#FCSP sagt Nein zum DFL-Papier „Sicheres Stadionerlebnis“ – überwiegend zumindest…

Dem von Herrn Stenger miterarbeitete Papier der DFL – siehe http://kleinertod.wordpress.com/2012/10/15/sicheres-stadionerlebnis-stellungnahme-der-desorganisierten-sankt-pauli-dsp-fcsp/ – wurde nach Rücksprache mit der Fanszene, dem Aufsichtsrat, Fanladen und einigen anderen im Verein nun doch offiziell eine Absage erteilt: http://www.fcstpauli.com/data/news/verein/home_page/praesidium/dfl_sicherheitspapier. Die Stellungnahme des FCSP liest sich dabei alles andere als eindeutig, wenige Worte scheinen eher die innere Zerrissenheit als eine klare Richtlinie, wie sich der Verein nun weiterhin präsentieren wird, aufzuzeigen – so wird von einer mehrheitlichen Entscheidung und einem offensichtlich enttäuschten und aus der für das Papier verantwortlichen „Kommission Sicherheit“ sich zurückziehenden Herrn Stenger berichtet, der sich lieber etwas anderes gewünscht hätte. Ob der FCSP am 12.12. nun dem Papier trotzdem zustimmen oder es ablehnen wird, läßt sich konkret aus dieser Stellungnahme auch noch nicht entnehmen.

Wie eine deutliche Ablehnung geht, das hat der 1. FC Union Berlin wunderbar und ausführlich vorgemacht – leider noch wenig von den Medien beachtet, doch im Netz kann dafür aber sehr schön fündig werden: http://www.turus.net/sport/6977-sicheres-stadionerlebnis-finaler-schlag-des-dfb-gegen-ultras-und-fankultur.html. Hier wird schließlich das Papier, wie auch bei den Stellungnahmen diverser Fansclubs nicht nur beim FCSP, im Detail zerlegt und dabei auch noch mit Akribie und Belegen die entsprechende Kritik belegt. Nachtrag: die Medien kommen nun in Fahrt: http://www.kicker.de/news/fussball/2bundesliga/startseite/576456/artikel_union-und-st-pauli-auf-konfrontationskurs.html und sogar die MoPo, dort nachlesen.

In der Stellungnahme unseres Vereins steht nur etwas von einer mehrheitlichen Ablehnung, und daß „vor allem“ die Grundthese des DFL Papieres, daß es beim Fußball immer schlimmer werden würde, empirisch nicht belegt wurde. Auch die Eisernen hatten diesen Punkt gebracht, dort aber deutlich aufgezeigt, daß das Gegenteil der Fall ist und nur die Darstellung in den Medien eine andere ist, worauf DFB und DFL hätten aufklärend einwirken müssen – was als solches schonmal ein krasser Gegensatz ist. Bei den Worten des FCSP klingt es fast so, als müßte nur noch kurz ein Beleg für den Anstieg der Gewalt beim Fußball in Form einer Statistik beigebracht werden und schon könnte man problemlos dem Papier zustimmen.

Auch der nachfolgende Satz, daß man die Fans mit in die Diskussion einbeziehen müßte, WIE man ein „noch sichere(re)s Stadionerlebnis“ erreichen könnte, schwingt eher die Akzeptanz dessen, daß Handlungsbedarf in dieser Richtung vorliegen würde, mit, als daß dieses subjektive Gefühl hinterfragt oder auch nur die ganzen Maßnahmen aus den unterschiedlichsten Gründen abgelehnt werden würden. Auch hier hatten die Eisernen mit deutlichen und fundierten Worten ausgeführt, was genau warum untragbar ist. Und als ZUSÄTZLICHEN Punkt angeführt, daß die Fans zu beteiligen sind. Die Beteiligung, wie sie hier – beim FCSP – anklingt, hat wenig von einem Gespräch auf Augenhöhe zwischen DFL, Clubs und Fans.

Nun, wenigstens werden diese Punkte überhaupt genannt und im Ergebnis von einer Ablehnung geschrieben. Aber eben leider auch nur von einer mehrheitlichen. Zusammen mit der Enttäuschung des Herrn Stenger wirkt dies wie ein Statement, daß er von Andersdenkenden im Verein leider überstimmt worden wäre, wobei er sich darüberhinaus auch gezwungen sehe – aus welchen Gründen auch immer – aus der „Kommission Sicherheit“ auszutreten. Da fragt man sich doch, wen genau Herr Stenger bislang zu vertreten glaubte – die DFL oder den Verein – und wo er dabei die Fanszene verortet – außerhalb des Vereines gar? Diese Worte haben eher etwas von der abweichenden Meinung eines Richters bei einem Urteil, der sich von dem mehrheitlichen Ergebnis trotzdem nochmal abgrenzen möchte – auch in der Hoffnung, daß in Zukunft bei einer ähnlichen Entscheidung die so umrissende Gegenposition eingenommen wird.

Äußerst seltsam wird es in der dargebotenen Kürze, wenn von einem „Fußballstrafrecht“ geschrieben wird, und es darum gehen müsse, dieses zu „konkretisieren“, und dabei „stärker zu differenzieren und mit klassischen Strafrechtgrundsätzen zu synchronisieren“. Hier stellen sich mehr als nur ein paar grundsätzliche Fragen. Beispielsweise, welches „Fußballstrafrecht“ hier gemeint sei. Strafrecht als solches ist ja ein klares Gebiet, aber von einem „Fußballstrafrecht“ habe ich noch nie gehört. Soll hier etwa allein gemeint sein, daß der Strafkatalog des DFB gegenüber den Vereinen präziser gefaßt werden soll und rechtstaatliche Grundsätze (auch das nulla poena sine lege Prinzip) endlich dabei berücksichtigt werden sollen? In diesem Sinne könnte ich gut damit leben. Aber wenn man sich das DFL Papier durchgelesen hat, wo ja gerade auch von einer Bestrafung der Fans die rede ist und der DFB jetzt auch in die gleiche Kerbe haut – siehe http://www.magischerfc.de/wordpress/?p=6678 – dann muß man sich leider überlegen, ob mit diesem „Fußballstrafrecht“ nicht doch auch der Fußballfan gemeint und davon betroffen sein soll – diesen Wahnvorstellungen in den DFL und DFB Papieren ist aber aus rechtlicher Sicht bereits eine klare Absage zu erteilen. Einen Fußballstrafgerichtshof, wo der DFB oder die DFL gegen Fans Urteile sprechen kann, darf es aus Prinzip schon nicht geben – denn der DFB oder die DFL haben einfach keine Strafgewalt, die hat allein der Staat über die Strafgerichte.

Alles in allem ist diese Stellungnahme nicht der erhoffte Befreiungsschlag, auch wenn die Richtung als solche – eine Ablehnung des DFL Arbeitspapieres – definitiv stimmt. Doch leider hat sich Herr Stenger auch hier nicht als Vertreter der Fanszene präsentiert. Kein Wunder, daß nun deutliche Worte fallen: http://dingediedasind.blogsport.de/2012/10/18/einen-schritt-voran-oder-zurueck/ und http://stpauli.nu/germany-bundesliga/stellungnahme-zum-dfl-papier-sicheres-stadionerlebnis-gernot-stenger-macht-die-beleidigte-leberwurst-fail für den Anfang, weitere Blogstimmen wie meine hier werden sicher bald folgen und verlinkt werden: http://undichwarjung.wordpress.com/2012/10/18/stellungnahme-des-fcsp-prasidiums-zum-dfl-papier-sicheres-stadionerlebnis/. Sehr informativ und gewohnt aussagekräftig: http://basch.blogsport.de/2012/10/18/mangelndes-problembewusstsein/.

Es gibt also nach wie vor allen Grund, sich über dieses nach wie vor nicht aus der Welt katapultierte Papier „Sicheres Stadionerlebnis“ auszutauschen – der Zeckensalon hat hier aufgerufen: http://zeckensalon.blogsport.de/2012/10/18/zeckensalon-26-10-20h-gegen-sicherheits-wahn/ am 26.10. – schade, daß ich an diesem Tag wieder einmal terminlich verhindert bin, aber wer dorthin geht, kann mir sehr gern von dem Treffen berichten.

Nachtrag: http://www.berliner-kurier.de/1–fc-union/unions-dfl-attacke-bundesliga-postet–gefaellt-mir,7168992,20656042.html zeigt auf, daß zwar auch bei anderen Vereinen Widerspruch von den Fanlagern kommt und darum gerungen wird, daß der dortige Verein das Papier ablehnt – gleichwohl soll ein „Endprodukt“ am 12.12. beschlossen werden – was eine klare Absage an jeglichen Kompromiß oder einer auch nur minimalen Abweichung von dem Arbeitspapier darstellt. Das Hamburger Abendblatt zitiert die DFL-Spitze sogar noch weitergehend und verdammt schon mal alle Vereine, die „zulasten der Solidargemeinschaft“ vor ihren Fanszenen kuschen. Deutlicher kann man ja gar nicht zum Ausdruck bringen, daß man an demokratischer Meinungsfindung überhaupt kein Interesse hat, sondern daß es sich um eine Entscheidung von oben handeln soll. Es liegt nun an allen Vereinen und deren Fanszenen, hier für weitere Abweichler von der vorgefertigten Schiene zu sorgen, damit die Mehrheit nicht wie von der DFL als Hausaufgabe den Vereinen diktiert zustande kommt. Die Hoffnung stirbt zuletzt.

In die gleiche Kerbe schlägt auch die Äußerung des DFL Mediensprechers, nachzulesen auf http://www.neues-deutschland.de/artikel/801739.sicheres-stadionerlebnis.html, daß die Vereine „aufpassen“ sollten, „vor welchen Wagen“ sie sich „spannen lasse(n)“. Mit anderen Worten: der Logik der Vermarktung folgen ist gut, der Logik der Gegenargumente von Fanseite folgen ist schlecht. Sagt eigentlich alles aus. Gerade bei den vorgetragenen Gegenargumenten, die MIT GESETZEN UND RECHTEN argumentieren, ist so eine Antwort äußerst aussagekräftig. Und sollte umso mehr ein Ansporn für alle sein, dieses unerträgliche Papier zu verhindern.

Nachtrag vom 19.10.: der Ständige Fanausschuß hat via Fanclubsprecherrat sich nun auch zum Thema geäußert und eine eigene Stellungnahme abgegeben, siehe http://www.fanclubsprecherrat.de/site/?p=402. Die nach der Lektüre der Stellungnahme auf der Vereinsseite gezogenen Schlüsse erweisen sich damit als zutreffend und zeigt die Spaltung zwischen Vereinsführung und dem Rest des Vereins sowie der Fanszene auf. Einerseits ist es schon, ausgerechnet bei diesem Thema, einfach nur unglaublich, daß die Vereinsführung zuerst Vertreter der Fanszene gar nicht an den Gesprächen teilnehmen lassen wollte und es hierzu erst das Einwirken des Fanladens, des Aufsichtsrates und der AFM bedurfte. Andererseits wird nicht nur deutlich ausgesprochen, daß das Präsidium und die Vereinsführung das DFL Arbeitspapier mittragen wollten – was über deren Abstimmungsverhalten allerdings am Ende der Diskussion noch nichts aussagt – sondern auch, daß das Präsidium keine gemeinsame Erklärung abgeben wollte und stattdessen eine eigene, nicht von allen geteilte Sicht der Dinge nach außen kommuniziert hat. Hier werden vorhandene Gräben offensichtlich, an deren Überwindung die Vereinsführung offensichtlich kein Interesse hat – was die Frage aufwirft, wie man mit einem Präsidium in Zukunft umgehen will, welches sich von der Fanszene und dem Rest des Vereines selber distanziert.

Wichtig ist und bleibt aber auch weiterhin, daß das Arbeitspapier der DFL verhindert wird. Andere Vereine scheinen sich immer deutlicher zu bewegen und zwar in die richtige Richtung: http://www.fck.de/de/aktuell/news/details/article/10307-stellungnahme-zum-konzept-sicheres-stadionerlebnis.html und http://www.sc1907.de/index.php?option=com_content&view=article&id=368:der-sc1907-stimmt-dem-dfl-sicherheitspapier-nicht-zu&catid=1:aktuelle-news&Itemid=41 sind aber auch noch keine endgültigen Stellungnahmen. Ebenso http://www.nordwestkurve.net/index.php?view=article&catid=1:aktuelle-nachrichten&id=79:-kurzinfo-zum-fanbeirat-dfl-papier-sicheres-stadionerlebnis-&format=pdf sowie http://www.sport1.de/de/fussball/fussball_bundesliga/newspage_627325.html – und beim BVB wird der Verein trotz des Widerstands der Fanszene zustimmen: http://www.fankultur.com/kurve/fanorganisation/item/791-bvb-fanklub-vorsitzender-tritt-zurueck. Fortuna Düsseldorf will am Montag mit einer ausführlichen Erklärung an die Öffentlichkeit, die vermutlich ebenfalls eine Ablehnung des DFL Papiers beinhaltet. Von anderen Vereinen weiß ich noch nichts, es sollen aber noch andere dazukommen: http://orig.sportschau.de/fussball/allgemein/interviewzingler100.html. Noch ist alles offen. Warten wir es ab und hoffen wir weiter.

For the english readers: http://ostklassiker.wordpress.com/2012/10/19/the-safe-stadium-experience/.

Weiter geht es hier: http://kleinertod.wordpress.com/2012/10/22/fcsp-und-naki-eine-liebe-und-ein-unentschieden-ohne-sicherheit/.