Nicht nach Plan. Der #FCSP verliert in Berlin. Kein Neuzugang in letzter Minute.

Das hatten wir uns anders erhofft. Eine halbe Stunde nach Ende der Transferperiode kam der Anpfiff des Auswärtsspiels bei Union Berlin, die Hoffnung auf eine Verpflichtung kurz vor Schluß zerschlug sich für alle offensichtlich schon eine halbe Stunde vorher mit der Bekannthabe der Aufstellungen – denn bei den Gastgebern war der von uns umworbene Kemlein auf der Bank. Laut Meldungen waren wir mit dem Spieler ebenso einig wie es für kurze Zeit auch mit dem Verein, auf dem wir an diesem Tag treffen sollten, wirkte – aber dann kam es doch anders. Ob das nun ein taktisches Manöver aus Berlin war, um einen Konkurrenten im Kampf um den Klassenerhalt zu schwächen oder andere Beweggründe eine Rolle gespielt haben mögen, sei einmal dahin gestellt – für uns wäre eine Verpflichtung von Kemlein enorm wichtig gewesen – oder von irgend einem anderen Mittelfeldspieler dieser Klasse. Aber womöglich aus der Hoffnung auf diesen Transfer ging auch eine andere Tür zu und nun stehen wir mit einer sichtbaren Lücke an Qualität im Kader im Mittelfeld schlecht da. Daß wir dann noch knapp das Auswärtsspiel mit 1-0 verloren haben, machte den Abend nicht besser. Das lief nicht nach Plan.

Natürlich ist die Frage berechtigt, ob wir hier zu naiv handelten – oder aber ob die Hoffnung auf eine erneute Ausleihe oder Festverpflichtung eines bereits bewährten Spielers das Risiko, am Ende mit leeren Händen dazustehen, wert war. In jedem Fall waren die Voraussetzungen für eine Verpflichtung nicht erfüllt, und so haben wir einen Kader, der im Mittelfeld schlechter besetzt ist als letzte Saison – und das, obwohl wir dort jetzt eine Position mehr benötigen und fast unser ganzes Spiel durch die Mitte zu laufen scheint.

Sobald wir Abstellungen für die Nationalmannschaften zu erwarten haben, werden bei uns von fünf zur Verfügung stehenden Mittelfeldspielern voraussichtlich zwei bis vier Spieler mit Reisestrapazen belastet sein. Fehlen wird uns allerdings, von Verletzungspech einmal abgesehen, in diesem Jahr kein Spieler aufgrund solcher Abstellungen, wie es in der letzten Saison mit dem Asian-Cup der Fall war. Smith könnte uns jetzt fehlen, der wäre auch noch was für das Mittelfeld, wird aber in der Innenverteidigung gebraucht – hoffentlich ist sein Ausfall nichtüber das Spiel hinaus, bei der Länderspielpause zumindest gut möglich, aber leider auch das andere Szenario…

Trotzdem sind wir mit drei Mittelfeldspielern im Dauereinsatz mit nur fünf zur Verfügung stehenden Spielern recht dünn besetzt – zumal mit Ahlstrand ein Spieler dabei ist, bei dem nicht wirklich in naher Zukunft Einsätze vermutet werden können. Der Kader wirkt hier nach Ende der Transferperiode etwas unrund und nicht wirklich auf dem Stand, den wir uns hier erhofft hätten. Von der Qualität der Startelf haben wir hier dennoch keinen Grund, die Hände über den Kopf zusammen zu schlagen. Vertrauen ist angesagt angesichts unseres Kapitäns Irvine mit Metcalfe und Wagner neben sich.

Gleichwohl haben wir genügend Spieler für ein anderes System, mit zwei Außenstürmern, was bei dieser Betrachtung nicht vergessen werden sollte. Und auch wenn unser Trainer Blessin an seiner Spielidee nach wie vor vorrangig festhält, so hat er eine Umstellung auch schon in Vorbereitung, Pokal oder auch in der Liga, auch gegen Union, für die Schlußphase als Option in seinem Repertoire aufgezeigt. Wir haben also die Spieler, um mit zwei Systemen erfolgreich anzutreten – auch wenn bislang die Durchschlagkraft und Präzision gefehlt hat.

Der Millernton sieht auch keinen Grund zur Panik: https://millernton.de/2024/08/30/vertrauen-statt-panik-fc-st-pauli/

Auffällig ist in den ersten beiden Bundesligaspielen, daß wir von dem geplanten Umschaltspiel eigentlich nichts zu sehen bekommen haben. Die neue Spielweise unter Blessin läßt sich nicht wirklich beurteilen, wenn sie gar nicht gezeigt wird. Was zu sehen bekamen, war mehr Ballbesitz als die andere Mannschaft, ob nun gegen Heidenheim oder Union Berlin, mehr Pässe und auch andere gute Werte in den Statistiken, aber auf dem Feld sahen wir nie wie eine Mannschaft aus, die wirklich gefährlich für die andere Seite wirkte.

Vor allem aber spielen wir langsam hinten herum und ähneln im vielen den Spielaufbau von hinten heraus wie in der letzten Spielzeit, nur eben ohne besetzte Außenbahnen und nur durch die Mitte. Erobern wir den Ball, schalten wir nicht schnell um und spielen nach vorne, sondern passen den Ball ganz im Gegenteil nach hinten, oft am Ende bis zum Torhüter, und stellen uns erst dann langsam neu auf. In einer Situation standen bis auf den keeper alle Spieler recht nahe um den Ball herum und als wir diesen dann eroberten, fächerten wir uns auf und paßten zurück. Unter Umschaltspiel läßt sich das kaum einordnen.

Es ist kein Wunder, daß wir gefälliger spielen, sobald auf das alte System mit zwei Außenstürmern umgestellt wird – hier ist auf einmal eine Spielidee, die auf dem Platz angewendet wird, zu erkennen. Dazu steht leider die neue Spielweise noch im Gegensatz – zumindest gegen Mannschaften, die nicht wirklich auf Ballbesesitz aus sind, wirken wir noch längst nicht dort, wo wir sein sollten.

Der 1. FC Union Berlin hat sich Gegensatz zu uns ja schon eine Weile in der 1. Liga einleben können und so wirkte dieses Aufeinandertreffen ungleicher, als wir es erhofft hatten. Vom Umfeld her hat sich nicht wirklich etwas verändert – bei jeder Begegnung mit deren Fanszene ist die Unsicherheit groß, ob wir mit herzlicher Freundlichkeit oder offener Feindschaft konfrontiert werden. Beides ist jederzeit möglich.

An diesem Spieltag hatte ich allerdings nahezu ausschließlich nur die angenehmen Seiten mitbekommen, also selbst nur angenehmes erlebt, nur eben von anderen auch andere Geschichten gehört. Anreisen waren auf vielfältige Weise möglich, auch bei der gemütlichen Anreise mit einer Spreefahrt gab es Schiffe nur mit einer Fanszene oder gemischte Anfahrten.

Hier war die Stimmung entspannt und auch wenn meist unter sich geblieben wurde eng beieinander, so habe ich selbst hier keine Probleme erlebt.

Dafür aber leckeres Bier aus Berlin, wenngleich auch selbst organisiert, genießen können.

In der Alten Försterei war der Gästeblock trotz Niederlage sehr laut und deutlich wahrzunehmen. Spielerisch war das die erste Stunde eher weniger schön, bis eben die Umstellung auf das alte System erfolgte. Da stand es nach einem Fernschuß leider schon 1-0, nach einer Ecke, erneut, nebenbei bemerkt. Einen Fernschuß habe ich von uns erst durch Afolayan in der Nachspielzeit sehen können, da waren wir noch viel zu verspielt da vorne. Zwei Stürmer klingen gut, aber wenn sie sich so lange den Ball zuspielen, bis dieser verloren geht, ohne zum Abschluß zu kommen, dann wirkt dieser Ansatz eher vertan. Gleichwohl hatten wir uns auch gut bis zum Ballverlust nach vorn gespielt mit dem neuen System. Zwingender wirkte das alte dennoch.

Ob wir nun einfach den Dosenöffner des ersten Tores brauchen oder irgendwelche Feinabstimmungen noch erforderlich sind, sei wieder einmal dahin gestellt. Wir haben noch nicht überzeugen können, auch wenn wir zwei mal recht nah dran wirkten. Aber beide male eben auch nur fast und nicht ganz auf Augenhöhe. Hier hätte ich mir mehr Mut gewünscht, es früher mit dem alten System zu versuchen. Doch manchmal sind es gerade solche Spiele in einer Saison, aus denen die nötigen Lehren gezogen werden, damit weitere Spiele anders angegangen werden können – die Hoffnung darauf besteht natürlich weiterhin.

Das Abschlußbier an diesem Tag hätte mit dem einen oder anderen Erfolgserlebnis natürlich besser geschmeckt. Die Gesellschaft war aber das ganze Wochenende über angenehm und schön. Da hat sich der Ausflug gelohnt, so aus der eigenen Perspektive. Und Berlin ist ja eine schöne Stadt, zumindest für einen kurzen Trip.

Sehe allerdings nicht, daß wir in dieser Saison noch einmal hierher kommen. Union haben wir ja jetzt hinter uns und in der 2. Pokalrunde geht es nach Leipzig gegen die Dosen – das dürfte kaum ein Weiterkommen einbringen. Besinnen wir uns lieber auf unsere Stärken bzw. entwickeln diese auf ein level, daß wir mithalten können. Das Zeug dazu haben wir. Und je weniger uns das zugetraut wird, umso mehr wird sich das auch zeigen können. So oder so: Auf St. Pauli!

Mehr zum Spiel:
https://millernton.de/2024/08/31/1-fc-union-berlin-vs-fc-st-pauli-10-gefaellig-ungefaehrlich/
http://blog.uebersteiger.de/2024/08/31/wir-sind-auf-dem-richtigen-weg/
https://rilrec.de/berichterstattung/240830fcsp