Tja, so geht es denn mitunter im Fußball. Ein Grottenkick und mit einer einzigen gelungenen Standardsituation – umgekehrt könnte man auch sagen, ein einziger Fehler in der Abwehr – und schon fällt kurz vor dem Abpfiff das entscheidende Tor. Leider gegen uns. Bitter, diese Niederlage, gerade wenn man bedenkt, gegen wen wir jetzt noch so alles spielen und bei was für Gegner wir jetzt noch die Punkte holen müssen. Aber so ist halt Fußball und das konnte man an diesem Tag gut sehen. In mehr als einer Hinsicht, positiv wie negativ – wobei ich mit letzterem vor allem das Auftreten der Gästefans meine. Vielleicht noch bemerkenswert: schon vor dem ersten Pfiff spielte sich das meiste Erzählenswerte dieses Tages ab. Aber nun nochmal alles detaillerter…
Der Tag fing jedenfalls sehr gut an. So ein wunderschönes Wetter hebt jedenfalls die Laune, auch wenn die Gradzahlen nach wie vor so niedrig waren, daß man sich gehörig warm einpacken mußte, um den Tag überstehen zu können. Dafür entschädigte die wärmende Sonne, die nur so vom Himmel strahlte, für die fehlende Temperaturhöhe. Entsprechend gut gelaunt fand man sich schon lange vor dem Anpfiff rund um das Millerntor zu einer gemeinsamen Vorfreude auf das Spiel gegen Hannover 96 zusammen.
Die gute Beleuchtung durch das helle Tageslicht war für mich ein Grund, auch mal wieder den Eingangsbereich der neuen Haupttribüne näher in Augenschein zu nehmen. Schließlich berichte ich hier in meinem Blog seit längerem über jede einzelne Phase der Entstehung der nicht mehr so ganz nagelneuen, aber immer noch nicht fertig gestellten Haupttribüne. Das Piratennest, also die stadioneigene KiTa, ist von der Frontseite aus gesehen immer noch verhangen, das Mosaik also nach wie vor nicht vollständig einsehbar. Auch am Eingangsbereich selber hat sich am Baustellenlook noch nichts relevantes geändert, dafür wurde aber der Rundgang, der die Haupt und die Süd miteinander verbindet, fertiggestellt, was man aus dieser Perspektive besonders gut erkennen kann.
Solche aufwendigen Erforschungstätigkeiten machen natürlich durstig, da brauchte ich also erstmal ein schönes Astra. Und da dieses trotz der Temperaturen um den Gefrierpunkt, um es einmal optimistisch auszudrücken, ab besten eisgekühlt schmeckt, wurde das nach wie vor vorhandene Wintereis einfach einmal sinnvoll eingesetzt, wie man hier schön sehen kann. ^^
Doch da ich nicht allein wegen dem kühlen Naß ans Millerntor komme, führte mich mein Weg natürlich bald auch ins Stadion. Auf der Haupttribüne angekommen fielen mir gleich diese Tapeten ins Auge, eine wunderbare Danksagung an das siegreiche Team, den Derbysieger 2011.
Diese Danksagung war natürlich noch nicht alles, das ganze Millerntor war voll davon. Überall konnte das Auge die Dankeshymnen erblicken, mit denen unsere Helden für ihre tolle Leistung in der Vorstadt gebührend gefeiert wurden.
Haupt, Süd, Gegengerade und Nord – wohin das Auge blickte, konnte man die tiefe Dankbarkeit der St. Paulianer erkennen. Eine wunderschöne Aktion.
Wenn man einmal bedenkt, daß wir fast 34 Jahre auf einen Bundesligasieg gegen die Vostädter warten mußten, dann ist unsere Freude auch gut verständlich. Neben so vielen weiteren Gründen, die zu erklären ich einem FCSP-Anhänger sicher nicht brauche – uns allen ist klar, was dieser Erfolg bedeutet.
Spätestens durch diese Geste der Fans sollte es auch dem letzten Spieler im Kader, der das noch nicht wirklich begriffen hat, aufgegangen sein. Naja, okay, ich glaube nicht daran, daß dieses noch bei irgendeinem nötig gewesen wäre. Andererseits ist die Wichtigkeit dieses Sieges für die Fans etwas derart Augergewöhnliches, daß jegliche Form des Ausdrucks diesbezüglich gut tut. Und wie. ^^
Inwieweit die Spieler die Dankbarkeit der Fans beim Warmlaufen spüren konnten, vermag ich natürlich nicht im Einzelnen zu berichten – aber ich bin mir sicher, daß diese schöne Botschaft bei jedem Einzelnen angekommen ist.
Das ganze Millerntor war einfach nur voll von diesen schönes Spruchbändern, die besser als jedes Derby-T-Shirt zum Ausdruck bringen konnten, welchen Stellenwert dieser Erfolg hat und auch in Zukunft behalten wird. So etwas vergißt man schließlich nicht. Dieser Sieg wird nach dieser Saison sicherlich als DAS Highlight in Erinnerung bleiben. Ganz egal, auf welchem Tabellenplatz auch immer wir diese Spielzeit abschließen werden.
Ob nun „Auswärtssieg in Mordor“, „Derbysieger“, „Stadtmeister 2010/2011“ oder andere Freudesbotschaften – die Freude über den Auswärtserfolg in der Wieauchimmersieheißenmag-Arena ist und bleibt ungebrochen. Daran konnte auch die unsäglich schlechte Leistung gegen den BVB ein paar Tage danach nichts ändern. Und auch die Niederlage nach einem schwachen Spiel an diesem Tag nicht.
Ich könnte jetzt noch locker 20 weitere Bilder mit entsprechenden Transparenten bringen, denn es gab wirklich viel und überall zu sehen. Doch nehme ich dieses Photo mal als abschließendes Dankesbild, diese Ehre hat sich unser Bene auch verdient. Und seinen Jubel vergessen wir auch nicht.
Die Gäste an diesem Tag haben ihn ja auch im Kopf gehabt, wie man am dreifachen Bogenschützenjubel nach dem Schlußpfiff sehen konnte. Als Rollrasenverlegerversagerbesiegerbesieger konnten sich diese das ja auch in gewisser Hinsicht leisten. Stellt sich nur die Frage, ob der nächste Sieger gegen Hannover 96 diese Tradition fortsetzt? Ich würde schmunzeln.
Bevor bei diesen Bildern noch ein falscher Eindruck entsteht, möchte ich aber noch darauf hinweisen, daß es auch viele Jolly Rouge – Fahnen zu sehen gab. Diese nehme ich mal stellvertretend auf. Die Unterstützer der Sozialromantiker-Petition haben auch an diesem Tag deutlich auf sich aufmerksam gemacht. Doch die einzigartigen Dankeshymnen mußte ich hier natürlich besonders vorstellen.
Quasi als Übergang möchte ich dieses Lob hier nehmen, denn der Auswechselverteidiger Brückner, der uns ja noch aus Drittligazeiten wohlvertraut ist, war ja zurück in den Kader berufen worden aufgrund der Verletzungsmisere in der Abwehr. Innen waren wir mit Zambrano und Gunesch ja in Bestbesetzung unterwegs, wie ich finde – und der zusammen mit Volz erstmals spielende Kalla auf der Außenposition machte ebenfalls ein gutes Spiel, mehr noch, er war der Lichtblick an diesem Tag mit einer ausgezeichneten Leistung, so daß hinten eigentlich nicht die befürchteten Probleme zu sehen waren.
An unserer Abwehr lag es nicht, daß wir dieses Spiel verloren haben, auch wenn das Verteidigungsverhalten beim Gegentor ein Fehler war. Die eigentlichen Ausfälle waren aber eher auf den anderen Positionen zu sehen, Mittelfeld wie Angriff liefen einfach nicht wirklich rund. Sicherlich war der Rasen alles andere als gut – aber das Spiel nach vorn, so man das Gekicke denn überhaupt so nennen möchte, hat eine solche Ausrede beim besten Willen nicht verdient. Das können wir auch auf so einem Grund weitaus besser.
Weitaus besser als wir kamen die Gäste mit dem Boden jedenfalls auch nicht zurecht. Oder vielleicht sollte man darauf verweisen, daß die Mannschaften sich größtenteils gegenseitig neutralisierten. Naja, eher war es der unsagbar schlechte Schiedsrichter, der durch unsinnigste Entscheidungen das Spiel lähmte und viel zu spät gegen die teilweise sehr hart einsteigenden Niedersachen Gelb zeigte. Besonders störend war die eindeutige Benachteiligung unserer Mannschaft – wo bei Zweikämpfen, bei denen einer von uns zu Boden ging, weitergespielt wurde, pfiff er bei nahezu jedem kleinen Faller der Gäste fast immer einen Freistoß. Besonders Asamoah schien er auf den Kicker zu haben – da konnten noch so viele grenzwertige Aktionen im Zweikampf gegen ihn unternommen werden, sobald er versuchte dagegenzuhalten, kam sofort der Pfiff gegen ihn. Schon sehr auffällig. Aber das kennt man ja von Gagelmann. Die Note 4 bei Kicker ist mit der vorhandenen Begründung ein Witz: http://www.kicker.de/news/fussball/bundesliga/spieltag/1-bundesliga/2010-11/24/1013454/spielanalyse_fc-st-pauli-18_hannover-96-58.html. Irgendwie hatten wir alle geahnt, daß er noch kurz vor Schluß den Gästen durch eine fragwürdige Entscheidung zum Sieg verhelfen wurde – und seltsamerweise kam es ja auch genau so…
An den Ausfällen lag es ja wie schon geschrieben nicht, daß wir dieses Spiel nicht gewinnen konnten. Doch das ändert nichts daran, daß die Verletzten uns fehlen und wir ihnen natürlich alle auch eine baldige Genesung wünschen. Dies gilt nicht nur für unseren „Capitano“ Morena, sondern natürlich auch für den ausgeliehenen Spieler Oczipka, der ja womöglich und voraussichtlich gar nicht mehr für uns auflaufen kann.
Die Genesungswünsche an Oczipka konnten ja bereits im Oldtras-Interview in der Stadionzeitung gelesen werden http://fcstpauli.com/pics/download/1_1298541254/Viva_Hannover_web.pdf. Immer wieder schön, den Einsatz der Oldtras auf der Haupt miterleben zu können. Und damit meine ich nicht nur die Blumenkästen oder Fahnen, sondern auch das Aufstehen und Anpeitschen der umsitzenden Zuschauer, was bei entsprechenden Gelegenheiten des öfteren während eines Spieles vorkommt. Auch dafür, was von weiter weg wohl kaum wahrgenommen wird, hier mal mein Dank. Die Stimmung auf der Haupt braucht jeden Funken zum Entzünden. Dann wird sie ja auch laut, wie man ab und an erleben kann.
In Sachen Choreos hatte sich die Nord an diesem Spieltag etwas schönes einfallen lassen. Viele Fahnen in Braun, Weiß und Rot zusammen mit Konfetti und weiteren Insignien der Hingabe an den Verein konnten die Spieler beim Einlaufen in Richtung Nord vor sich erblicken.
Aber auch auf den anderen Tribünen war die Freude auf das Spiel und die sichtbare Unterstützung der Mannschaft deutlich zu erkennen. Wie eben auch das Rot des Jolly Rouge, welches allüberall verteilt am Millerntor erkennbar war. Und auch in Zukunft bleiben wird. Übrigens ist vor dem Spiel in der Zeitschrift „Konkret“ ein Artikel über die Bring Back Sankt Pauli – Geschichte erschienen, worauf mich Momorulez hinwies und auch in seinem Blog informativ aufgearbeitet hat: http://metalust.wordpress.com/2011/02/25/vorschau-hannover-2/ – wer mehr darüber lesen will, sollte sich das aktuelle Heft am Kiosk ansehen.
Auch die Süd hatte sich wieder eine wunderschöne Choreo ausgedacht. Die braun-weißen Fahnen, die schon beim Derbysieg in der Wieauchimmersieheißenmag-Arena so eindrucksvoll zum Einsatz kamen (ich warte übrigens immer noch auf eine Freigabe dieser Bilder, damit ich sie in meinem Blog zeigen kann), bedeckten die untere Hälfte der Südtribüne zusammen mit einer der Gänsehautzeilen aus dem einzigartigen Liebeslied an den FCSP von Thees Ulmann http://www.youtube.com/watch?v=9FrLrhWiS6Y.
Wieder einmal ein Tag, an dem man gar nicht oft genug in alle Richtungen gleichzeitig beim Auflaufen der Mannschaft schauen konnte.
Die Stimmung war jedenfalls wieder wunderbar und die Hölle von St. Pauli wartete begierig auf die beiden Mannschaften.
Mit dem Höllengeläut explodierte wieder einmal das ganze Stadion.
Fahnen und Konfettiregen von der Nord – aus der Entfernung leider nur sehr schwer mit der Kamera einzufangen, sah aber sehr schön aus.
Das war jedenfalls wieder ganz großes Kino, was man da im Millerntor sehen konnte. Von den Heimfans.
All die Bilder hier sind nur eine Auswahl meiner ganzen Bilder und auch diese sind schon nur ein Bruchteil dessen, was es überall zu sehen gab.
Laut war es jedenfalls von allen Seiten her.
Dies änderte sich natürlich schlagartig aufgrund des aktuellen und traurigen Anlasses – http://mobil.abendblatt.de/sport/fussball/st-pauli/article1798137/Ernst-Schacht-verstorben.html;jsessionid=MFWpxBiIi9ITxm-IabkqFQ**. Bei Gedenkminute für unseren verstorbenen Ex-Präsidenten zeigte sich leider die äußerst häßliche Seite der Gäste, die sich erblödeten, dauerhaft und lautstark mit „Sch… St. Pauli“-Rufen die Stille auszunutzen. Wie peinlich kann man sein? So tief muß man erst einmal sinken.
Das war dann auch der Startschuß für das schlimme Verhalten der Gästefans, die sich im Laufe der 90 Minuten daneben benahmen, wie wohl selten ein Verein vorher hier am Millerntor. Die ersten Pyro-Aktionen hier waren noch das geringste Übel – meine Meinung zu solchen Feuerwerksaktionen in einem gefüllten Block will ich dabei gar nicht erst erörtern.
Kurz nach dem Beginn der Zündeleien kam es nämlich noch zu weiteren, weitaus drastischeren Szenen, als Fahnenstangen zu Wurfgeschossen auf Ordnern mutierten und noch ganz andere Dinge flogen. Die eingreifenden Ordner wurden sodann auch noch handgreiflich angegangen, wobei wiederum auch Fahnenstangen benutzt wurden, um auf die Ordner einzuschlagen. http://mobil.abendblatt.de/sport/fussball/st-pauli/article1798864/Erschreckend-Fans-pruegeln-auf-Ordnungskraefte-ein.html.
Nachdem die Ordner den Block wieder verlassen haben, wurde gleich weiter gezündelt. Und auch die Würfe mit Gegenständen auf die Ordner hörten nicht auf. Das hatte mit einem etwaigen Gefühl der Panik und einer Eskalation aufgrund eines Einsatzes nichts zu tun. Allgemein ging von den Gästen eine Gewalt aus, die nicht nur im Gästeblock wahrzunehmen war. Wie von dort aus Hannover-Anhänger auf den Bereich vor die Haupttribüne kommen konnten, kann ich hier nicht beurteilen, wohl aber habe ich die blutigen Gesichter der verletzten FCSP-Fans sehen müssen und wie die Aggressoren aus Niedersachsen von Ordnungskräften abgeführt wurden. Auch eine vollkommen friedlich wirkende junge Frau in FCSP-Kluft mußte ich nach dem Abpfiff mit blutiger, hoffentlich nicht gebrochener Nase von Sanitätern begleitet aus dem Stadion gebracht mitansehen. Was allgemein die Frage aufwirft, ob man bei Sicherheitsspielen, wenn man schon Gäste in den Heimbereich einläßt, diese nicht besser im Auge behalten sollte. Solche Hooligans gehören einfach nicht in ein Fußballstadion und erst recht möchte man diese nicht unmittelbar neben sich am Millerntor haben.
Die Polizei hielt sich lange mit einem Eingreifen zurück, als das Pyro-Abfackeln und Bewerfen der Ordner nicht aufhörte, rückten sie dann aber doch ein und drangen in den Block vor. Wie man mit solchen Aktionen dafür Werbung machen will, daß Pyro in Fußballstadien abgefackelt werden sollen, kann ich beim besten Willen nicht begreifen.
Und dieser Verein will die Bundesliga in Europa im nächsten Jahr repräsentieren? Na, gute Nacht. Da kann man nur hoffen, daß sie ausscheiden, bevor sie auf so hochgeschätzte Freunde aus Glasgow treffen…
Die drei Punkte haben wir ihnen an diesem Tag jedenfalls nahezu geschenkt. Okay, vielleicht sollte man das Geschenk eher dem Schiedsrichter ankreiden, der ja den Freistoß völlig zu Unrecht ihnen zusprach, der zur Ecke und dem anschließenden Tor führte. Aber von uns kam auch viel zu wenig zurück. Ausgerechnet von Kalla kam der vielleicht einzige Schuß auf das gegnerische Tor. Die anderen Bälle gingen eher meilenweit daneben. Auf bei Freistößen – was mit Sicherheit nicht am Platz gelegen hat. Die Ausrede kann man wirklich knicken.
Wir haben aber trotzdem noch guten Grund zum Lachen. Einerseits ist das bislang Erreichte ja nach wie vor eine gute Ausgangsgrundlage für einen Klassenerhalt, andererseits war auch die Bring Back Sankt Pauli – Unterstützung derart deutlich, daß für mich klar ist, daß dieser Kampf für uns nicht verloren gehen wird. Ob nun 1. oder 2. Liga – der Erhalt des Vereins ist schließlich wichtiger. Wobei ich gerne auch weiterhin in der höchsten Deutschen Spielklasse die Ligaspiele sehen möchte.
Nach dem Spiel ging es dann für mich noch kurz zur Domschänke, wo das Spiel kurz analysiert und mit einem Astra fortgespült wurde. Die herumflitzenden Blaulichtgefährte haben dabei nicht gerade den Eindruck vermittelt, daß die Gäste den Sieg auf friedliche Weise feiern würden – aber Probleme habe ich keine weiteren mehr erleben müssen. Für mich ging es dann auch schnell weiter nach Hause, was aber auch bei einem Sieg von uns nicht anders ausgefallen wäre. Man hat ja noch ein Leben neben dem FCSP, auch wenn das manchmal untergeht. 😉