Registrierung einen Kommentar abgeben könnte und mir außer einem Lob für den Text gerade außer den hier geschriebenen Worten nichts mehr einfallen mag, belasse ich es hierbei.

Soweit also diese wunderbare Aktion mit den unterschiedlichsten Herangehensweisen und daraus geborenen Texten. Daß ich meinen Werdegang hier nicht nocheinmal geschildert habe wie so viele andere, das liegt einfach daran, daß ich dies schon längst an anderer Stelle nämlich ganz zu Anfang meines Blogs gemacht habe – kann man immer noch hier nachlesen: http://kleinertod.wordpress.com/2010/05/31/warum-ein-neuer-blog/.

Besonders spannend finde ich die Idee mit dem Platzwechsel-Ticket für eine Saison, durch die ich mir ein besseres Verständnis unterhalb der unterschiedlichen Bereiche im Stadion vorstellen könnte. Aber auch die Notwendigkeit, dieses Thema außerhalb der Bloggerszene auszudiskutieren, das persönliche Gespräch miteinander zu suchen, das ist nicht umsonst immer wieder genannt worden. Die Fanszene des FCSP in den Blogs ist ja schön und gut, aber lebendig ist dies alles ja schließlich da draußen, am Millerntor, im Viertel und überall, wo die Fans des magischen FC St. Pauli sich hinbegeben, ganz ligaunabhängig. In diesem Sinne heißt es so weiterkämpfen, auf gehts!