Ein ereignisreicher erster Spieltag liegt hinter und das Stadtderby vor uns. Höhen und Tiefen haben sich mehrfach abgewechselt und mit einer ordentlichen Portion Selbstvertrauen geht es für uns nun in das Hamburger Derby. Wer auch immer in dieser Spielzeit die Stadtmeisterschaft für sich entscheiden wird, dieser erste Spieltag wird uns noch lange in Erinnerung bleiben und hat eher das Potential, über die Saison hinaus in Erinnerung zu bleiben als aller Wahrscheinlichkeit das folgende Auswärtsspiel. Weil einfach so unfaßbar viel passiert ist.
Unfaßbar viel Konfetti in jedem Fall. Am Millerntor gibt es ja immer mal wieder wahre Konfetti-Orgien, aber der vergangene Spieltag war in dieser Hinsicht einfach ein unerreichbarer Rekord. Es hätte nicht viel gefehlt und das Spiel hätte entweder unterbrochen oder mit Verspätung angepfiffen werden müssen, um all die Papieschnipsel auf dem Rasen zu entfernen – was absurderweise bei so einer harmlosen Choreo eine hohe Geldstrafe nach sich gezogen hätte, insofern haben wir da wirklich Glück gehabt.
Das höchstmögliche Pech hingegen traf hingegen nach dem Spiel auf dem Vorplatz der Süd einen wohl stark alkoholisierten BVB-Fan und einen jungen Mann, am Ende steht ein tragischer Todesfall des BVB-Fans und strafrechtliche Ermittlungen gegen den jungen Mann. Spekulationen möchte ich an dieser Stelle nicht anstellen, es wird ermittelt, aber nach den bisherigen Erkenntnissen wissen wir zumindest, daß die Erstversorgung des Gestürzten durch FCSP Fans erfolgte und daß der geschubste BVB-Fan, der mit dem Kopf aufschlug, leider im Krankenhaus verstorben ist. Allen Hinterbliebenen an dieser Stelle mein Beileid.
So etwas sollte niemals und nirgendwo geschehen. daß es ausgerechnet nach einem Heimspiel vorm Millerntor passierte, betrifft uns in jedem Fall, ganz unabhängig davon, ob der junge Mann aus Notwehr oder sonstigen Gründen gehandelt hat, beim Spiel war oder nur beim Dom oder was auch immer – es ist eine unfaßbare Tragödie. Und ein Grund mehr, darauf hinzuweisen, daß Alkoholkonsum immer in dem Rahmen erfolgen sollte, daß keine(r) die Kontrolle verliert. Und, ganz allgemein gesprochen, auf die, die dann doch zu viel getrunken haben, nach Möglichkeit die Bezugsgruppe aufpassen sollte – ohne zu sagen, daß es hier geholfen hätte, es ist einfach allgemein wichtig.
Letztendlich wird es dieser tragische Unglücksfall, der es auch dann bleiben wird, was auch immer strafrechtlich dabei herauskommen mag, sein, der am Ende von diesem Spieltag in Erinnerung bleiben wird. Aber nicht allein, denn auch das Spiel selbst und davor die Choreo sowie während des ganzen Spiels auch eben die Nachwirkungen von dem ausgeuferten Konfettirausch…
Mit der Choreo fing es an diesem ersten Spieltag dann auch an. Hier haben viele fleissige Hände Stoffbahnen genäht und bemalt, die von der Süd über die ganze Gegengerade bis hin zur Nord ausgerollt wurden und von den untersten Stehplätzen bis zu den obersten Sitzbereichen die ganze Tribünenhöhe jeweils abdeckte. Was für eine geniale Choreo!
Unterstützt von einem Fahnenmeer dazwischen war es ein einziger Braun-Weißer Rauschzustand, der auf den drei Tribünen so hervorgerufen wurde.
Hier der Blick auf die Gegengerade (Danke für das Bild für den Blog!). FC SANKT PAULI 1910.
Ergänzt wurde das sehenswerte Choreo durch Unmengen an Konfetti, welches im ganzen Stadion verteilt wurde – hier hatte die lange Sommerpause wohl etwas überdimensionierte Mengen entstehen lassen, die dann auch schon lange vor dem geplanten Einsatz zu einem Teil in die Luft gelangte.
Vielleicht war das auch genau der Grund, warum es so unfaßbar viel Konfetti gab – ist es doch bekannt, daß viel zu viele solch von langer Hand vorbereiteten Choreos nicht richtig zu würdigen wissen und sich keinen Moment mit den kurzen Hinweisen beschäftigen oder auch nur der verständlichen Logik folgen, daß das Konfetti erst bei den Hells Bells bzw. beim Einlaufen zum Einsatz kommen sollte.
So war in jedem Fall für alle Werfenden genügend Konfetti vorhanden. Und in diesem Sinne wurde es offensichtlich auch eingesetzt. Von lange vorher bis noch lange danach, das ganze Spiel über, flog Konfetti und das in Mengen, die mehr an Schneefall als an eine Choreo erinnern sollte…
Das war schon kein Rasen mehr, den die Mannschaften betraten, das war ein Konfettimeer. Oder auch die Variante eines Hybridrasens, den die Fanszene sich unter dem Begriff vorgestellt haben mag…
Nebenbei gesagt habe ich keine Ahnung, ob der Hybridrasen schon bei diesem Spiel gelegt war oder erst nach diesem Auftrakt in die Saison eingeflochten werden wird. Kenne mich mit dieser Materie nicht aus und kann die verschiedenen Aussagen dazu auch nicht einordnen.
So ganz einfach war der Rasen an diesem Spieltag jedenfalls nicht, mehrfach mußten die Spieler und Schiedsrichter sich das Konfetti zwischen den Stollen herausklauben…
Vor dem Anpfiff, auch schon vor dem Einlaufen, war dann auch noch eine Neuerung, die ich nicht unterschlagen möchte – das Abspielen der Fanhymne. Genauer gesagt, der Findungsprozeß einer neuen. Erst kurz vor dem Anpfiff, als schon viele auf dem Weg zum Millerntor oder eben davor waren, hat der Verein den Hinweis veröffentlicht, wie nun vorgegangen wird: https://www.fcstpauli.com/news/musik-am-millerntor-vielfalt-statt-verordneter-hymne. Bei jedem Spiel ertönt erst einmal ein anderes Lied und es wird geguckt, wie die Fanszene damit umgeht.
Gespannt darf fan auf die Playlist sein, die demnächst vom Verein veröffentlicht werden wird – ich hoffe nur, daß es zum Anklicken kein Abo eines Streamingdienstes braucht und die Liste zumindest in Textform für alle ohne finanzielle Barriere zugänglich sein wird.
Gegen den BVB wurde das schon befürchtete Lied von Thees Ulmann „Das hier ist Fußball“ gebracht. Auf das Musikalische möchte ich nicht eingehen, sowas ist ja immer Geschmackssache. Es ist ein wunderschönes Lied aus dem FCSP Kosmos, das mit Sicherheit – aber dieser wehmütige Song ist ideal zur Verabreitung von Niederlagen und dergleichen und wirklich nicht als Einstimmung auf ein anstehendes Spiel geeignet. Entsprechend gering war dann auch die Resonanz.
Auch vor dem Einlaufen gab es die gewohnten Ansagen der Spieler mit dem Rufen der Spielernamen durch die Fans, wobei bei allen neuen Spielern die Aussprache ihres Namens kurz davor nochmal gesagt wurde. Eine gute Idee am ersten Spieltag, so einfach ist es wirklich nicht, das immer richtig hinzubekommen.
Die erste Halbzeit startete sehr ausgeglichen, was bei dem Gast schon wie ein kleines Wunder wirkte. Der Kader der Dortmunder ist einfach eine derartige Hausnummer, vom Marktwert her einer der drei Verfolger der Bayern und weiter von der mittleren Tabellenregion entfernt als unser Kader wertmäßig von der zweiten Liga, daß ein Aufeinandertreffen den Umständen gemäß nicht auf Augenhöhe erfolgt – es sei denn, daß es spielerische Lösungen, hohen Einsatz und geschickte taktische Mittel gibt, welch all das irgendwie halbwegs ausgleichen kann. Und genau so einen Tag sollten wir beim Auftakt in die Bundesliga auch erleben. Neben einer sehr guten Leistung von uns haben die Gäste aber auch noch stark mit sich selbst zu tun gehabt, die Transferperiode ist noch nicht vorbei und daraus resultierte auch so etwas wie eine Chance für uns an diesem Spieltag – wie es auch auf anderen Plätzen in vergleichbaren Fällen zu beobachten war.
Taktisch war unsere Marschroute, defensiv wenig zuzulassen, über die Außen nach vorn das Spiel zu machen oder aber durch Konter Tormöglichkeiten herauszuspielen. Defensiv haben wir dann doch etwas mehr zugelassen, als wir erhofft haben, was einerseits an der extrem hohen Qualität der Gegenspieler lag, andererseits aber auch an gewissen Unstimmigkeiten bei uns dahinten – drei neue Spieler in der Fünfer-Abwehrreihe, Oppie und Pyrka auf den Außen sowie Dzwigala als kurzfristiger Ersatz in der IV – haben dann doch deutlich gemacht, daß uns hier die Stabilität der Vorsaison noch etwas abgeht. Dennoch hatten wir unsere Chancen, daß es dann aber zu einem 0-1 zur Pause führen sollte, war mehr als verdient, auch wenn es weitere Chancen auf beiden Seiten gab, die aber alle gut gehalten wurden, einem Elfer inklusive von gewohnt starken Vasilj.
In der Halbzeitpause konnte dann endlich ein großer Teil des Konfettis vom Rasen geblasen werden. Auf dem Rasen selbst gab es erstmal kein neues Personal. Nach vorn machten, neben den offensiven Außenverteidigern, Fujita, Sinani, Hountondji und Pereira Lage enormen Druck. Immer wieder vermochten sie die eher zentriert stehenden Gäste auszuspielen. Das war ein vollkommen anderer Anblick als zur letzten Spielzeit, wo wir den Ball zumiest den spielstärkeren Vereinen überlassen haben. An diesem Tag hatten wir sogar mehr Ballbesitz als die in der Champions League spielenden Gäste. Und wir haben diesen immer wieder sehenswert nutzen können. Das 1-1 durch Hountondji wirkte wie eine Kopie des Führungstreffers, beides Kopfballtreffer der unhaltbaren Art.
Dann kam leider die Zeit des medizinischen Notfalls auf der Nord und der support wurde eingestellt. In dieser Phase kamen die Gäste zweimal in einem sehr stillen Stadion durch und führten innerhalb kürzester Zeit 1-3, wobei wir da hinten nicht so sicher standen wie eben gewohnt. Doch zum Glück konnte der Einsatz beendet werden und die Tribünen waren wieder dabei, auch wenn es euine Weile dauern sollte, bis es wieder so richtig laut wie zu Anfang werden sollte.
Spätestens mit dem Elfer – klares, langes Halten und Verhindern einer Torchance des einbgewechselten Ceesay, der den Ball nur noch artistisch irgendwie lasch Richtung Torhüter bringen konnte – was nach VAR EInsatz neben dem erst nicht gegebenen Strafstoß folgerichtig auch noch Rot für einen BVB Verteidiger gab – und dem sicher verwandelten Strafstoß durch Sinani war das Stadion wieder voll da. Die letzten fünf Minuten gab es den berühmten Millerntor-Roar – und als Smith dann noch in der regulären Spielzeit mit einem Sonntagsschuß den 3-3 Ausgleich erzielte, waren es die Gäste, die sich in der 10 minütigen Nachspielzeit irgendwie ins Ziel retten konnten. Was für ein Spiel!
Wir werden wohl in dieser Spielzeit mehr Tore auf beiden Seiten zu sehen bekommen – denn die stärker offensiv ausgerichtete Marschrichtung macht uns naturgemäß hinten anfälliger. Das richtige level gilt es hier zu finden, denn den Klassenerhalt wird die Defensive und nicht die Offensive bringen. Alles darüber Hinausgehende kann aber nur gelingen, wenn wir nach vorne auch eine Antwort haben, wenn wir denn in Rückstand geraten – im Gegensatz zur letzten Spielzeit haben wir hier einen enormen Schritt nach vorn gemacht, konnten sogar zwei Treffer aufholen. Auch zum Zugucken ist diese Spielweise viel attraktiver und dürfte jene, die Hürzeler immer noch vermissen, ein wenig mehr abholen als die letzte Saison. Diesmal hat Blessin aber auch die Spieler bekommen, die er für seine Spielwqeise wünscht.
In der Vorstadt dürfte enorm schwer werden. Diese haben sich ein verdientes Unentschieden auswärts in Gladbach sichern können, was zwar eine andere Hausnummer als bei unserer Partie bedeutete, doch unter dem Strich ein ebenso großen Erfolg darstellt. Wir gehen also beide hoch motiviert in dieses Stadtderby. Und es wird gerade für uns darauf ankommen, daß wir unsere defensiven Qualitäten besser auf den Platz bringen, damit wir die Stadtmeisterschaft auch zurück erobern können.
Wobei – inder ersten Liga haben wir den Titel ja noch wie vor. Und diesmal ist es die Vorstadt, die frisch aufgestiegen ist, während wir schon (knapp, also ein Jahr) länger in der Liga sind… Geben wir alles. Auf St. Pauli!
Mehr zum Spiel:
https://millernton.de/2025/08/24/fc-st-pauli-borussia-dortmund-33-deja-vu-mit-besserem-ende/
https://www.stefangroenveld.de/2025/zwei-mal-zurueckgekommen/
https://beebleblox.blogspot.com/2025/08/im-rausch-der-ersten-liga.html
https://rilrec.de/berichterstattung/250823b
https://www.kiezkieker-fanzine.net/2025/08/25/punkt/
https://blog.uebersteiger.de/2025/08/23/das-fast-perfekte-dinner/