Gewiss, gerade das letzte Spiel war ernüchternd und auch die Ergebnisse davor haben nicht dazu beigetragen, die Stimmung zu optimieren. Dennoch, daß so viele Stimmen vor dem Spiel gegen Heidenheim mit minimaler bis keiner Motivation erklangen zusammen mit Erwartungen an ein negatives Ergebnis, das war dann schon erschreckend. Wir müssen am Ende den Klassenkampf auf allen Ebenen annehmen, was den Rasen und die Tribünen mit einschließt. Wir brauchen den Willen, etwas zum Positiven zu verändern. Auf dem Rasen und auf den Tribünen. Einen ersten Schritt hat die Mannschaft an diesem Tag getan. Daß es dennoch ein langer Weg werden wird, das war ebenso wieder sehr deutlich geworden. Ohne eine Nachbesserung in der rasch nahenden Winterpause dürfte es sehr schwer werden.
Erschwert war an diesem Abendspiel auch der Zugang zum Millerntor. Entweder über die Süd oder aber direkt von der U3 St. Pauli mußte der Weg zur Gegengeraden angetreten werden. Und auch die Anfahrt des Mannschaftsbusses und anderer Fahrzeuge sollte sich später als nicht so einfach herausstellen.
Vor dem Spiel hieß es aber erst einmal ein paar schöne Momente mit lieben Menschen mitzunehmen.
Und natürlich ein paar Kaltgetränke. Auf St. Pauli!
Ja, der FCSP hat schon bessere Zeiten gesehen. Vieles wirkt aktuell etwas farblos an unserem Spiel, so wie das Wappen vor der Süd. Aber auch hier wird es bald zu positiver Veränderung kommen. Es wird halt daran gearbeitet.
Und auch die Fans haben an diesem Abend gezeigt, daß sie mehr wollten als die Spiele davor. Auch von sich selbst. Die Lautstärke war noch lange nicht da, wo wir sie haben wollen, aber es war definitiv ein Schritt nach vorn.
Davor stand allerdings erst einmal die Herausforderung, überhaupt ins Stadion zu kommen. Sehr lange Schlangen vor allen Eingängen ließen wenig Lust darauf aufkommen, noch länger vor dem Millerntor zu verweilen. Also gleich anstellen und rein.
Keine Ahnung, warum es an diesem Abend solch lange Schlangen gab, es lief trotzdem alles gut organisiert ab und nach einer entsprechenden Zeit war der Einlaß auch geschafft.
Ein kurzer Abstecher noch, nicht am Getränkestand, dafür aber beim veganen Stand, diesmal nur für ein wenig Süßkram – bei der späten Stunde war die Sättigung halt schon vorhanden.
Schön zu sehen, daß die ihr Angebot immer weiter ausbauen. Weiteres ist auch schon geplant. Hoffen wir auf eine entsprechende Umsetzung. Es braucht einfach ein größeres veganes Angebot im Stadion!
Am Platz angekommen war dann das Erstaunen ob des doch recht leeren Stadions erst einmal groß nach den langen Schlangen. Es sollte sich aber rasch füllen. War ja schließlich ausverkauft.
Ganz groß die Tapete vor dem USP Banner auf der Süd. Weil es einfach wichtig ist. Wer die mutigen Kämpfe im Iran nicht mitbekommen haben sollte: https://www.zdf.de/nachrichten/politik/iran-protest-frauen-100.html.
Besonders beeindruckend ist dabei gerade der Mut der Frauen im Iran, ausführlicher dazu https://www.zeit.de/zeit-magazin/leben/2022-10/iran-demonstrationen-mahsa-amini-polizeigewalt sowie https://taz.de/Gewalt-an-der-Sharif-Universitaet/!5885192/.
Mutig aufspielen war auch an diesem Tag gefragt, gerade nach der Reihe an Spielen ohne Dreier. Daß es auch heute nicht reichen sollte, hat diese Negativserie zwar weiter ausgebaut, die Art und Weise des Auftretens an diesem Spieltag hat aber wieder mehr Mut gemacht.
Was eben auch die Tribünen mit einschließt. Von der Südkurve kam natürlich wieder viel Power, aber auch die Gegengerade und die Nord haben sich heute wieder stärker beteiligt. Und der Funke schien auch das Spielfeld zu erreichen. Auch wenn es eben nicht zu einem Tor am Ende reichen sollte (wenige Worte hier zum Schiri – eine klare Rote gegen die Gäste hätte er geben müssen, das hätte das Spiel früh in eine andere Richtung gelenkt – aber es passierte halt nicht).
Die ersten Minuten gehörten dabei den Gästen, die enormen Druck machten und vielleicht die ersten 10 Minuten fast allein das Spiel bestimmten. Wir erhielten kaum den Ball, meist nur weil wir den Ball ins Aus erzwingen konnten, verloren ihn aber fast anschließend gleich wieder. Da mußten wir uns erst finden. Aber das gelang mit laufender Spielzeit dann auch immer besser.
Trotzdem waren es gerade die Einwürfe, die sehr vielsagend waren, gerade in der Anfangszeit. Wenn uns einer zugestanden wurde, rannten sogleich mehrere Heidenheimer zum Ort des Geschehens, während von uns nur wenige Spieler langsam Richtung Einwerfenden trabten. Und so dauerte es immer extrem lange, bis der Einwurf dann auch mangels Anwurfmöglichkeit ausgeführt wurde – und dann der Ball auch schnell wieder weg war. Ja, das änderte sich immer mehr, als die Mannschaft den Kampf an diesem Tag auch immer mehr annahm. Warum sie dafür aber so lange brauchte, das sollte dann doch intern noch aufgearbeitet werden.
Auch der Aufbau war etwas fraglich. Zumeist lief der Ball in einem Dreieck zwischen den beiden Innenverteidigern Nemeth und Medic sowie unserem Torhüter Vasilj hin und her, während drei Heidenheimer auf einer Linie Pässe nach vorne verhinderten und durch Druck auf den Ballführenden meist nur einen nicht ungefährlichen Pass zur Seite oder zum Torwart erzwangen – oder aber einen wilderen Ball nach vorn, der oft abgefangen wurde. Warum hier so viele von uns weit vorn standen und auch im Mittelfeld alle nur durch dichte Deckung aus dem Spiel genommen waren und sich trotzdem nicht zum Ball hin bewegten, das hatte mich dann doch lange Zeit gewundert. Aber es sollte im Lauf des Spiels auch da immer besser werden.
Auffällig das starke Spiel von Saliakas an diesem Tag. Und vor allem auch Aremu neben Smith machte ein äußerst starkes Spiel. Der Paqarada-Ersatz Ritzka machte ebenfalls ein ordentliches Spiel. Medic zudem ein wirklich gutes, er hatte auch diverse Chancen vorne im Sturm, wurde bei Ecken auch in Doppeldeckung genommen, was wohl mehr über unseren Sturm aussagt, als uns lieb sein sollte.
Und, nein, es ist kein Zufall, daß ich hier nur über defensive Spieler spreche. Unsere Defensive war heute gut. Das Problem war dann weiter vorn. Die Ungefährlichkeit unserer Stürmer war nahezu niederschmetternd. Nicht, daß sie sich nicht bemüht hätten. Aber wenn ein Amenyido frei von einer Seite aufs Tor zuläuft und den Ball am Torwart in die lange Ecke spitzeln will – und er dabei fast parallel zur Auslinie den Ball zur Seite haut, dann ist das wirklich extrem unglücklich. Oder Eggestein mit einem möglichen Konter, sehr schön angespielt, ohne Gegenspieler vor sich aufs Tor zuläuft, dabei aber den Ball nicht unter Kontrolle bekommt und so problemlos eingeholt und gestoppt werden kann, dann wure halt nur wieder deutlich, daß wir nicht den Sturm haben, den wir brauchen, um in dieser Saison in dieser Liga bestehen zu können.
Sicher kann es noch besser werden. Ab und an haben diese Stürmer ja auch schon gezeigt, daß sie mehr können. Aber es sind so viele Ungenauigkeiten im wichtigen Moment, daß der Glaube, daß es ohne einen starken Stürmer an deren Seite noch besser wird, nahezu auf Null bei mir und vielen anderen gesunken ist. Hier wollte Bornemann ja schon vor der Saison nachlegen, es hat sich aus finanziellen Gründen leider nicht als machbar erwiesen. Der Druck dürfte nun stärker geworden sein und Abhilfe um so nötiger. Aber nicht ein weiterer Hoffnungsträger, sondern ein Stürmer, der auch wirklich als Torgarant, soweit dies überhaupt möglich ist, zu uns kommt.
So ab der 60 Minute entwickelte sich das Spiel immer aufregender, ein Tor lag auf beiden Seiten in der Luft, es sollte aber am Ende bei einem hochgefährlichen Lattenknaller der Gäste und bei einem auf der Linie von einem Verteidiger geklärten Schuß von Matanovic in der Nachspielzeit bleiben. Und damit eben bei einem torlosen Unentschieden.
Dies ist angesichts der tabellarischen Situation kein Fortschritt für uns, doch nimmt mensch das letzte Spiel zum Maßstab, dann war das ein wichtiger und verdienter Punkt gegen eine starke Mannschaft. Darauf gilt es aufzubauen – vor allem aber, sich zu steigern. Und auch auf den Rängen. Forza St. Pauli!
Mehr zum Spiel in meinem twitter-live-thread https://threadreaderapp.com/thread/1576133882147393536.html sowie
https://millernton.de/2022/10/02/fc-st-pauli-1-fc-heidenheim-00-frosser-krampf/
https://www.magischerfc.de/2022/10/was-schreibt-man-jetzt/
http://beebleblox.blogspot.com/2022/10/uberall-ist-meckerecke.html
https://www.stefangroenveld.de/2022/umkaempftes-unentschieden/