Es gibt Zeiten, an denen es schwerer fällt, mal eben Spielberichte in die Tasten zu hauen. Einfach, weil es viel Wichtigeres gibt. Aktuell werden wir von solchen Momenten nahezu überschwemmt. Darauf hier im Detail einzugehen, würde den mir gerade möglichen Rahmen sprengen, so sehr es mich auch noch bewegt. Daß wir in gefährlichen Zeiten leben, in der der Faschismus an jeder Ecke wieder hervorkommt und auch hierzulande ganz unmittelbar wieder droht, sollte niemensch entgangen sein. Darum gehen Menschen voller Sorge auf die Straße oder machen andere Aktionen, voller Mut und Bereitschaft, derartiges nicht einfach hinzunehmen. Und wenn zeitgleich das Leben weiter geht, so ist es auch mit dem Fußball so. Unser Verein mit seiner Fanszene hat wieder einmal gezeigt, daß beides zusammen geht, was eine der schönen Botschaften in diesen Tagen ist.
Innerhalb der Fanszene zeigt sich aktuell zudem auch wieder einmal die Stärke der Diskussion. Auslöser ist die Stadionhymne „Das Herz von St. Pauli“ bzw. dessen problematischer Hintergrund, die NS-Vergangenheit des Komponisten und des Texters, siehe https://blog.fcstpauli.com/blog/das-herz-von-sankt-pauli.
Das Thema ist komplizierter, siehe https://www.queer.de/detail.php?article_id=52528. Eindeutig hingegen dürfte sein, daß das Lied sehr lange schon am Millerntor gelaufen ist und daß eine Veränderung so oder so angebracht wäre, um Raum etwas Neues zu geben. Was dann auch ohne irgendeine Belastung auskommen würde.
Als angenehm in diesem Zusammenhang empfinde ich die Diskussionskultur in unserem Verein. Hier wird nicht einfach etwas von oben herab diktiert (als ob das auch so einfach hingenommen werden würde) oder sich auf ein „das haben wir schon immer so gemacht“ zurückgezogen. Nicht nur ich habe gerade die im Stadion gespielte Version immer sehr geschätzt (allein das belastete Wort „Heimat“ hat bei mir immer etwas Unbehagen ausgelöst), insofern kann ich alle verstehen, die sich am Ende für ein Beibehalten aussprechen.
Doch was nützt eine Hymne, die nicht vom ganzen Stadion mitgesungen wird? Die aktuellen Erkenntnisse werden viele dazu bringen, das Lied nicht mehr mitzusingen. Eine Abänderung ist daher wohl so oder so der Weg, den wir gehen werden. Um alle mitzunehmen, werden wir Zeit, eine gute Alternative und die Bereitschaft aller brauchen, sich darauf einzulassen.
Alle braucht es gerade unabhängig vom Verein, nämlich auf den Straßen, um vor der Wahl den Druck dahingehend auszuüben, daß Rechte ihre Propaganda nicht einfach durch ihre Kanäle durchbringen können. Daß mittlerweile auch der ÖRR dazu gehört, wo viele aus der Union am Wirken sind bzw. Privaten Raum überlassen wurde, der zugunsten der Faschist*innen genutzt wird, ist ein ernsthaftes Problem. Demonstrieren, sich und andere richtig und mit Belegen informieren sowie zur Wahl gehen bzw. per Briefwahl abzustimmen – all das braucht es jetzt. Geht in Hamburg übrigens auch vor Ort vor dem Wahltermin: https://www.hamburgische-buergerschaft.de/aktuelles/nachrichten/briefwahlzentrum-1011138.
Was den USA gerade passiert, ist ein weiteres Beispiel dafür, daß Faschismus keine lange Zeit benötigt, um die Demokratie abzuschaffen. Es geht nicht nur um eine Wahlperiode. Es geht nicht um eine oder mehrere Minderheiten, die gerade angegriffen werden. Es geht um uns alle. Demokratie oder Faschismus. Wehren wir uns, solange wir das können. Eine Demokratie bleibt nicht einfach von selbst bestehen.
Ebensowenig, wie wir den Klassenerhalt einfach geschenkt bekommen, um einmal eine Überleitung zu den Spielen herzustellen. Das 3:0 gegen Union Berlin war unfaßbar wichtig. Erstmals haben wir eine Punktezahl, die (mindestens) der Anzahl der Spiele entspricht.
Auch für das Torverhältnis war dieser Sieg sehr wichtig. Gerade gegen einen direkten Konkurrenten.
Daß es auch an diesem Spieltag wichtigeres gab, hat der Verein mit der Fanszene wieder einmal deutlich gemacht. 5 Jahre ist der Terroranschlag von Hanau erst her. Die Einschläge kommen immer öfter und für viele, die sich von dem Anschlag in Hanau nicht direkt betroffen gefühlt haben, immer näher. Wir sind am Ende alle mit gemeint. Was ein Zusammenstehen nur um so wichtiger macht. Gegen Rassismus. Gegen LGBTQAI+ Feindlichkeit. Gegen Sexismus. Gegen Antisemitismus. Gegen Ableismus… Die Liste ist lang.
Im wirklichen Leben gibt es keinen VAR, der einspringt, wenn etwas nicht richtig ist. Das müssen wir alles selbst machen. Wir alle zusammen. Zusammen bestehen wir. Gerade, wenn wir über das hinausgehen, wogegen wir sind. Und den Blick positiver gestalten. Wofür wir sind. Für eine lebenswerte Gesellschaft. Für Menschenrechte. Für den Erhalt unserer Demokratie, eines Planeten, auf den menschliches Leben möglich bleibt und für eine Gesellschaft, die miteinander solidarisch zusammen steht – in Diversität.
Das 1-1 im zweiten Heimspiel am Stück war am Ende etwas enttäuschend. Da kam vieles zusammen, vor allem die Verletzungen von Saliakas und Guilavogui, welche uns extrem fehlen und noch Wochen fehlen werden. Gute Besserung an dieser Stelle. Wie auch ein Willkommen an Van der Heyden, den wir zum Glück noch bis Saisonende ausgeliehen haben und der nun sogleich Stammspieler ist.
Zugegeben, er braucht noch seine Zeit, um anzukommen. Aber die müssen wir ihm ebenso wie Spielzeit auf dem Weg dorthin einräumen. Das wird schon noch.
In Sachen Faschismus brauchen wir keine weiteren Versuche. Da wissen wir nur zu genau, daß das gar nicht geht. Kein Vergeben, Kein Vergessen – was die Vergangenheit betrifft. Und niemals wieder, was Gegenwart und Zukunft betrifft. Das Verbot der faschistischen Partei muß so zeitnah wie möglich in die Wege geleitet werden.
Daß eine große Demo zeitgleich mit dem Spiel gegen Augsburg am Millerntor stattfand, war ungeschickt. Passiert, bei der spontanen Planung aktuell.
Aus der Not eine Tugend gemacht wurde durch alle am Millerntor. Was für eine beeindruckende Choreo gegen den Faschismus.
Alle zusammen gegen den Faschismus.
Ganz Hamburg, so am Millerntor lauthals zu hören, vereint im Hass gegen die AfD.
Und das Öffnen der Tür für diese durch das Niederreissen der Brandmauer durch Union, FDP und der Wagenknechtpartei (wirklich schlimm, daß es sich hierbei um Mandate handelt, die durch die Wahl der Linken, die geschlossen dagegen gestimmt haben – auf daß im nächsten Bundetag von den beiden Parteien nur noch die Linke sitzen wird!).
In diesen Zeiten mag es vielen schwer fallen, den Durchblick zu behalten. Gerade das System „flood the zone with shit“ muß bekämpft werden, ohne sich davon überwältigen zu lassen.
All das, was wir erreicht haben, kann uns wieder entrissen werden. Das dürfen wir weder vergessen noch hinnehmen.
Ohne Not mit den Faschist*innen gemeinsame Sache zu machen ist das Programm der Union unter Merz. Wenn sich an der Wahlurne nichts ändert im Vergleich zu den aktuellen Umfragen, dann sieht es sehr übel aus: https://correctiv.org/aktuelles/parteien/2025/02/11/die-rechtstreiber-welche-hardliner-die-cdu-nach-rechts-ziehen/. Noch haben wir Zeit, mit allem, was wir haben, dagegen vorzugehen.
So zum Beispiel am 15.2., 11:55 Uhr auf dem Spielbudenplatz, siehe https://www.hamburg-pride.de/pride-week/veranstaltungen?tx_f7events_events%5Baction%5D=show&tx_f7events_events%5Bcontroller%5D=Event&tx_f7events_events%5Bevent%5D=429&cHash=0cd25265028044a0e67caa47b6fb1d68 – alle hin da. Und danach ans Millerntor.
Die 2-0 Auswärtsniederlage in Leipzig hat uns auf 21 Punkte nach 21 Spielen gebracht. 14 Platz, 7 Punkte Vorsprung auf einen möglichen Abstiegsplatz. Es ist nach wie vor alles möglich.
Halten wir zusammen und geben alles. Auf St. Pauli!