#Gegengerade – der große Abschied – #FCSP gegen Paderborn

Auch nur annähernd die Gefühle zu beschreiben, die die erdrückende Mehrheit der Fans des FCSP bei diesem Abschied von der Keimzelle des in den 80ern neugeborenen FC St. Pauli am gestrigen Sonntag hatten, wird in diesem Blogbeitrag gar nicht erst versucht werden. Lange konnte man sich auf dieses Ereignis vorbereiten und doch war es bis zuletzt nicht wirklich vorstellbar – nun also sollte der Abschied da sein von der Gegengeraden, des dauernden Provisoriums am Millerntor. Lediglich ein kleines Fußballwunder, welches uns durch einen Sieg gegen Paderborn bei gleichzeitiger Niederlage von Düsseldorf uns an diesen beiden Mannschaften noch vorbei auf den Relegationsplatz katapultieren könnte, setzte noch ein kleines, wenn auch nur kurzfristiges Fragezeichen hinter diesen bevorstehenden Abschied, der dadurch ja auch nur um ein weiteres Heimspiel aufgeschoben worden wäre. Kam ja nicht so, dafür sind aber wieder auch eine Menge anderer Dinge vorgefallen. Die Frage, die sich für jeden im Staion stellte, war die nach einem persönlichen Abschied von der altehrwürdigen Bruchbude Tribüne. Ich habe hier meine Methode gewählt und bin am Samstag, den Tag vor dem Spiel, mit der Kamera zum Millerntor gefahren und habe noch ein paar Bilder von der Gegengeraden eingefangen, die nun zusammen mit dem letzten Spieltag der Saison präsentiert werden.

Schon vor dem offiziellen Abriß war der Eindruck eher der einer Baustelle denn einer noch in Funktion befindlichen Tribüne.

Hinein konnte man am Samstag noch mit einer Stadionführung gehen – wohl das letzte mal, diesen Ort so zu besuchen.

Darunter hindurch konnte man aber auch so gelangen. Da fährt ja die U-Bahn lang.

Und drumherum.

Irgendwie weiß man es ja schon lange und hat es auch längst akzeptiert – und doch fällt es schwer zu glauben, daß dieser altbekannte Anblick bald nicht mehr sein soll.

Der Charme der alten Konstruktion ist so überholt wie einzigartig.

Meine ersten Jahre am Millerntor habe ich hier verbracht, wie so viele andere eben auch.

Es war seltsam, wie die Süd abgerissen wurde.

Zuvor war ja schon ewig über einen Neubau des Millerntors geredet und geschrieben worden, da hatte man ja fast nicht mehr daran glauben können, daß es tatsächlich irgendwann passieren würde.

Wie bei vielen anderen war meine erste Heimat am Millerntor die Gegengerade. Damals, in den späten 80ern. Und die prägendste.

Als die Süd ging, da war es nur eher ein seltsames Gefühl, aber noch lange nicht das, was später auf der Haupt folgen sollte.

Auf der Haupt war ich zu der Zeit ja im wahrsten Sinne des Wortes seßhaft geworden.

Und doch sind die Wurzeln hier geblieben. Wie auch bei vielen anderen, die zur Süd, zur Nord, oder ebenfalls zur Haupt gewechselt sind im Laufe der Jahre. Man vergißt das ja trotzdem nie.

Die alte Haupt war zwar in vielerlei Hinsicht auch weit vom Komfort der Neuzeit entfernt, doch konnte man es dort wunderbar aushalten.

Das gilt allerdings ja auch für die Gegengerade. Auf ganz andere Weise allerdings.

Auf der Gegengerade ist es hier noch um ein vielfaches provisorischer geblieben als es dort auf der gegenüberliegenden Seite mal war.

Gerade dieses Unvollkommene hatte seinen besonderen Reiz und erleichterte das Heimisch-Fühlen enorm. All das provisorische hatte halt den Charm des natürlich-gewachsenen.

Und auf der Gegengeraden galt das immer mehr als anderswo am Millerntor. Der ganze Sand ist eben auch weitaus griffiger und wärmer als der Nullachtfünfzehn-grau-kalte Einheitsbeton.

Wenigstens die mit den Abriß beschäftigten Personen dürften sich über den ganzen Sand freuen, der deutlich leichter zu bewegen sein dürfte als andere Baustoffe…

An den Anblick der alten Tribüne hatte man sich genauso gewöhnt wie an den Hochbunker.

Der Abschied war gekommen. http://www.stpaulinu.de/germany-bundesliga/farewell-gegengerade

Wie es weitergeht, kann man hier entnehmen: http://www.fcstpauli.com/magazin/artikel.php?artikel=11385&type=&menuid=57&topmenu=112 DANKE an AG Stadionbau.

Daß es aber so chaotisch enden sollte an diesen Toren, das konnte man der Vereinsseite nicht entnehmen, auch wenn ein kurzer Vermerk leicht überlesbar zum Abbautag stand.

Nach dem Abpfiff sollte sich jeder ein Stück von der Gegengeraden mitnehmen dürfen, was von vielen auch gerne angenommen wurde.

Daß die Fans beim Gang nach draußen dafür dann aber zur Kasse gebeten werden sollten, das kam für viele vollkommen überraschend.

Schlimmer als die schlechte Kommunikation in diesem Zusammenhang war aber die Abzockmentalität des Vereins, der für den Schrott auch noch eine ordentliche Stange Geld verlangte.

Hier soll es zu äußerst unschönen Szenen gekommen sein. Einfach unerträglich an diesem Tag. Was hat sich die Vereinsführung denn bitte dabei gedacht (wenn überhaupt)?

Wer dabei war, kann besser davon berichten, weswegen hier nun Verweise kommen: http://lichterkarussell.net/keine-buchung-ohne-beleg/ und http://www.publikative.org/2012/05/06/heiopei-der-woche-fc-st-pauli/. Lesen.

Unsere Vereinsführung versucht alles, den kurzfristig überraschend positiv-abweichenden Eindruck nachhaltig wieder gerade zu rücken…

Das Ganze dann auch noch auf den Rücken und wohl gegen den Willen von Fanräume e.V. auszutragen ist dabei noch die Krönung.

Ein unwürdiger Abschied von der alten Gegengerade. Und unerträglich unpassend. Wir brauchen dringend auch in Zukunft mehr Gegen-Gerade am Millerntor.

Vor allem sollte der Verein nicht vergessen, daß es die Fans sind, dem der Verein so viel zu verdanken hat. Auf das Umgekehrte sollte er nicht verweisen und die Fans dafür zur Kasse bitten. Gerade für unseren Verein der vollkommen falsche Ansatz. Wir dürfen den FCSP nicht zu einer grauen Maus verkommen lassen, davon gibt es schon längst genügend Clubs in den Ligen Europas.

Ein letzten mal ging es zum Basteln für den FCSP. Hier hat ja jede Gruppe bzw. Einzelperson eigene Methoden und Räumlichkeiten – wie hier in einem Hinterhof. An Themen mangelte es mal wieder nicht.

Ein wichtiges Thema nicht nur in diesen Tagen, aber eben besonders aktuell, war der Anlaß vor der Roten Flora am Samstag zusammenzukommen: http://www.lautgegennazis.de/blog/2012/05/05/05-05-2012aufmucken-gegen-nazs-ein-tolles-zeichen-von-einem-starken-bundnis-gegen-den-naziaufmarsch-tag-der-deutschen-zukunft-am-02-juni-2012-in-hamburg-deichkind-und-viele-weitere-bands-se/.

Der Naziaufmarsch am 2.6.12 in Hamburg stößt in unserer Stadt zum Glück auf deutliche Ablehnung. Womit nun auch der Sonntag und Abschiedstag der Gegengeraden eingeläutet ist in diesem Blogbeitrag.

Diese freundliche Zecke/Schabe brachte ein Hauptanliegen an diesem Tag auf den Punkt: den Ärger über den erzwungenen Abgang von Deniz Naki. http://www.fcstpauli.com/magazin/artikel.php?artikel=11381&type=&menuid=57&topmenu=112 klingt noch nach einem freiwilligen Abgang von unserer Nummer 23, doch das Gegenteil wurde ebenso schnell publik. http://www.stpaulinu.de/germany-bundesliga/deniz-naki-aussortiert-hingehalten-abgeschoben faßt die Schieflage in unserem Verein aktuell gut zusammen.

Es gibt selten Spieler, die sich so in die Herzen der Fans gebrannt haben wie unsere Nummer 23.

Zu verabschieden gab es heute somit nicht nur die Saison und die Gegengerade, sondern eben auch liebgewonnene Spieler.

Wobei man noch nicht einmal wußte, wer nun alles genau gehen wird. Das wird sich erst in den nächsten Tagen ergeben.

Welche Rolle dabei unser Noch-Trainer Schubert gespielt hat ist ja ebenso unklar wie dessen weitere Beschäftigung bei unserem FCSP – jedenfalls spekulieren die Medien diesbezüglich bunt drauf los. Was genau Sache ist, das werden wir sicher bald offiziell erfahren.

Hier wird dann wenigstens etwas mehr kommen als die bloße Forumskommentierung zu den uneträglichen Stadionverboten, die der DFB zusammen mit der Polizei sich ausgedacht hat – siehe dazu ausführlich http://kleinertod.wordpress.com/2012/04/25/meinungsfreiheit-endet-im-stadion-da-wo-der-dfb-anfangt-fcsp-am-scheideweg/.

„Diffidati Con Noi“ war folgerichtig auch überall ein weiteres tragendes Fan-Motto des Spieltages. Stadionverbote sind vollkommen unsinnig, wenn sie für legitimes Verhalten ausgesprochen werden. Eine solche Willkür führt ALLE Erwägungen in Bezug auf den Sinn und Zweck von Stadionverboten endgültig ad absurdum. Wobei es da ja schon vorher „gute“ Beispiele für gab…

Fakt ist: es kann jederzeit jeden treffen. Weswegen diese Worte jetzt auch unter dieses vollkommen sachfremde (!) Bild passen. Hat genauso wenig Bezug zum Thema wie alles andere. Willkürlich Unschuldige aussperren schafft keine Sicherheit.

Gegen Nazis auf die Straße gehen hingegen schon eher. Diese einfach machen lassen ist jedenfalls keine Lösung. Nicht nur die NSU hat gezeigt, wohin das führt, das war hierzulande ja schon vorher bekannt…

Gibt aber nicht nur Politik im Stadion – wobei diese ja sehr wohl dahin gehört, das Gegenteil ist einfach vollkommen falsch, hierzu sehr schön: http://www.dradio.de/dlf/sendungen/themenderwoche/1748445/?utm_medium=twitter&utm_source=twitterfeed.

Die ersten Tränen gab es bereits vor dem Anpfiff. Nicht nur Deniz Naki, auch Carsten Rothenbach wurde verabschiedet. Außerdem noch Charles Takyi, Philipp Heerwagen, Petar Sliskovic und Petar Filipovic. http://www.fcstpauli.com/magazin/artikel.php?artikel=11382&type=&menuid=57&topmenu=112

Danke für alles. Leider habe ich nicht für alle die Worte, die sie verdienen, darum das altbekannt-abgedroschen wirkende YNWA an dieser Stelle.

Schon bei den Verabschiedungen unangenehm fielen die Gäste aus Paderborn auf. Was für Unsympathen. Denen ist wohl der Erfolg der Saison über den Kopf gewachsen. Erbärmliche Vorstellung insgesamt.

Edit: nur mal zur Info http://www.nw-news.de/lokale_news/paderborn/paderborn/4187336_Wie_Rechtsextreme_im_Raum_Paderborn_vorgehen.html?em_cnt_page=1 (via Forum).

Noch ein Nachtrag: natürlich ist meine Meinung über die Gästefans aufgrund dieses Spieltages sehr summarisch und sicher gibt es auch nette Paderborner, vielleicht sogar sehr viele davon. Mir waren sie halt alles andere als sympathisch an diesem Tag. Und DAS hier trägt auch nicht zu deren Bild positiv bei: http://www.westfalen-blatt.de/nachricht/2012-05-08-scp-fans-randalieren/1300/265f0fbf61e96558268b911f98bfbdfb/

Großes Kino hingegen von den Heimrängen.

Gerne hätten wir den einen oder anderen noch länger bei uns behalten. Wobei sicherlich auch hier unterschiedlichste Meinungen in Fankreisen bestehen, wie immer. Aber Naki und Calle, das schmerzte am meisten. Hinzu kam ja auch noch Ralle in dieser Saison.

Noch nicht spruchreif aber vorhersehbar sind ja weitere Abgänge. Neben Kruse mit seiner Ausstiegsklausel für Liga 1 ist hier insbesondere unser altgedienter Capitano zu nennen, der von der Süd lieber vorzeitig verabschiedet wurde, bevor dieser verdiente Spieler klammheimlich ohne jede Fanstimme aus dem Verein herauskomplimentiert wird.

Wäre hier ja nicht das erste mal…

Verabschiedet wurde an diesem Spieltag aber nicht nur ein Teil der Mannschaft.

Verabschiedet wurde ein Stück „Heimat“. Ein seltsamer Gefühlscocktail an diesem Tag, an dem es ja zumindest theoretisch noch um etwas ging.

Die Choreo auf der Gegengeraden zum Abschied ging leider etwas unter, aber so eine Gerade hat auch eine enorme Fläche zum Füllen.

Vielleicht lag es aber auch nur an mir und andere haben das viel besser einfangen können. Gänsehaut war so oder so vorhanden.

Aber eben auch Wut. An den schon erwähnten Themen mangelte es ja nicht.

Es gibt Dinge, die verdienen aber auch den Widerstand.

Mehr Infos z.B. unter http://www.keine-stimme-den-nazis.org/index.php?option=com_content&task=view&id=4900&Itemid=196.

Mit dem Erklingen der Höllenglocken war die Zeit für eine letzte Liebeserklärung gekommen…

Entsprechend lang wird auch dieser Blogbeitrag…

Ein letztes mal lief die Mannschaft auf die alte Tribüne hin auf…

Hier leuchteten auch Augen…

Nicht immer trocken.

Das lag jetzt aber nicht aus dem Qualm aus dem Gästeblock.

Stimmt aber auch, es ging an diesem Tag ja noch um etwas. Theoretisch in Sachen möglicher Aufstieg. Und sowieso. Ein letztes Saisonspiel war noch zu absolvieren.

In welcher Hinsicht auch immer…

Erklärungen braucht es auch nicht ständig.

Auf manches kann man ja auch selber kommen. Das geht quasi 1A.

Manche Fragen sind deutlich genug. Eben auch als solche zu erkennen.

Mal ohne Worte. Die Printausgabe des Übersteigers sagt alles weitere dazu.

Deutliche Worte.

Wichtige Worte.

Gegen Gerade. Sankt Pauli.

Wer eine Übersetzung benötigt…

Bitte sehr.

Bevor dieser Blogbeitrag aber zu sehr ausufert, werde ich hier zu einem Ende kommen. Was nicht heißt, das nicht noch mehr kommen wird. Dies ist nur der erste Teil.

Der Anlaß ist einfach viel zu groß für einen einzigen Artikel. Mehr also demnächst an gleicher Stelle zum Abschied von der Gegengerade und dem Spiel gegen Paderborn – Fortsetzung folgt und zwar hier: http://kleinertod.wordpress.com/2012/05/07/bleiben-und-gehen-gegengerade-fcsp-und-paderborn/.