Schon obskur, was wir derzeit erleben. Morgen steht das Auswärtsspiel gegen Leverkusen auf dem Programm und wir kümmern uns mehr um das offensichtlich drohende Geisterspiel daheim gegen Bremen, welches erst zwei Spieltage danach auf dem Programm steht. Das wird bei der Mannschaft sicherlich auch stark in den Köpfen stecken, ich hoffe aber mal, daß sie sich alle bis zum Abpfiff auf die bevorstehende Aufgabe konzentrieren können und vielleicht doch noch eine Überraschung schaffen. Wir Fans haben ja den Luxus, daß wir uns nicht nur um das aktuelle Spiel kümmern müssen, sondern unseren Horizont erweitern können – und so steht neben dem Abstiegskampf gegen Leverkusen vor allem der Kampf gegen den DFB auf dem Programm.
Wie sehr die 1. Bundesliga sich seit unserer letzten Teilnahme an dieser Klasse verändert hat, das war uns wohl allen nicht so wirklich klar – so langsam gehen einem da aber deutlich die Augen auf. Der Kommerz hat sich auf eine Weise in die Arenen gedrängt, daß für die Fanszene eines Vereines eigentlich gar kein Platz mehr zu sein scheint. Wo wir uns mit der Bring Back Sankt Pauli – Bewegung phantasievoll und FCSP-typisch gegen einen übermäßigen Kommerz zu Wehr setzen, da mucken andere Fanszenen auf andere Weise gegen ihre Vereinsführung auf. Was im Jahr 2011 zu einer absurden Reflektierung in den Medien sorgt: http://www.sport1.de/de/fussball/fussball_bundesliga/artikel_375263.html – nämlich einer Kampfansage gegen die „Auswüchse der Fanokratie“, also dem Protest der Fans gegen die Vereinsführung, die „Hass und Gewalt“ schüre sowie nach Ansicht des Fan-Forschers Gunter Pilz zu einer Aussperrung dieser Fans führen sollte. Sport1 bringt auch noch Robert Enke ins Spiel und wirft den protestierenden Fans vor, nichts dazugelernt zu haben. Absurder geht es kaum noch, vor allem die aufgeführten Beispiele für die als unerträglich dargestellte „Fan-Wut“, die auf den jeweiligen JHV der Vereine Veränderungen im Sinne der Fans gegen die Vereinsführung durchgesetzt hatten – was aus der Sicht von Sport1 irgendwie verwerflich sei. Was haben demokratische Mehrheitsentscheidungen der Mitgliederversammlung eines Vereines mit einem „mangelnden menschlichen Umgang“ zu tun? Genau das liest man aber aus dem obigen Artikel heraus. Wer das als „Fanokratie“ geißelt, möchte Fans wohl als Menschen und Mitglieder nicht mehr stimmberechtigt sehen oder wie darf man das verstehen? Wer keine störenden Mitglieder will, muß eine andere Gesellschaftsform für den Fußballclub wählen – und sich sonst an das Vereinsrecht halten. Auch sein Recht auf freie Meinungsäußerung verliert man im Stadion nicht – im Gegenteil, Politik gehört ins Stadion und erst Recht Vereinspolitik. Wo soll man bei einem Fußballverein diese denn sonst machen, wenn nicht dort, wo alle zusammen kommen und man eine entsprechende Medienpräsenz hat? Nicht nur in diesem Bericht wird deutlich, wie sehr sich die Medien den Mächtigen im Fußball anbiedernd vor die Füße werfen. Selbständig denkende Fans, die nicht nur still alles konsumieren, was auf dem Platz abgeht – im Jahre 2011 eine Bedrohung. Traurige Zeiten.
Ganz in dem oben genannten Strafsinne, nämlich der Aussperrung der unbequemen Fans, ist das Urteil des DFB aufgrund des Bechertreffers zu sehen http://santapauli.wordpress.com/2011/04/08/hey-dfb-das-freidrehende-bundnis-begreifen-sie-gar-nichts/ – das ausgeurteilte Geisterspiel gegen Bremen, noch nicht rechtskräftig (zu den Möglichkeiten auch http://tagesschau.vo.llnwd.net/d3/video/2011/0408/TV-20110408-1754-5201.podm.h264.mp4) aber bei diesen „Bund“ glaube ich nicht an ein Wunder der Abänderung, zielt ja auch auf eine Aussperrung der als unbequem empfundenen Fanszene des FCSP und einem nach allen Möglichkeiten der Einflußnahme herbeigeführten Abstieg des FC St. Pauli dazu. Anders kann man jedenfalls die absurde Nichtbestrafung des Wolfsburgers Diego nicht sehen – die drohende lange Sperre wegen einer Tätlichkeit http://bundesliga.t-online.de/vfl-wolfsburg-diego-droht-eine-lange-sperre/id_45454374/index wurde mit einer lächerlichen Begründung vom DFB abgelehnt http://www.spox.com/de/sport/fussball/bundesliga/1104/News/diego-keine-sperre-nach-tritt-gegen-ochs-dfb-ermittlungen-eingestellt.html. Anstatt also sich für eine nachträgliche Strafe darauf wie sonst zu berufen, daß der Schiedsrichter den Vorfall nicht gesehen habe, wurde hier, um eine Strafe abzulehnen, festgestellt, der Schiedsrichter habe den Vorfall „in seinem Sichtfeld“ gehabt. Wie kann man eine Szene wahrnehmen, wie vom DFB angenommen, wenn man den Vorfall selber NICHT wahrgenommen hat, wie der Schiedsrichter hier sogar angab? Hier gilt nur eines: Wolfsburg ist ein DFB-genehmer, finanzstarker Club, der in der Bundesliga bleiben soll – im Gegensatz zum FCSP. Also ist durch entsprechende DFB-Entscheidungen das gewünschte Ergebnis irgendwie herbeizuführen. Auch Hoyzer hatte schgon bewiesen, mit was für kleinen Entscheidungen man ein Spiel nach den eigenen Vorstellungen verlaufen lassen kann. Der DFB hat offensichtlich dazu gelernt. Leider auf eine Weise, die mir gar nicht gefallen will.
Wie man mit dem drohenden Geisterspiel umgehen kann, das zeigt aber auch, wie wunderbar die Fanszene des FCSP ist. Ob nun mit 20.000 Fans auf den Bunker, um das Millerntor herum oder sonstwie – http://www.spiegel.de/sport/fussball/0,1518,755876,00.html – einen deutlichen Protest nebst Unterstützung der Mannschaft wird es in jedem Fall geben. Das passende Bild zum Geisterspiel, von dem ich mich oben inspirieren ließ, findet sich hier: http://quotenrock.wordpress.com/2011/04/08/im-your-boogie-man-fcsp-darf-ich-dann-rein-dfb/ – eine geniale Idee vom Quotenrocker und mein Fundstück des Tages.
Feiern wir also eine Halloween-Party am (also drumherum, wenn schon nicht im) Millerntor http://metalust.wordpress.com/2011/04/07/wer-mit-den-geistern-spielt/, um den FCSP im Stadion zu unterstützen – nach Möglichkeit so laut, daß die Fangesänge über 90 Minuten im Stadion zu hören sind. Vielleicht überträgt der Verein ja wenigstens die Gesänge ins Stadion, das dürfte jedenfalls kaum gegen die Auflagen des DFB verstoßen und die Mannschaften über die Lautsprecher sicherlich unterstützen… 😉 Und der DFB bekommt dann sein verdientes Fett weg – der hat Saures verdient!
Noch ein kurzer Zwischenruf: der DFB steht aber in Deutschland nicht alleine da mit seiner mehr als angreifbaren Willkür zugunsten der Mächtigen – siehe dazu aktuell auch http://www.abendblatt.de/politik/deutschland/article1851031/Guttenbergs-Doktorspiele-ohne-strafrechtliche-Folgen.html. Wenn man den willfährigen Entscheidungsträger nicht auf die Finger klopft, dann machen die, was sie wollen – und zwar eindeutig zugunsten einer oben genannten Richtung. So nicht. Wer sich nicht wehrt, lebt verkehrt – und wir wehren uns mit unseren Mitteln!
Nun aber steht erstmal Leverkusen auf dem Programm. Möglich ist nach wie vor alles, und gerade jetzt rechnet wohl niemand mehr mit uns. Seltsamerweise fange ich gerade jetzt wieder an, an einen möglichen Klassenerhalt zu glauben. Weil es so schön unmöglich scheint. LET´S GO! FORZA SANKT PAULI!