Neun Spiele unter Hürzeler, neun Siege in Folge. Das ist einfach alles zu schön, um wahr zu sein. Irgendwann erwachen wir und werden feststellen, daß alles nur ein Traum war. Oder vielleicht doch nicht? Nun, zumindest ewig wird das nicht so weitergehen können mit dem Dauererfolg. Und gerade gegen Regensburg sah es am Millerntor auch alles andere als danach aus, daß wir wieder einen Dreier holen würden. Haben wir aber. Spitzenmannschaftsstil oder so…
Die Gäste waren klar die bessere Mannschaft, vor allem in der zweiten Hälfte, und sie hätten auch von den Chancen eindeutig gewinnen müssen. Sogar des Tor des Tages haben sie geschossen, nur halt ins eigene Gehäuse – wohingegen sie ins unsere einfach nicht trafen, auch weil wir mal wieder einen starken Rückhalt im Tor hatten. Ein glücklicher Heimsieg. Nehmen wir natürlich alles gerne mit.
Da die Vorstadt am Tag zuvor gerade mal einen Punkt in Düsseldorf holen konnte, hatte das für die Tabelle gleich einen doppelt positiven Aspekt: zum einen schrumpfte der Vorsprung auf den dritten Platz, auf dem die Vorstädter aktuell verweilen, auf sechs Punkte nebst vier Toren, während der bisherige Viertplatzierte, eben jene Fortuna, nun einen Punkt und ein Tor hinter uns liegt. Zumindestens beim Bier hat Düsseldorf klar die Nase vorn, aber Reisende sei Dank können wir das ab und an auch frisch bei uns am Millerntor genießen.
Zumindestens draußen und vor dem Spiel. Dank nochmal an die Organisation. Schuhmacher Alt ist einfach lecker. Das 1838 vielleicht sogar noch einen Tick mehr, aber mir fällt zur normalen Version der direkte Vergleich. Egal, es schmeckt einfach. Vor allem in guter Gesellschaft. Auf St. Pauli!
Die Gäste aus Regensburg hatten beim Stadionbier jetzt nicht so viel Glück wie wir, da gab es das altbekannte, was auch wir nur bekommen. Naja, muß ja auch kein mensch im Stadion selber etwas konsumieren. Selbst den veganen Döner bei Baeristo habe ich mir heute nach einem guten Frühstück einfach nicht genehmigen können. Dafür aber einen weiteren Dreier. Immer wieder gern…
Immer wieder wichtig, daß unser Verein Flagge bekennt. Die Regenbogenflagge ist ja der aktuellen Version der Progressive Pride Flag gewichen, die eben auch explizit u.a. die Teile der queeren Community inkludiert, die bei aktuellen rechten Bewegungen wie denen der TERFs ausdrücklich ausgeschlossen werden. Gerade rund um den Tag der Sichtbarkeit von trans Personen, siehe https://corporate.dw.com/de/31-m%C3%A4rz-internationaler-tag-der-sichtbarkeit-von-transmenschen/a-65190759, so immens bedeutend.
Immer wieder Brux sind wir ja schon so gewöhnt, daß wir durchaus vergessen könnten, was wir an ihm haben. Vergessen wir aber nicht. Tolle Aktion vor dem Spiel.
Immer wieder die gleiche Aufstellung sind wir von Hürzeler ja inzwischen gewohnt, so denn keine äußeren Bedingungen zu einem Wechsel zwingen. An diesem Tag hätte mensch an die von den Länderspielen erschöpften Spieler denken können, die eventuell eine Pause hätten gebrauchen können, aber vom Ergebnis her hatte es ja dann doch gereicht. Die Müdigkeit war aber zu merken, was vielleicht auch an der langen Siegesserie liegen mag, welche durchaus zu gewisser Leichtstinnigkeit verführen mag. Und gerade bei Paqarada kam zum Länderspielstreß auch noch jene Ungewißheit mit seinem zukünftigen Verein mit hinzu, siehe https://www.kicker.de/transfersperre-fuer-koeln-was-passiert-mit-st-paulis-paqarada-944405/artikel – möge es schnell eine Lösung geben, sei es nun ein Aufschieben der Strafe oder eine Leihe zB für zumindest ein halbes Jahr, gern an uns, damit für ihn Ruhe einkehrt, denn die ist bei ihm augenscheinlich wichtig und es wäre traurig, wenn dieser Kölner Fehler uns dadurch am Ende noch schaden würde.
Aber es gibt Schlimmeres und Wichtigeres, auch aktuell. Der Schock über den Tod von Antje sitzt immer noch tief. An diesem Spieltag hatte die Fanszene nun auch die Gelegenheit, von ihr Abschied zu nehmen. Beim letzten Bericht hatte ich schon dazu etwas geschrieben und wie schon im Stadion so fällt es mir auch jetzt schwer, so einfach zum Spiel überzugehen. Aber dafür sind Abschiede ja auch da. Weil das Leben für die Lebenden weiter geht. Und die, die voran gegangen sind, nicht vergessen werden.
Gerade bei der tollen Choreo auf der Süd habe ich mir ans Herz fassen müssen. Bester Einsatz von Pyro aller Zeiten, würde ich sagen. Danke dafür.
YNWA von allen Rängen, Gänsehaut und Tränen vor dem Spiel. Da war schon klar, daß es nicht mehr größer werden könnte an diesem Tag. Und bei so viel Liebe läuft es gern am Millerntor, auch wenn es auf dem Rasen anders läuft. So auch an diesem Tag.
Was wir auf den Rasen bringen, das dürfte inzwischen überall bekannt sein. War es auch in Regensburg, die Gäste haben sich entsprechend eingestellt und das auch sehr gut. Zwei Vierer Abwehrreihen, die ganz eng gestaffelt standen und dazu eine Mann-Deckung von Smith, das machte unser Aufbauspiel sehr schwierig. Die letzte Reihe dafür quasi gar nicht angelaufen, was bei uns da hinten hohen Ballbesitz einbrachte, aber eben auch keine Gefahr nach vorne.
Dafür leider durchaus Gefahr für unser eigenes Gehäuse, so fahrlässig, wie wir es an diesem Tag versucht hatten, hinten raus zu spielen. Auch unser an diesem Tag wieder so starker Torhüter brachte es fertig, einen Fehlpaß direkt in den vor ihm stehenden, naja, dann mal doch eher zaghaft anlaufenden, Stürmer zu spielen, doch zum Glück konnte Vasilj dies sogleich wieder selber gekonnt ausbügeln. Nur zwei andere keeper haben aktuell mehr Spiele zu Null als Vasilj, der zudem weniger Gelegenheit hatte, da er ein paar Spiele nicht im Kasten stand. Aber das kommt eins ja schon vor wie aus einer anderen Zeit, damals, in der Hinrunde…
Ja, es lief an diesem eigentlich so vieles gegen uns, daß das 1-0 Endergebnis wie ein Hohn wirken mag, vor allem für die Gäste. Gerade in der Anfangszeit hatten wir Glück, als es zu einer strittigen Situation kam, die ich auf den Rängen mit großem Unbehagen sah. Der Schiri gab in unserem Sechzehner dem Angreifer der Gäste wegen einer Schwalbe Gelb und ich sagte zu meinen Nebenleuten, daß ich erst beruhigt sein werde, wenn der VAR sich diese Szene angeschaut hatte und nicht doch auf Strafstoß entschieden wird. Irvine scheint den Angreifer umzuholzen, haut aber in den Boden und stoppt daher kurz vor diesem ab, was den Schiri wohl dazu veranlaßte, den darauf folgenden Faller als selbst gewollt einzustufen. Ganz ehrlich, daß der VAR hier nicht eingegriffen hatte, das habe ich schon im Stadion nicht verstanden. Ganz großes Glück.
Und mit dem Glück, ganz viel davon, konnten wir dann auch zum Treffer des Tages kommen. Ein von Hartel von außen nahe der Strafraumgrenze geschossener Freistoß wurde per Kopf von einem Regensburger vor dessen zur Fausabwehr bereitem keeper nach oben und hinten abgefälscht, Afolayan versucht die Bogenlampe kurz vor der Linie rein zu drücken, aber drei Gästespieler stellen sich ihm auf engsten Raum in den Weg und verhindern sein Tor. Indem sie es selber erzielen. Einfach ein glücklicher Tag.
Auch kurz danach hatten wir wieder Glück, als bei einem Konter eine 2:3 Unterzahl von uns dahinten zwar zu einem hochgefährlichen Abschluß genutzt werden konnte, der Regensburger den Ball jedoch knapp nicht nur an Vasilj, sondern auch am Tor vorbei schoß. Und da hatten wir unser Glück an diesem Tag noch lange nicht aufgebraucht!
Die Gäste aus Regensburg machten gerade in der 2. Halbzeit sehr viel Druck und es entwickelte sich fast ein Spiel auf ein Tor, aber in Sachen Abschluß konnten wir trotzdem das Meiste verhindern. Einerseits legten wir denen den einen oder anderen Ball quasi vor durch eigenes Unvermögen, aber am Ende ging der Schuß daneben oder Vasilj hielt großartig.
So war es dann neben dem ganzen Glück auch einiges an Können auf unserer Seite. Und das nicht nur beim Torhüter, denn daß die so überlegenen Regensburger „nur“ auf 16 Torschüsse kamen, davon zudem noch viele als Fernschüsse bei davor stehenden und blockbereiten Abwehspielern, das war dann auch wieder eine defensive Leistung. Unterm Strich hätten wir an diesem Tag bei einem chancengerechten Ausgang der Partie trotzdem nicht gewinnen dürfen. Haben wir aber. Und das nehmen wir natürlich gerne mit.
Wie auch nach dem Spiel viele dem Demoaufruf gefolgt sind, der von USP formuliert und von vielen Fanclubs unterstützt wurde, siehe https://usp.stpaulifans.de/2023/03/ein-anderer-fussball-ist-moeglich-dfl-anteilsverkauf-stoppen/. Das Letzte, was wir beim modernen Fußball brauchen, ist ein noch größerer Einfluß des Kapitals auf die Liga. Investor*innen sind nicht das, was den Fußball attraktiver macht. Es kommen nicht ohne Grund so viele Fans gerade aus dem „Vereinigten“ Königreich zu uns, weil auf der Insel das Spiel finanziell aus Fansicht weitgehend zerstört wurde.
Aber auch andere Kämpfe müssen aktuell immer wieder geführt werden – wie der ständige Kampf gegen Rechts. Siehe zu diesen Tapeten https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/panorama3/Gefaehrliche-Ideologie-Voelkisches-Netzwerk-im-Norden,voelkische100.html. Weder in Hamburg, noch in der Nähe – noch sonstwo. Nazis dürfen nicht in Ruhe gelassen werden.
Und da muß ich dann auch mal auf die Gäste dieses Tages verweisen – einfach weil diese in ihrem eigenen Namen einem äußerst problematischen ´geistigen Vorläufer der Nazis huldigen, siehe https://twitter.com/magischerfcblog/status/1641402784951029767 oder auch https://de.wikipedia.org/wiki/Friedrich_Ludwig_Jahn. Mit so einer Vergangenheit muß ein Verein auch irgendwie umgehen können. Warum hier noch keine Namensänderung erfolgt ist, das müssen jene beantworten und soll hier nicht weiter Thema sein.
Das Ergebnis aber spricht für uns und das in mehrfacher Hinsicht, gerade wenn fan sich die Tabelle anschaut. Im nächsten Spiel geht es nun gegen Heidenheim, auswärts, und die sind bei sich zuhause noch heimstärker als wir. Das wird ein weitaus schwereres Spiel als jenes, was wir nur mit Glück gerade gewinnen konnten. Natürlich werden wir dort ganz anders auftreten müssen, wenn wir nur irgend etwas mitnehmen wollen, von einem Dreier ganz zu schweigen. Zum Glück haben wir bis dahin Zeit zum Ausruhen und besserem Einstellen auf die andere Mannschaft, als dies aufgrund der Länderspiele aktuell der Fall war. Es wird ein wegweisendes Spiel. Und betrachtet fan, woher wir kommen, haben wir gar nichts zu verlieren. Den Klassenerhalt haben wir trotzt schlechtester Vorbedingung nach der Hinrunde schon eingetütet. Nun kommt vielleicht noch die Kirsche auf der Torte. Versuchen wir’s!
Mehr zum Spiel in meinem Twitter-Live-Thread https://threadreaderapp.com/thread/1642094913620787201.html sowie
https://www.magischerfc.de/2023/04/mit-blasenschwaeche-in-die-erste-liga/
https://millernton.de/2023/04/01/fc-st-pauli-ssv-jahn-regensburg-10-im-willen-liegt-die-kraft/
https://millernton.de/2023/04/03/fc-st-pauli-ssv-jahn-regensburg-stimmen-und-statistiken/
https://www.stefangroenveld.de/2023/die-doppelte-nummer-neun/
http://beebleblox.blogspot.com/2023/04/eine-fast-schon-unheimliche-serie.html
https://www.plattitue.de/ich-schaeme-mich-fcsp-2023-04-01.htm