April, April? Der Heimspielschock gegen Schalke

Zum unbeschwertem Lachen war einem als FCSP-Fan an diesem 1. April 2011 nun wahrlich nicht zumute, wohl aber wurde mit der dazugehörigen Ironie auch dieses Schockerlebnis nach dem verfrühten Abpfiff verarbeitet. 0-2 stand es, als das Spiel nach dem Bierbecherwurf auf den Schiedsrichterassistenten wenige Minuten vor dem Ende endgültig abgebrochen wurde – und 0-2 wird die Begegnung vermutlich aufgrund der DFB-Regularien wohl auch gewertet werden. Doch nicht das Ergebnis war das Thema auf den Rängen und draußen beim Bier danach, sondern der Weg dorthin, insbesondere eben der Spielabbruch. Aber davor war ja auch so einiges passiert…

Weit vor dem Anpfiff war ich wieder am Millerntor und habe mich auf dem Südvorplatz verquatscht, der an diesem Tag besonders voll aufgrund vieler Schalker Anhänger vor dem Spiel war. Zum Bloggertreffen habe ich es, nachdem ich früher als geplant vor Ort war, aufgrund dessen dann auch nicht geschafft, dies aber auch nicht als weiter tragisch empfunden, zumal ich zu ausführlichen Gesprächen nach dem Spiel ja noch ausreichend Gelegenheit hatte. Auch einen von den Oldtras, der für dieses Spiel auf die Gegengerade ausgewichen ist, konnte ich so noch treffen – und eben die farbenfrohe Neugestaltung der Südtribüne einfangen.

Das Betongrau wird nun offensichtlich, hoffentlich überall, durch zum Verein passende farbliche Bemalung ersetzt. Eine tolle Sache, die mir sehr gefällt. Insbesondere die an eine Unterführung erinnernden grauen Katakombengänge der neuen Tribünen, Süd und Haupt, sollten hier auch noch entsprechend angegangen werden, damit man sich dort endlich auch mal wohler fühlen kann. Die Süd bekam auf der Seite der Haupt ebenfalls eine schöne, farbliche Gestaltung. Die einst grau-triste Betontreppe strahlt nunmehr in den Vereinsfarben – die zwar nicht gerade mit Genuß mit den Füßen getreten werden, aber das ändert nichts daran, daß dies ein schöner Anblick ist, der die Stimmung sofort hebt.

Neu war auch der ab diesem Spiel und für die Zukunft geltende Spielereinlauf – nicht mehr zwischen der Süd und der Gegengerade, sondern zwischen Süd und Haupt ist der Spielertunnel ab dem Schalkespiel gelegen. Und diesmal soll das auch so bleiben: http://www.fcstpauli.com/magazin/artikel.php?artikel=8760&type=&menuid=57&topmenu=112. Etwas schade, wie ich finde, denn die Nähe zu den lautesten Fans, die die Stimmung schon einmal deutlich machen, ist im Stehbereich der Gegengeraden natürlich um ein vielfaches intensiver als bei der Haupt. Außerdem hatte der andere Einlauf wahrlich Tradition und diesmal ist dieses Wort positiv gemeint. Aber okay, kann man mit leben und Veränderungen gehören ja auch dazu. Und war ja auch angekündigt.

Etwas überraschend fand ich hingegen den Anblick des Team Greens bzw. der Nicht-Knappen-Blauen vor dem Astra-Stand, das sich selber nochmal stärken wollte vor dem Spiel, äh, Einsatz. Auch eine Deeskalationstaktik, einfach vor dem Anpfiff mit den Fans zusammen essen und trinken (muß ja nicht immer Alkohol sein). Kein Problem von meiner Seite, aber dann bitte in einem anderen Outfit. 😉

Neben dem naheliegenden Wunsch der FCSP-Fans, daß der magische FC für uns einen Sieg einfahren möge, waren auch die politischen Statements zum Thema Atomkraft bzw. -ausstieg deutlich auszumachen. Japan ist schließlich in diesen Tagen nicht so weit entfernt, als daß man da einfach zur Tagesordnung übergehen könnte – das Thema Atomkraft geht uns alle etwas an, solange es ein solches Kraftwerk in unserer Nähe gibt. Die angedachte Massenumsiedlung des verstrahlten Bereiches – http://www.spiegel.de/panorama/0,1518,754722,00.html – kann ja auch jederzeit woanders relevant werden – und man stelle sich mal vor, es würde Hamburg treffen und wir könnten nie mehr ans Millerntor zurückkehren. Ein selbst noch so geringes Restrisiko diesbezüglich bin ICH jedenfalls nicht bereit zu tragen.

Nun, gewonnen haben wir an diesem Spieltag wahrlich nicht, allerhöchstens in Sachen bundesweiter Aufmerksamkeit. Dies aber definitiv nicht in positiver Hinsicht. Allerdings sind die diesbezüglichen Stimmen eher von jenen geäußert, denen unsere Fanszene eh schon immer auf den Geist gegangen ist. Trotzdem war dieser Spieltag für uns eine mehr als nur gefühlte Niederlage – auch wenn wir spielerisch eben nicht verloren haben – das Spiel wird ja am grünen Tisch (gegen uns) gewertet werden. Und der Einsatz sowie die Spielweise fand ich auch schön, das nur schon mal kurz angemerkt.

Zum Thema Gästefans im Heimbereich hatte ich ja kürzlich erst einen Blogeintrag verfaßt – http://kleinertod.wordpress.com/2011/03/08/gastefans-im-heimbereich-eine-tickende-zeitbombe/ – und auch gegen Schalke 04 fiel die deutliche Vereinnahmung der Haupttribüne durch die Fans des Gästevereins ins Auge. Von Vereinsseite wurde aber durch eine entsprechende Anweisung an die Order für ein aufmerksames Begleiten der Gästefans zumindest auf der Haupt gesorgt, hier wurde offensichtlich dazu gelernt und dies sei deshalb auch einmal entsprechend erwähnt. Auf der Süd soll es anders zugegangen sein, so jedenfalls Einzelstimmen aus dem Forum, die ich aber naturgemäß nicht beurteilen kann.

Zu lernen wird von Fanseite an anderer Stelle noch etwas sein, aber dazu später mehr und dies betrifft auch nicht allein die Haupt. In Sachen Unterstützung kam an diesem Tag jedenfalls von allen Seiten deutliche Zeichen – und hier möchte ich die Haupt einmal besonders erwähnen, denn der Support war von dieser Seite aus insgesamt ausgezeichnet und dürfte auch entsprechend angekommen sein, auf dem Platz und auf den anderen Rängen.

Die Mannschaft jedenfalls braucht sich um die Saisonplatzierung hinsichtlich der Reaktion der Fans keine Sorgen zu machen – ganz unabhängig von dieser wird die Unterstützung immer da sein und dies wurde hier wieder einmal wunderschön zum Ausdruck gebracht.

Und weil mir das Spruchband der HT-Oldtras zum Einlaufen der Mannschaft diesmal so besonders gut gefallen hat, habe ich es hier nocheinmal in einem Bild eingefangen. Die Tapete war ja ein wenig lang für ein photographisches Abbild aus so kurzer Entfernung, aber irgendwie habe ich es dann ja doch noch geschafft. Nochmals, klasse Aktion.

Natürlich kamen derartige Aktionen von allen Tribünen. Die Gegengerade, Süd und Haupt hatte ich in den Bildern zuvor schon gezeigt, hier sieht man dann auch die Nord – last but not least. Im ganzen Millerntor war schon früh zu spüren, daß die Mannschaft die volle Unterstützung erhalten wird und das dies am Saisonausgang nicht ausgemacht werden würde. Wir singen eben auch dann, wenn wir nicht gewinnen.

Wann auch immer das „jetzt“ sein mag, aber ab diesem Spieltag war dies jedenfalls nicht der Fall. Doch solange rechnerisch noch etwas möglich ist, brauchen wir ja auch noch nicht aufstecken. Der Glaube an die Mannschaft ist und bleibt ungebrochen und ebenso der Wille, diese bis zum letzten Spieltag und darüberhinaus zu unterstützen.

Die Voraussetzungen waren ja, wenn auch nicht gerade optimal, doch zumindest so schlecht vor dem Spiel auch nicht an diesem Tag. Flutlichtspiel, Dom, eine Mannschaft, die ebenso im unteren Bereich der Tabelle, wenn auch auf mittlerweile weitaus sicheren Platz, herumkrebst, da hätte ja etwas gehen können. Doch unsere Verletztenmisere wie auch die Niederlagenserie der letzten Zeit hatte nicht gerade für viel Optimismus verbreitet, wohl aber das „jetzt-erst-recht“-Gefühl, mit welchen die letzten Spiele anzugehen sind und auch dieses deutlich sichtbar auch angegangen wurde. Nur leider eben nicht mit dem gewünschten Erfolg, aber es kommen ja noch weitere Spieltage und möglich, wenn auch nicht gerade wahrscheinlich, ist ja noch alles. Verzweifelte Maßnahmen wie andere Vereine stehen bei uns jedenfalls nicht auf dem Programm…

Nicht verzweifelt, sondern aktiv ist diese politische Aktion, die eher als eine Ankündigung als ein Statement aufzufassen sein sollte. Zum Thema Rote Flora in Hamburg und weitere Aktionen dazu hier noch link zum Zeckensalon: http://zeckensalon.blogsport.de/2011/04/01/ergebnisse-des-maerz-salons/.

Eine andere Form von Rotem Protest gibt es ja auch noch in dieser Stadt – der Jolly Rouge ist und bleibt nicht kleinzukriegen. Seine Zeit ist auch nicht vorbei, er ist vielmehr nach wie vor erforderlich, wie man an den Aussagen der letzten Zeit merkt. Die Äußerungen des Alten Stamms auf der offiziellen Vereinsseite waren ja nicht das Einzige, was wir da zu lesen bekamen – mehr zu den aktuelleren Dingen hatte ich ja hier schon geschrieben: http://kleinertod.wordpress.com/2011/03/28/unkritischere-fans-gewunscht-meeske-mal-wieder/.

Leider hat es ein einziger Bierbecherwerfer – allerdings auch nur aus dem Grunde, weil er den Linienrichter getroffen hat – es geschafft, die Aufmerksamkeit von den sonstigen Mißständen, dem Tabellenplatz und auch dem Spiel abzulenken. Doch das Thema will ich später noch ausgiebig aufgreifen, ersteinmal berichte ich weiter von diesem Spieltag, damit die Ereignisse nicht alle unter den Tisch fallen und unbeachtet vergessen werden.

Auch dieser Spieltag hat das Millerntor schließlich in einer wunderbaren Stimmung von den Rängen voller Energie und Unterstützung der Mannschaft gezeigt – und auch auf dem Rasen ging so einiges vor sich, über die es zu schreiben bzw. sprechen gilt.

Das Millerntor stand jedenfalls unabhängig vom Ergebnis vollkommen hinter der Mannschaft und war eher zu emotional als das Gegenteil davon. In so einer Gänsehautkulisse ist die Ligazugehörigkeit nebensächlich, denn von der Liga selber kann man hier nicht auf die Stimmung auf den Rängen schließen.

Inwieweit dies bei den Gästen der Fall ist, dies kann ich nicht beurteilen, da ich nicht „auf Schalke“ war. Beurteilen kann ich aber das Auftreten der Gästefans am Millerntor, welche mit unsäglichen „Sch… St. Pauli“ Gerufe von Anfang an negativ auffielen. Später kam dann auch noch das für Gäste leider mittlerweile wohl als übliche Gezündel dazu, welches sich hier aber auch noch in negativer Hinsicht dadurch steigerte, daß Pyro auf das Spielfeld geworfen wurde. Allerdings war hier niemand in unmittelbarer Nähe und damit gefährdet, dennoch ein Unding. Mit absurder Folge: „Die Hamburger Fans werden immer aufgebrachter. Ordner müssen bereits während des Spiel bengalische Feuer wegräumen“ schreibt Sport1 in der Bildergalerie des Spieltages diese Sache indirekt nun auch noch dem FCSP-Anhang zu. Ganz erbärmliche Form von Journalismus – wahrheitsgemäße und differenzierte Berichterstattung ist aber auch anstrengend, das darf man einfach nicht mehr erwarten, oder? Den link zu der Bildergalerie findet man übrigens irgendwo in der Mitte des Berichtes unter http://www.sport1.de/de/fussball/fussball_bundesliga/artikel_373806.html.

Aber es gab auch positive Dinge vom Schalker Anhang zu berichten, so diese Choreo beim Auflaufen, die ich zwar aus ästhetischen Gründen nicht als wirklich gelungen, aber auch nicht als schlecht, sondern durchaus ansehnlich bezeichnen möchte. Auch im Heimbereich habe ich nur friedliche, wenn auch durchaus einige wenige reichlich penetrant-störende Gästefans erlebt – das Schalke-Rufen von einigen Einzelnen bei St.Pauli-Schlachtgesängen im Heimbereich war jedenfalls bewußt als provokante Störung gedacht und einfach nur nervend. Viele Schalke-Fans haben sich hier aber deutlich zurückgehalten und sind nicht weiter als Störfaktor im Heimbereich aufgefallen – die Jubelrufe waren ja nichts außergewöhnliches später, das gehört halt dazu. Daß mir ein jubelnder Heimbereich lieber gewesen wäre, dafür können die Schalker ja nichts. 😉

Im Abstiegskamof geht es für uns jedenfalls nur noch über den Kampf. Sicher, das Spielerische wird auch weiterhin dazu gehören, doch nur mit einer gehörigen Portion Einsatz und Kampf bis zum Letzten wird es möglich sein, noch irgendetwas in dieser Saison zu reißen. Und Einsatz möchte ich sehen, ganz unabhängig vom Ergebnis. Lieber mit vollem Elan verlieren, als ein Spiel irgendwie lustlos zu gewinnen – im Kampf um den Klassenerhalt funktioniert sowas jedenfalls gar nicht. Das hat die Mannschaft aber auch verstanden.

Wieder einmal großes Kino war das Auflaufen der Mannschaften. Die Haupt hatte eine schöne Choreo vorbereitet, genauer gesagt, soweit ich weiß, soll derartiges von den VIP-Plätzen organisiert worden sein. Wie das von der Ferne aussah, das kann ich hier natürlich nicht wiedergeben, schließlich saß ich mittendrin. Doch hier wurde es wunderschön eingefangen: http://www.stefangroenveld.de/sport/fc-st-pauli/die-haupttribune-beginnt-stark/.

Wunderkerzen sehe ich ja nicht als Pyro an, auch wenn man derartiges streng genommen darunter einorden könnte. Was ich aber absurd finde – von diesen Teilen geht keine Gefahr aus, nur wenn sie geworfen werden – dann gilt dies aber auch für andere Dinge – wie wir ja anderweitig miterleben mußten… Die Wunderkerzenarie beim Auflaufen der Mannschaften sah jedenfalls uneingeschränkt toll aus.

Nicht nur auf der Nord, auch von anderen Tribünen kam eine derartiges Wunderkerzenteppichleuchten. So schnell kann man immer gar nicht nach allen Seiten in den wenigen Augenblicken photographieren, wie man möchte. Vor allem nicht mit Pappe, Fahne und Kamera in zwei Händen… 😉

Die Lichter des Doms auf dem Heiligengeistfeld haben das wunderschöne Bild dann auch noch perfekt abgerundet. Von den äußerlichen Bedingungen war jedenfalls alles für ein wunderschönes Freitagsspiel der 1. Bundesliga getan.

Auch den einlaufenden Spielern dürfte dies aufgefallen sein. Nur leider entwickelte sich nicht das von uns erwünschte Spiel, eher das befürchtete. Viele Torchancen gab es für uns jedenfalls im ganzen Spiel dann nicht – wohl aber einen tollen Einsatz.

Zu diesem Zeitpunkt war aber das, was später kommen sollte, noch keinem auch nur als vage Ahnung bewußt. Logischerweise. Vielmehr waren alle freudig erregt und wareteten gespannt auf den Anpfiff.

Ein Feuerwerk gab es dann leider auch, nur eben nicht auf dem Rasen. Der Schalker Anhang zündelte wiederholt im und außerhalb des Blockes. Doch bei in den Block hineingehenden Ordern, die das herumliegende Pyro einsammelten, blieb es von Schalker Seite lobenswert friedlich und entspannt. Mein Kompliment für dieses Verhalten gegenüber den Ordnern. Nicht so schön war allerdings das Verhalten gegenüber unseren Spielern – hier flogen schon in der 1. Halbzeit, als es auf den anderen Tribünen derartiges noch nicht gab, volle Bierbecher, Feuerzeuge und anderes in Richtung der auf die Eckfahne zulaufenden Boys In Brown. Was wir auch schon bei vielen Spielen von den Gästefans miterleben mußten, an diesem besonderen Spieltag aber auch einer gewissen Erwähnung bedarf.

Das 1:0 durch Raul fiel nach einer Ecke und war doch sehr schön mitanzusehen. Auch wenn es weh tat aus FCSP-Sicht. Mit diesem Spieler haben sich die Schalker wahrlich ein Juwel in ihre Reihen geholt. Nicht so toll hingegen das, was von Astra-Seite in diesen Tagen gekommen ist. Damit will ich jetzt nicht auf den halbvollen Astra-Becher anspielen, der später zu dem unrühmlichen Ende der Partie führte, sondern auf die sexistische Werbung, die derzeit von Astra-Bier gefahren wird und die Reaktionen auf Proteste Einzelner dagegen – nachzulesen bei Momorulez http://metalust.wordpress.com/2011/03/31/astras-angrabbel-apell/ und insbesondere in den Kommentaren dazu. Wirklich lesenswert!

Zwar nicht in Sachen Sexismus, wohl aber auf die Geschlechter spielt dieses Banner an mit einer eindeutigen Aussage dahingehend, die nicht weiter erläutert zu werden braucht. Wer damit ein Problem hat, sollte sich überdenken, warum er oder sie zum FCSP kommt. Leben und lieben lassen – wie traurig, daß etwas derart eigentlich vollkommen selbstverständlich dies noch immer nicht in der gesellschaftlichen Realität ist. Ich für meinen Teil verstehe bis heute nicht, womit die Leute hier eigentlich ein Problem haben.

Das Spruchband nebst Hintergründe wird hier näher erläutert: http://sanktpaulimafia.blogsport.de/2011/04/03/spruchbanderklaerung-fcsp-schalke/. Und nochmals: Wunderkerzen sehe ich nicht als Pyro an, gegen die man im Stadion vorgehen sollte (solange die Teile eben nicht geworfen werden, was ja nicht der Normalfall ist). Vielleicht wäre eine entsprechende Klarstellung in den DFB-Regularien in diesem Punkt ja mal angebracht, ganz nebenbei bemerkt.

Manche Sprüche bedürfen einer gewissen Erläuertung, andere wiederum verstehen sich von selbst – und bei weiteren bleibt man einfach mit einem Fragezeichen im Kopf stehen. Ging mir bei diesem Spruch so. Naja, alles muß man auch nicht verstehen…

Dieser Spruch hingegen dürfte den Lesern, die sich mit der link-Erläuterung zum Wunderkerzen-Spruch etwas weiter oben beschäftigt haben, in seinem Sinngehalt aufgehen, so daß ich dazu nichts weiter schreibe.

Das Spiel auf dem Rasen nahm in der zweiten Halbzeit dann endültig einen absurden Verlauf, wie ja allgemein bekannt sein dürfte. Inwiefern es sich nun um Fehlentscheidungen handelte oder nicht bei den Entscheidungen des Schiedsrichtergespanns, dies will ich jetzt auch nicht weiter diskutieren. Im Stadion habe ich weder eine Abseitsstellung bei dem nicht gegebenen Ausgleich, wohl aber eine sehr rasch erhobene Fahne des Schiedsrichterassistenten gesehen, die nahezu zeitgleich mit dem Schuß auf das Tor gehoben wurde – inwiefern dies nötig war oder berechtigt, das entzieht sich meinem Verständnis, bei den ganzen Fehlentscheidungen, die ich deutlich gesehen habe, wollte ich an eine korrekte Entscheidung hier jedenfalls nicht glauben und war wie der Rest der Zuschauer sauer. Daß im direkten Gegenzug dann das entscheidende 0:2 fiel, kann man einer gewissen Konzentrationsschwäche, die ich aber aus emotionalen Gründen nachvollziehen und damit entschuldigen kann, bei unseren Boys In Brown zuschreiben. Zählt ja so gesehen eh nicht, das Spiel dürfte ganz unabhängig von den Toren ja mit 0-2 gewertet werden. Brauchen wir uns darüber also auch nicht weiter aufzuregen.

Auch nicht über die Gelb-Rote (genauer gesagt, über beide Gelbe) und die Rote Karte, die zwei von unseren vier verbliebenen Verteidigern für wahrscheinlich mindestens ein Spiel aus dem Verkehr ziehen werden. Glaube ich zumindest, denn wenn diese Karten wegen des Spielabbruchs ja eigentlich nicht zählen, so dürfte die Strafe sicherlich trotzdem noch mit irgendeiner Begründung ausgesprochen werden, schon um einer etwaigen Bevorteilung durch den Spielabbruch entgegenzuwirken. Für mich war das Tackling vor der Gelb-Roten kein Foul und damit kein Platzverweis, ebenso war die Rote Karte „nur“ ein Foul, wie es von Schalke etwas vorher auch gemacht und mit Gelb bestraft wurde – hier zweierlei Maß anzulegen war irgendwie typisch für den nicht souveränen Auftritt des gesamten Schiedsrichtergespanns. Doch das, was da von Publikumsseite abging, das wird dadurch nicht entschuldigt, nur erklärt, da man sich eben gehörig über diese Entscheidungen aufregte.

Insebsondere in der Häufung der spielentscheidenden Szenen mit den dazugehörigen Entscheidungen kochte das Blut hoch. Und was da für Becher überall im Stadion geworfen wurden, das war wirklich in negativer Hinsicht beeindruckend. Und habe ich in diesem Ausmaß auch noch nicht am Millerntor erlebt, denn das war wirklich noch schlimmer als bei irgend einem anderen Spiel. Ich will die Werfer insgesamt genausowenig verdammen, wie ich die Haupttribüne für den entscheidenden Bierbecherwurf verurteilen möchte – von dieser Tribüne kamen jedenfalls die mit Abstand wenigsten Wurfgeschosse. Wer also auf irgendwelche VIPs schimpfen möchte in diesem Zusammenhang, der verleugnet die anderen Werfer und auch die Fakt, daß der Becher von einem der normalen Sitzplätze aus geflogen kam. Auf der anderen Seite, von mir aus gesehen, deshalb kann ich dazu nichts weiter schreiben, habe das auch alles nicht mitbekommen.

Was ich hingegen gesehen habe, das war das erneute Werfen von Pyro auf das Feld durch die Schalker. Wie man sich derartig daneben benehmen kann, wenn man ein Spiel am Gewinnen ist, kann ich so gesehen auch nicht nachvollziehen. Aber es wurde hier auch nicht auf einen Menschen geworfen, insofern möchte ich das jetzt auch nicht weiter vertiefen. Die Probleme gab es in diesem Spiel eindeutig von unseren Rängen aus, denn von hier hat sich eine Gefahr – die beim Werfen von Gegenständen – durch den Treffer des Linienrichters in einen Schaden verwirklicht.

Großartig war jedenfalls, wie das You Never Walk Alone angestimmt wurde, nachdem durch die beiden Platzverweise und das 0-2 die Niederlage in diesem wichtigen Spiel feststand. Keiner schien sich an diesem Tag vorzeitig durch ein Verlassen des Stadions abwenden zu wollen, wie man es vereinzelt in dieser Saison leider ja schon erleben mußte. An diesem Spieltag habe ich eine geschlossene Kulisse gesehen, die die Manschaft bis zum Schluß unterstützen wollte. Bis, ja bis eben jener Becherwurf kam, der in negativer Hinsicht Geschichte geschrieben hat. Spielabbruch aufgrund eines Treffers eines Linienrichters – und das am Millerntor. Tragisch, wie sich die Unterstützung der Mannschaft und die eigentlich positiv-supportenden Gefühle auf den Rängen hier negativ verdeutlicht haben. Das Werfen von Gegenständen ist unabhängig von einem Treffer eine Unsitte. Gerade auf der Haupt sollte dies unterlassen werden, da schließlich in vorderster Front die Rolli-Plätze stehen und diese Menschen sollte man dort ja nun wirklich am allermeisten schützen und nicht auch noch durch solch einen Unsinn gefährden.

Allerdings darf man auch nicht vergessen, daß der Werfer des Bechers seinen Emotionen freien Lauf gelassen und nicht etwa ein menschenverachtendes Bild nach Außen verdeutlicht hatte, jedenfalls kann ich zwingend daraus einen solchen Schluß nicht auf derartige Beweggründe ziehen. Viele Anhänger des Vereins verurteilen den Werfer auf das Schärfste, was für mich eher wie ein Ablenken von dem Problem, das wir hier am Millerntor haben, wirkt. Es sollte doch nicht das Entscheidende sein, daß hier EIN Werfer einen Menschen getroffen hat, sondern daß es viele Werfer am Millerntor an diesem Spieltag gibt, die sich hier besser im Griff haben sollten. Schlimm ist ja hier allein die Handlung des Werfens, nicht die dahinterstehende Emotion. Wer sich jetzt in wilden Bestrafungsphantasien ergeht, der wird nichts positiv verändern können. Bei Momo habe ich zum Tehma kommentiert:

„Vorauseilender Gehorsam im Nachhinein kann weder das Geschehene rückgängig machen, noch wird eine Wiederholung verhindert. Das emotionale Aus-sich-Herausgehen ist ja gerade am Millerntor auch in Formen notwendig, die nicht in vorgeschriebenen Bahnen verlaufen – wohl aber sind diejenigen Grundübereinstimmungen zu beachten, die sowohl unsere Fanszene kulturell vorgeben als auch der gesunde Menschenverstand in einer Gesellschaft. Bierbecherwürfe passen da genausowenig wie das Verteufeln von abweichendem Verhalten als solchem.

Für Gefühlsausbrüche und Auswüchse in negativer Hinsicht habe ich ein gewisses Verständnis, nicht aber für das Zutagetreten von sexistischen, rassistischen, homophoben oder sonstigen menschenverachtenden Einstellungen – letzteres erzeugt bei mir in keinem Fall Verständnis. Verständnis und Entschuldigung darf man natürlich nicht ansatzweise verwechseln, das nur am Rande angemerkt. Bei all dem angesprochenen Dingen gilt aber, daß der Mensch an sich ja vernunft- und damit lernbegabt ist bzw. sein sollte – und daher Fehlverhalten abzustellen in der Lage sein müßte. Wer hier an sich arbeiten möchte, den würde ich als solchen nicht gleich für alle Zeiten vom Millerntor entfernt sehen. Durch eine harte Bestrafung des Werfers wird jedenfalls kein Problem gelöst – vom Befriedigen psychologischer Bedürfnisse der nicht reflektierenden Masse einmal abgesehen.“

Nachzulesen zusammen mit seinem Text davor hier: http://metalust.wordpress.com/2011/04/03/shifting-reality-ist-wieder-da-alter-bolschewik-uber-die-geschichte-linker-bewegungen-und-ich-anlasslich-dessen-uber-den-autoritaren-charakter/.

Noch eine gefühlte Ewigkeit standen die Fans verdattert nach dem vorzeitigem Abpfiff auf den Rängen und starrten auf den nur noch von Schalker Spielern besetzten Rasen, die nicht so recht in Feierlaune waren und ebenfalls eher verblüfft zu einem Dank an die mitgereisten Fans nach einiger Zeit kurz zu diesen gingen.

Fassungslosigkeit. Leider kein Aprilscherz, sondern bittere Realität. Über etwaige Konsequenzen will ich hier jetzt keine Gedanken anstellen, dies wird der DFB schon noch früh genug entscheiden.

Nach einem gemeinsamen Verdauen der Ereignisse vor der Domschänke in der Runde von Bloggern und anderen lustigen Fans klang der Abend dann doch noch irgendwie schön aus und es wurde auch wieder gelacht. Unterkriegen lassen wir uns ja auch davon nicht. Nur war es schon abstrus.

Genauso bizarr war dann aber auch mein Heimfahrt, kaum stieg ich an der Station St. Pauli in die U3, mußte ich schon etwa ein Dutzend Heranwachsender ertragen, die auf einen eher nebenbei gerufenen „Hamburg ist Braun-Weiß“ erst mit Pro-HSV und Absteiger-sprüchen reagierten, um dann als negative Krönung des Tages auch noch das U-Bahn-Lied anzustimmen. Da es nicht nur von mir, sondern auch noch von anderer Seite umgehend Reaktionen gab, verstummten diese Idioten glücklicherweise schnell – besonders gehoben hat das meine Laune an diesem Abend aber auch nicht mehr.

P.S.: Es gibt viele lesenswerte Meinungen zu diesen Spieltagsthemen, einen Beitrag will ich hier einfach nicht unterschlagen: http://www.magischerfc.de/wordpress/?p=5602.