Unaufgeregtes Unentschieden – #FCSP in Karlsruhe erneut ungeschlagen

Nach so einem Derbysieg das nächste Spiel anzugehen ist immer schwierig, denn neben dem Körper ist auch der Kopf dann doch ein wenig erschöpft, was auch immer nach Außen für Ansagen hin gemacht werden. Noch dazu nach einer so kurzen Pause, Montagabend zu Samstag mittag, da bleibt wenig Zeit für Regeneration und Neuausrichtung auf das folgende Spiel. Was das gerade dadurch schwieriger macht, daß Karlsruhe am Freitag die Woche davor eine, zudem noch normale, Ligapartie spielte und somit einen erheblichen Vorsprung in Sachen Erholung und Vorbereitung hatte. Und dazu ist Karlsruhe nicht irgendein Gegner, sondern neben uns eine der Mannschaften der Stunde mit einem enormen Lauf. Hinzu kamen bei uns auch noch wichtige Ausfälle mit Smith und Becker, was uns sowohl defensiv als auch im offensiven Aufbauspiel schwächte. Erschwerte Bedingungen also an diesem Spieltag. Das Unentschieden auswärts beim KSC ist darum gar nicht hoch genug einzuschätzen.

Edit: Danke übrigens wieder für die wunderschönen Bilder von vor Ort aus Karlsruhe, die ich hier in meinem Blog verwenden darf. Ich füge sie diesmal nachträglich ein, werde also im Text nicht darauf eingehen.

Ebenfalls zu schätzen, auch wenn es sehr absurd klingt, war zur Abwechslung einfach mal wieder die fehlende Anspannung. So aus Fansicht, vielleicht dachten die Spieler auch ein wenig so, wer weiß. Es ging endlich einmal nicht um enorm viel – und bei all dem Vorhergeschriebenen waren auch die Erwartungshaltungen sehr entspannt. Nichts mußte, aber alles wurde gern genommen, was möglich wurde. Der Erfolgshunger war ja nicht völlig weg, die ganzen Rahmenbedinungen machten nur die Besonderheit der Situation deutlich. Gegen so eine starke Mannschaft wie die vom KSC hinten die Null zu halten und dabei vorne versuchen zu gewinnen – und ohne deren starken Torhüter hätten wir das wohl auch geschafft – das war schon große Klasse.

Aber eben von beiden Mannschaften, denn die Gastgeber hatten sich den einen Punkt ebenso redlich verdient wie wir. Und daß sie nicht so wie gewohnt zu ihrem Spiel fanden, das war nicht deren Schwäche an diesem Tag zuzuschreiben, sondern eben unserer Stärke auf dem Rasen, die sich jetzt auch immer mehr defensiv aufzeigt. Das zweite zu Null in Folge, das ist schon bemerkenswert nach den vielen Spielen davor, bei denen wir als Schießbude hinten verschrieen waren. Schlechteste Abwehr der Liga war da beispielsweise immer wieder zu hören und zu lesen. Was vor allem an all den kassierten Gegentoren lag, natürlich. Aber die Art und Weise, wie wir die Offensive der anderen Vereine ausbremsen und oft wenig Torchancen zulassen, das war halt schon vorher auch oft bemerkenswert – bis wir uns mit den einen oder anderen Fehler allzuoft die ganze Arbeit selbst zunichte gemacht hatten. Diese Fehler blieben nun aus und das ist ebenfalls bemerkenswert. Und bringt halt Punkte.

Und das lag eben auch an dem Startelf-Einsatz von Reginiussen, der für den etwas ausgebrannten Ziereis in die Innenverteidigung rückte und dem immens starken Stürmer der Gastgeber, Hofmann, das Spiel nach vorn nahezu unmöglich machte. Aber auch Aremu, der für Becker auf dem Rasen stand, machte seine defensive Rolle gut. Zerstören kann er tatsächlich, auch wenn er dabei noch zu oft die Grenze zum Foulspiel überschreitet. Zusammen mit Benatelli, der den Aufall von Smith weiter auf seine eigene Weise so gut es ging kompensierte, hatten wir ein eher defensiv ausgerichtetes defensives Mittelfeld, so mensch die Art Raute, die wir da hinten spielen, so einschätzen möchte. An Zalarar blieb damit quasi fast die ganze offensive Kreativität hängen, was unser Spiel dann doch etwas leichter zu verteidigen machte – von Benatelli kam zwar auch die eine oder andere Aktion, aber der Unterschied war schon deutlich. Zander, den ich hier gern gesehen hätte, kam erst später ins Spiel und legte auch gleich zur größten Chance aus dem Spiel heraus auf Zalazar auf, der aber knapp verzog. Das war dann kurz vor Schluß, Zander kam auch erst in der 68. Minute rein. Hier hatte Schulle vermutlich die stärkere Defensivkraft von Aremu im Sinn, was unter all den Umständen ein wichtiger Gedanke war. Nach hinten hatte sich das alles ja wahrlich ausgezahlt.

Und, um das noch einmal zu betonen, die Spieler, die für uns auf dem Rasen stehen, geben nicht nur ihr Bestes, sie tragen auch alle auf ihre Weise zu dem erfolgreichen Spiel bei. Auch Aremu hat sich nach schwachem Start längst seinen verdienten Platz, wozu eben auch mal ein Startelf-Einsatz gehört, erkämpft. Die Nullnummer war nach hinten der Verdienst aller, nach vorn hatte letztlich etwas gefehlt, was aber auch an all den eingangs genannten Gründen lag. Unter dem Strich einfach ein Punkt, der aller Ehren wert ist.

Mehr zum Spiel wieder in meinem Live-Ticker vom Spieltag: https://threader.app/thread/1368144258998411266

Abseits vom Spieltag ist es auch eine Ehre, in diesem Artikel als Verein positiv genannt zu werden: https://www.neues-deutschland.de/artikel/1149128.internationaler-frauentag-welche-frauenbilder-wollen-wir.html. Daß wir noch nicht so weit sind, wie wir hier gerne sein würden, weder im Verein noch als Gesellschaft, ist allerdings die andere Seite. Dennoch, hier gilt es gerade darum weiterzumachen und für mehr Diversität zu sorgen. Und das sollte beim Einbeziehen von Frauen nicht aufhören. Aber jeder Schritt fort von der absolutistischen Sichtbarkeit des Weißen Heterosexuellen Mannes (WHM) ist ein guter für alle. Weil eben auch der Fußball so viel mehr als das ist. Es sind alle dabei und so sollte es auch in der Repräsentation der Vereine aussehen.

Spannend in diesem Zusammenhang auch dieses Video https://www.youtube.com/watch?v=s39Em8BbKgw zur Entstehungsgeschichte der Fanszene des FCSP bzw. des Neustarts in den 80ern. Es sind unsere Vorstellungen, wie die Welt besser werden kann, unsere Visionen, die umzusetzen sich nicht nur für alle lohnen, sondern uns auch zu dem machen, was wir sind. Und das ist kein abgeschlossenes Kapitel, es wird immer ein fortlaufender Prozeß sein. Wir sind nie fertig und so wird auch das, was unseren Verein ausmacht, es nie sein können. In diesem Zusammenhang sehe ich auch keinen Grund zur Befürchtung, daß wir im Stillstand zugrunde gehen könnten. Es gibt so viel mehr, was zu erreichen den Kampf lohnt. Und dieser Kampf definiert uns umgekehrt auch. Und dazu brauchen wir all die, die uns weiterbringen. Womit ich an dieser Stelle meinen Dank all den Stimmen aussprechen möchte, die sich gerade von der vorherrschenden Masse unterscheiden und den Finger auf die Wunden legen, die zuerst ihre eigenen sind, die uns aber alle angehen und nur durch eine gemeinsame Lösung weiterbringen.

Wie wichtig auch weiterhin der Kampf gegen Rechts, für den unsere Fanszene auch bekannt ist, bleibt, zeigt sich ja auch wieder aktuell in der Corona-Krise: https://twitter.com/antira_infohh/status/1368210152889913350 – und das Polizeiproblem wird auch immer dazu gehören, so lehren es uns zumindest Vergangenheit wie Gegenwart. Ein Grund mehr, sich auf die Rückkehr aller ans Millerntor zu freuen – denn auch bei den Antifa-Demos fehlen viele, die sich in der aktuellen Lage aus diversen Gründen zurückhalten. Wir haben viele Facetten und es gibt so viel mehr als nur Fußball. Daß wir so schönen und auch erfolgreichen Fußball gerade beim FCSP sehen können, das ist auch aus der Ferne so schön. Auf daß wir dies bald wieder im Stadion miterleben werden können! Alle gemeinsam!

Mehr zum Spiel:
https://millernton.de/2021/03/06/karlsruher-sc-fc-st-pauli-ein-00-der-toraermeren-sorte/
https://fcspsouthendscum.wordpress.com/2021/03/08/matchday-24-karlsruher-sc-vs-fc-sankt-pauli-0-0/