Die Jahr100 Saison – Anstehen für die Saisonkarte

Langsam lohnt es sich immer mehr, die Tage (14 Tage noch – nur noch zwei Wochen!!) zu zählen, bis die sehnsüchtig erwartete Jahr100-Saison 2010/2011 in der 1. Fußballbundesliga endlich losgeht – und all die Erstligisten ans Millerntor kommen müssen, um hier von einem fanatischen Publikum empfangen zu werden. Daß man Teil dieses Publikums sein kann, ist dabei alles andere als selbstverständlich. Die wenigen Plätze im Stadion sind zumeist in den Händen von langjährigen Dauerkarteninhabern – und neue Dauerkarten werden seit Jahren nicht mehr herausgegeben. Wer, wie ich, die eigene Dauerkarte leichtfertigerweise zu Regionalligazeiten aufgegeben hatte (bei den Spielen war ich gleichwohl – aber mit Einzelkarten und zwar überall im Stadion, wie beabsichtigt – nur eben ohne den geplanten Neukauf einer Dauerkarte in der Folgesaison, hier habe ich mich gnadenlos verkalkuliert mit Südtribühnenabriß, Stadionneubau, der doppelten Aufstiegsnachfrageexplosion und so weiter…), der mußte sich schon in den vorangegangenen Saisons einiges einfallen lassen, um den eigenen Verein daheim sehen und anfeuern zu dürfen. Wenigstens wurden diesmal wieder Saisonpakete ausgegeben, so daß man nicht wieder alle paar Wochen erneut für ein, zwei oder drei Tickets jedesmal für mehrere Stunden bei jedem Wetterextrem anstehen mußte, sondern nur ein einziges mal. Dafür aber auch richtig…

Für die offizielle Vereinsseite ist es eher eine Erfolgsmeldung – die Fans sind heiß auf die Karten und stehen stundenlang an, um an eines der rasch ausverkauften Saisonpakete (siehe auch: http://kleinertod.wordpress.com/2010/07/31/die-neue-haupttribuhne-und-der-kartenvorverkauf-beginnt/) zu gelangen: http://www.fcstpauli.com/magazin/artikel.php?artikel=7008&type=&menuid=57&topmenu=112 (nebenbei bemerkt kann man auch mich bei einem der Bilder gut erkennen, aber mehr verrate ich an dieser Stelle nicht). Der heißgeliebte FC St. Pauli wäre allerdings nicht der Chaosclub, der er schon immer eher mehr als weniger war, wenn es nicht auch diesmal dabei einiges an völlig sinnfreien Problemen gegeben hätte. Diese waren aber, soviel sei schon gleich einmal verraten, insgesamt vergleichsweise harmloser Natur, doch stehen diese Informationen nicht in der offiziellen Meldung, weswegen ich mit diesem Beitrag diese Lücke ein wenig auffüllen möchte.

Wie schon in den Jahren zuvor mußte man sich eigentlich täglich auf der offiziellen Vereinsseite informieren, um ja nicht den entscheidenden Moment zu verpassen, wann genau es welche Karten und vor allem zu welchen Bedingungen nun geben würde. Schließlich war abzusehen, daß es in diesem Jahr besonders hart werden wird, eine der wenigen Karten zu ergattern. Ohne Mitgliedsausweis ging mal wieder gar nichts, was schon abzusehen war und, wie ich finde, auch vernünftig ist. Man kann natürlich darüber diskutieren, ob es ein Grund für eine Mitgliedschaft sein sollte, daß man sich dadurch allein den eigenen Vorteil eines Kartenkaufes zu sichern versucht – andererseits profitiert in jedem Fall der Verein davon, wenn die Anhänger, die den FCSP spielen sehen wollen, sich auch durch eine Vereinsmitgliedschaft am Verein mit ihrem Beitrag beteiligen. Und dieser Beitrag wird ja nun wirklich ausgezeichnet verwendet – wer sich dem AFM http://www.fcstpauli-afm.de/c/afm/index.php?id=info anschließt, hilft dem Nachwuchs – siehe auch http://www.fcstpauli.com/staticsite/staticsite.php?menuid=124&topmenu=113 sowie außerdem auch den eigenen Fans, wie Jekylla so treffend in den Blickpunkt rückte: http://santapauli.wordpress.com/2010/08/05/das-k-wort-beim-fc-sankt-pauli/.

Doch nur Sitzplatzkarten kamen in den Vorverkauf für die gesamte Saison. Und auch nur eine beschränkte Anzahl von 500 Stück. Wenn man berücksichtigt, daß beim Abriß der Südtribühne die Dauerkarteninhabe auf die rund 15000 Plätze verteilt werden konnten und mit dem Neubau der Haupttribühne nun 25.000 Fans Zugang zum FCSP haben werden – siehe auch http://www.fcstpauli.com/staticsite/staticsite.php?menuid=2062&topmenu=113 – da bleibt die Frage im Raum, was nach Abzug von Businesseats (1.500 auf der Haupt, etwa 1.000 auf der Süd) mit den restlichen etwa 7.000 Karten los ist. Okay, es gibt da noch einige Logen, die Familientribühne, Rollstuhlfahrer, die Aufstockung des Gästebereichs, neue Kinder-Dauerkarten sowie die Erweiterung durch die Süd-Stehplätze… Ach, ich will jetzt nicht zu sehr alles durchrechnen, denn so oder so bleibt eindeutig, daß viel zu wenig Plätze im Millerntor für die seit Jahren nicht abreißende, sondern vielmehr deutlich steigende Nachfrage bestehen. Ob noch beim Neubau der Nord und Gegengerade einiges an Plätzen dazukommen könnte? Es wäre doch was, wenn man bei den Planungen noch einige Tausend Plätze hinzubekommen könnte… Aber das werden wohl nur Träume bleiben, der Platz am Millerntor ist nunmal beschränkt.

Wer also eine Saisonkarte erhalten wollte, der mußte sich um einen Sitzplatz reißen – und dabei wahrlich nicht nur preiswertesten Plätze im Auge behalten, denn wenn man überhaupt an die Reihe zu gelangen hoffen wagen konnte, dann mußte man von vorneherein auch Ausweichsalternativen in Betracht ziehen können. Bei den Preisen muß man zwar erstmal schlucken, doch die Alternative, nicht dabei sein zu können, wäre ja noch weniger erträglich…

Da ich früher auf der Haupt war und nur durch die Aufgabe meiner Dauerkarte auf Einzel- bzw. Saisonkarten zumeist auf die Nord ausweichen mußte, war ich natürlich besonders heiß auf einen Platz auf der neugebauten Haupttribühne. Dies ging natürlich nicht nur mir so, was ich auch gleich bei meiner Ankunft am Kartenschalter gegen 8 Uhr morgens feststellen mußte. Wie konnte ich mich auch nur derart verkalkulieren bei der Intensität der Nachfrage nach Sitzplätzen für Liga 1! Aber auch nach mir kamen noch viele Fans, die sich weiter hinten in die Reihe stellen mußten. Ein Sitzplatznachbar von einst auf der Haupt hatte sich bereits um 1 Uhr eingereiht und harrte seitdem hinter einer handvoll Hardcore-Anstehern (eher Ansitzern, alle hatten ihre Camping-Stühle dabei) aus. Das Gespräch mit ihm brachte mir übrigens von dem hinter ihn eingereihten Fans böse Blicke ein, die mich wohl schon als einen Vordrängler einstufen wollten. Eine verständliche Sorge, die natürlich unbegründet war – meine Begleitung harrte derweil platzhaltend für ein paar Minuten für mich alleine fast ganz hinten in der Reihe aus.

Nachdem sicher dutzende Male Leute die Schlange entlangliefen und nachzählten, wie viele Personen derzeit anstanden und diese Zahl mit der Möglichkeit des Kaufs von zwei Karten pro Person, Platzhaltern und etwaigen Vordränglern verglichen sowie und auf den unbekannten Auswärtsanteil bei den 500 Saisonkarten hochrechneten, war irgendwann auch der offzielle Verkaufsbeginn erreicht. Zur allgemeinen Überraschung kam kurz nach 10 Uhr eine freundliche (okay, das war jetzt nicht das überraschende) Mitarbeiterin des Kartenverkaufsstabes die Schlange entlang, um zur Sicherheit einmal die Verkaufsbedingungen zu erläutern, die Mitgliedsausweise zu kontrollieren und sodann eine Nummer für jede Karte auszugeben, damit man sicher sein konnte, nicht endlos und umsonst anstehen zu müssen. Was für eine einfache und geniale Idee, konnte man doch nur mit dieser Nummernkarte an ein Ticket gelangen und etwaige Vordrängler waren nicht mehr in der Lage, einem einen Platz (nur eben einen besseren) vom 500er Kontigent wegzuschnappen!

Meine Jahr100-Nummer ist zumindest für ein Jahr jetzt meine neue Glückszahl. ^^ Nach etwas mehr zwei Stunden voller Zweifel und in sehr schlechter Laune bei rund 200 Personen vor mir war diese Gewißheit einfach eine ungemeine Erleichterung! Kurz hochgerechnet auf die lediglich drei geöffneten Kassen und der Dauer einer Mitgliedsausweis-Kontrolle, Sitzplatzauswahl, Bezahlvorgang und dem Ausdruck der 17 Einzelkarten habe ich für etwa 15 Uhr mit einem Kartenerwerb kalkuliert. Wie sich später herausstellen sollte, war das keine allzuschlechte Einschätzung. Nur ein wenig zu optimistisch.

Letztlich dauerte es fast 8 Stunden Anstehen, bis ich eines der Saisonpakete erwerben durfte. Dabei kamen leider auch einige Personen auf die Idee, sich mit irgendeiner Begründung weiter nach vorne zu schieben. Da man mit der Nummern-Karte die Möglichkeit hatte, sich von der Schlange zu entfernen zu entfernen und am gleichen Tag bis zum Vorverkaufsende zurückzukehren, gingen einige wenige auch tatsächlich für ein paar Stunden fort – mitunter auch mit dem Versuch, sich exakt dort wieder einzureihen, wo man Stunden zuvor in der Schlange war – was natürlich nicht gerade gern gesehen wurde. Wer all die Stunden im Regen, Kälte, herauskommender Sonne und erst angenehmen, dann sehr heißen Temperaturen und dann in einem extremen und lang andauernden Hamburger Regenguß in der Schlange ausharrte, der hatte sich in meinen Augen auch verdient, vorrangig bedient zu werden. Ausgenommen natürlich die notwendigen Toilettengänge und Nahrungsmittelbesorgungen, die bei so einer Anstehdauer einfach einzurechnen sind.

Genau an diesem Punkt hat sich der Verein aber wieder als vollkommener Chaot herausgestellt. Denn nichts anderes als die geniale Planung, das Clubheim ausgerechnet dann geschlossen zu halten, wenn die Fans für den Kauf einer Saisonkarte anstehen, war mal wieder passiert. Wer also etwas zu Essen oder zu Trinken oder aber schlicht die Möglichkeit haben wollte, auf Toilette zu verschwinden, der mußte sich anderweitig behelfen. Was für eine traurige Meisterleistung des Vereins – die allerdings gegen 13 Uhr dadurch gemindert wurde, daß einige Angestellte Getränke und Nahrung direkt an die Wartenden verkauften.

Geschickt war auch die Aufteilung an den Kartenkassen, da mußte die Schlange bis zu einem Nadelöhr, um von da aus zu einer der drei offenen Kassen gelangen zu können. So war ausgeschlossen, daß die Schlange sich dreiteilte und man das bekannte Problem haben konnte, daß man ausgerechnet an der am langsamsten voranschreitenden Schlange anstand. Leider mußte ich auch beobachten, daß sich genau an dieser Stelle versucht wurde vorzudrängeln. Der wohl lachhafteste Versuch wurde von einem Typen unternommen, der den seit weit über 7 Stunden ausharrenden Fans sein Vordrängeln mit dem Hinweis darauf zu verdeutlichen versuchte, daß er ja immerhin schon eine ganze Stunde anstehen würde… Leute gibts. Leider auch hier.

Aber irgendwann war es dann geschafft und die wunderschönen Karten konnten ausgedruckt werden – nach einer sehr gewissenhaften Prüfungsprozedur allerdings. Der Verein scheint das Schwarzmarkt-Problem ernst zu nehmen und hat jedes einzelne Mitglied genaustens auf die Anforderungen überprüft (hier fielen doch glatt einige noch nach all den Stunden Anstehen durch das Anforderungsprofil, unglaublich) und zudem auch fest verbucht. Als ich an die Reihe kam, da waren nahezu sämtliche Plätze schon weg – von sichtbehinderten Plätzen weit hinten einmal abgesehen. Doch noch zwei Plätze auf der Haupt waren offen, von denen einer im Laufe des Bestellvorgangs mir sogar noch knapp vor der Nase an der Nebenkasse weggeschnappt wurde, doch den anderen – und allerletzten – habe ich noch bekommen können. Jawoll! ^^

Hier ist sie also nun, eine Einzelkarte für die Jahr100-Saison im Saisonpaket. Um irgendwelchen Ticketfälschern das Handwerk möglichst unmöglich zu machen, habe ich die Karte abgeändert. Also nicht wundern. Und welches Spiel würde besser passen, als das Hamburg-Derby gegen den HSV? Mit der Sicherheit, dabei sein zu können, macht das Fiebern auf die Saison 2010/2011 erst richtig Spaß.