Wut und Freudentaumel – Solidarität angesichts des Rassistischen Terrors und der Stadtmeistertitel für den #FCSP

Ereignisreiche Tage liegen hinter uns, im positivem wie im negativen. Der Derbysieg in der Vorstadt gehört natürlich zu den highlights dieser Spielzeit, aber er verblaßt im Angesicht des rassistischen Terroranschlags in Hanau. Da beides, der 0-2 Auswärtssieg in der Vorstadt wie auch die Solidemos, sich überschnitten haben, will ich diese beiden Ereignisse auch hier im Blog nicht trennen. Das Politische aber überwiegt in diesen Tagen, natürlich, es sind Menschen ermordet worden. Wieder einmal. Es muß endlich eine Reaktion in diesem Land erfolgen, welche ernsthafte und nachhaltige Konsequenzen nach sich ziehen. Wir alle dürfen die Menschen, die von rassistischen Gewaltverbrechen betroffen oder bedroht sind, nicht alleine lassen.

Als am Donnerstag die Schreckensmeldung des Massenmordes in Hanau an neun Menschen, die aufgrund ihres nicht-„biodeutschen“ Aussehens und des Aufenthalts in Shisha-Bars in Hanau, vom Täter aus rassistischen Gründen ausgewählt wurden (daneben hat der Täter auch seine Mutter umgebracht), bekannt wurde, siehe https://www.spiegel.de/panorama/justiz/terror-in-hanau-die-opfer-erzaehlen-ich-haette-ihm-die-tuer-aufgemacht-a-2ece67c4-92c3-4f31-b28f-8499e2cd3dff, reagierte landesweit eine migrantische sowie solidarische Antifa und organisierte auf Wunsch der Angehörigen der Opfer, siehe https://twitter.com/NSU_Tribunal/status/1230469929750626304, in vielen Städten Demos der solidarischen Betroffenheit. Auch in Hamburg, vor der AfD Zentrale, passenderweise, denn die Wegbereiter des Hasses sind eindeutig auszumachen. Und wir müssen endlich handeln, siehe auch https://www.fr.de/meinung/schuesse-hanau-kampf-gegen-rechtsextremismus-sind-alle-gefragt-13551314.html. 4000 bis 5000 Menschen sind an diesem Abend auf die Straße gegangen.

Und auch als am nächsten Tag, am Freitag, ein weiterer Klimagroßstreiktag angesagt war, kam es zu einer Schweigeminute und Reden für die Opfer von Hanau, siehe https://twitter.com/kleinertod/status/1230850012436975617 und https://twitter.com/NilsJEngelhard/status/1230910915438088194.

Am Abend ging es dann vors Knust, wo sich ein Vorderbyfantreffen angekündigt hatte. Friedlich standen die FCSP Fans der organisierten Fanszene und einige andere gemeinsam dort herum, während es rund zwei Kilometer entfernt zu einem Überfall auf eine Kneipe gekommen ist, was aber erst später bekannt wurde.

Wir hielten uns, etwas geschwächt von den beiden Demos von Donnerstag und Freitag, nicht lange dort auf, sondern tranken auf das anstehende Derby und Sankt Pauli und gingen ins Shamrock weiter.

So ein entspannendes Schwarz war da hochwillkommen. Und so ganz langsam stellte sich die Derbyvorfreude auch ein.

Angesichts einer stressigen Zeit entschied ich mich ja frühzeitig für ein Fernbleiben. Nachdem ich ja schon einen Derbysieg daheim erleben durfte und auch beim 0-1 in Erstligazeiten sowie beim 0-0 der vorangegangenen Spielzeit dort war, brauchte ich diesen Gang dieses mal nicht. Angesichts des politischen Geschehens eh eine gute Wahl, so konnten wir mehr oder weniger entspannt daheim den Derbysieg genießen. So ganz ohne Aufregung war das natürlich nicht, von Entspannung konnte da wahrlich weniger die Rede sein…

Vor Ort waren natürlich viele andere FCSP Fans, das Derbykontigent war naturgemäß heißbegehrt und keine Karte blieb da übrig. Dank Tröööt habe ich aber dennoch aus der Vorstadt Bilder für meinen Beitrag hier.

Es wurde auch eine Schweigeminute im Stadion abgehalten, aber da einige Vorstadtfans mit „Sch… St. Pauli“ die Stille nutzen wollten, wurde es mit der entsprechenden Antwort natürlich deutlich lauter. Eine gemeinsame Aktion aller Fans beider Vereine, eben ein gemeinsames Rufen gegen Nazis, kam danach leider nicht. Das lag vielleicht auch an den Provokationen zuvor, insbesondere dem Raketenabschuß in den Gästeblock, was zu einem kurz versuchten Blocksturm und einem schnellen Tränengas Einsatz der Polizei führte – war aber alles eher harmloser Natur, nur eben deutlich aufgeladen die Stimmung vor dem Anstoß des zweiten Stadtderbys in dieser Saison…

Beide Fanszenen zeigten eine Choreo beim Einlaufen der Mannschaften, wobei die schon oft genutzten Braun-Weißen Stoff-Fahnen mir da auch aus Nachhaltigkeitsgründen viel besser gefielen als die Plastikversion der Gastgeber. Vereinsunabhängig betrachtet besteht da eindeutig Verbesserungsbedarf. Plastik sollte nun wirklich nicht die Lösung in den Kurven sein.

Mal ganz abgesehen davon, daß Schwarz-Weiß-Blau und eh niemand mag und so…

Überraschend zurückhaltend der Pyroeinsatz auf beiden Seiten an diesem Tag, nebenbei bemerkt. Es geht visuell eindrucksvoll definitiv auch anders, ohne damit da jetzt eine Diskussion wieder anstoßen zu wollen.

Auffällig war aber, so als Bildschirmguckender, wie lautstark der Gästeanhang zu vernehmen war und wie wenig von den Gastgebern kam. Das lag natürlich auch am Spielverlauf, aber es war schon überraschend deutlich, auch schon vor Anpfiff.

Die Vorstadt startete enorm stark, während wir mit einer strengen Manndeckung und einer etwas überraschenden Aufstellung, unter anderem Diamantakos neben Veerman und hinten in der Abwehr Penney in einer Fünferkette, dagegen zu halten versuchten. Die ungewohnte Aufstellung brachte uns gehörig ins Schwimmen, vor allem auch, weil wir die einzelnen Spieler lange verfolgten und die Vorstädter dies in den ersten Minuten zu nutzen verstanden, nicht nur einmal dabei einen Abwehrspieler von uns weit über Mittellinie so lockten und den sich daraus ergebenden Raum zu einem Angriff nutzten. Zweimal Aluminium und ein paar male ganz knapp vorbei, das waren die ersten Minuten und wir schwammen gehörig. Nach etwas mehr als einer Viertelstunde und leichten Anpassungen der Spielweise mit Übergabe des Gegenspielers, so mein Eindruck, lösten wir uns etwas besser und hielten den Ball endlich weiter weg von unserem Strafraum, ja verlagerten das Spiel immer mehr ins Mittelfeld und auch in die Hälfte der Vorstädter. Miyaichi störte einen Aufbauversuch der Gastgeber, fing einen schwache Paß ab und lenkte den Angriff ein, den Henk mit einem sehenswerten Antritt gegen mehrere Verteidiger und den Torwart zum 0-1 abschloß. Und der Jubel war gigantisch auf unserer Seite.

Bei den Gastgebern hingegen war die Luft raus, wir kamen besser ins Spiel – und Penney, der ein grandioses Spiel machte, netzte mit einem tollen Schuß aus der zweiten Reihe zum 0-2 ein. Die Party fast komplett machte Becker, aber er verzog deutlich aus guter Position und wurde direkt danach für Knoll ausgewechselt. Dieser taktische Wechsel brachte eine deutliche Stabilisierung unserer Verteidigungsarbeit, die Vorstädter kamen danach nur noch partiell zu echten Chancen trotz großen Ballbesitzes und mehreren Abschlußversuchen. Dies blieb auch in der zweiten Hälfte so, wo Knoll um ein Haar noch das 0-3 erzielte, aber der Heimkeeper hatte mit einer Glanztat leider etwas dagegen.

Da auch das Schirigespann etwas gegen weitere Tore hatte – der schöne Treffer von Benatelli wurde, etwas unglücklich, aber immerhin vertretbar, wegen Abseitsstellung von Miyaichi per Videobeweis aufgehoben. Daß Ryou nicht in der Blicklinie des Keepers beim Kopfball stand, läßt allerdings seine Aktivität durchaus diskutabel erscheinen. Eindeutig hingegen mit vielen Verstößen der scheinbare Anschlußtreffer der Gastgeber, den der nicht gerade unparteiisch wirkende Schiri erst durch Videobeweis aufgrund von Handspiel aberkannte. Daß wir zweimal eine Karte für Meckern bekamen, die Gastgeber hingegen sich beschweren durften, wie sie wollten, ohne daß es da zu Konsequenzen kam, ist auch angesichts der geführten Zweikämpfe, die für die Vorstädter immer ohne Karte entschieden wurden, bei uns hingegen wurde sie ein paar mal gezückt, durchaus obskur. Kampflos haben die Vorstädter sich jedenfalls nicht ergeben, es fehlte aber trotzdem an einer so gewollten Vorstellung, wie sie von unserer Seite aus kam.

Und da waren sie nun, die beiden Derbysiege in einer Spielzeit. Zum Einrahmen schön.

Die Helden dieses Tages lauten: Himmelmann, Ohlsson, Østigård, Buballa, Miyaichi, Benatelli, Sobota, Flum, Becker, Knoll, Penney, Diamantakos, Tashchy und Veerman. Und natürlich Jos Luhukay an der Seite bei beiden Derbysiegen.

Es bleiben natürlich trotzdem nur drei Punkte, die wir dringend im Kampf um den Klassenerhalt brauchen. Dennoch eine großartige Leistung und ein Grund zum Feiern. Auch in Abetracht der großen Klappe der Vorstädter, die sich unmittelbar nach dem 2-0 Derbysieg am Millerntor für eine Reaktion in der Rückrunde ausgesprochen und einen deutlichen Heimsieg angekündigt hatten. Tja, war wohl nichts. Der Stadtmeistertitel geht eindeutig an uns in dieser Spielzeit. Und wenn die Vorstadt den Aufstieg trotzdem noch packt, dann kann es von mir aus auch für eine Weile so bleiben.

Die ganze Anspannung war nach dem Abpfiff jedenfalls weg und die Titelverteidigung wurde gefeiert.

Allerdings nur ganz kurz, denn die nächste Solidemo für die Opfer und ihre Angehörigen von Hanau stand wieder auf dem Programm.

Der gewählte Tatort war ja kein Zufall, siehe https://twitter.com/kurtsundgut/status/1230411466123173888. Die AfD hatte in den Wochen davor gegen Sisha Bars gehetzt und auch in den zwei Tagen danach kam es direkt zu weiteren, kleineren Angriffen auf solche, wenngleich ohne weitere Auswirkungen auf Menschen. Aber die Kampfansage der radikalen Rechten war eindeutig und wir dürfen die Versuche der Beschwichtigung und Vertuschung nicht durchgehen lassen, siehe auch https://twitter.com/drpeternagel/status/1230566230475468802 dazu.

Wichtig ist es, die Perspektive solcher Taten weg vom Täter und hin zu den Opfern hinzubekommen. Diese haben Namen. Der Täter ist dabei austauschbar. Er ist kein Einzeltäter, die rassistische Hetze ist der ungefähre Marschbefehl, der von Mördern wie diesen umgesetzt werden. Siehe dazu https://twitter.com/samelou/status/1230475137595695105 und https://twitter.com/Afelia/status/1230394666685784064.

Und nicht nur die AfD gießt hier voller Absicht Öl ins Feuer, auch die Union hat dies über Jahre getan und dabei den Weg vorbereitet, siehe https://krautreporter.de/3247-hanau-thuringen-halle-und-die-verantwortung-der-cdu. Dazu paßt auch der Versuch von Seehofer, die Anwort in erhöhter Grenzsicherung und an Bahnhöfen und Flughäfen zu suchen, siehe https://twitter.com/sixtus/status/1230934208425709572, was ja gerade wieder die Stoßrichtung in die rechte Richtung treibt und wieder ein Schlag ins Gesicht der Opfer und aller als nicht (Bio)Deutsch geotherten Menschen ist. Ganz im Sinne der Faschisten. Siehe auch https://twitter.com/samelou/status/1231244990489202691. Und auch Merz legt mit seiner Bewerbung noch einmal eindeutig nach: https://twitter.com/goldi/status/1232265664968167426.

Die Medien sind dabei auch nicht unschuldig, siehe nur https://twitter.com/C_Emcke/status/1231286439037538304 oder das Mitreden lassen der Faschisten und nicht ihrer Opfer, seit vielen Jahren. Mit Rechten redet mensch nicht, die gehören bekämpft.

Die Opfer haben ein anderes Deutschland verdient. Und wir müssen daran mitwirken. Alle. Nicht nur bei solchen starken Demonstrationen wie an diesem Tag https://twitter.com/antira_infohh/status/1231271141978845184. Erinnern wir uns an die Namen.

Und daran, endlich etwas zu tun. Die FDP hat ja ihre Quittung bekommen für das Kooperieren mit der AfD in Thüringen und auch in der Bürgerschaft beim Abstimmungsverhalten. Für eine Abwahl der Braunen hat es aber nicht gereicht, doch das ist eh nicht das Wichtigste.

Die Faschisten & deren Wähler werden wir nicht durch Zuhören, „Sorgen“ ernst nehmen, Enttarnen, Lichterketten oder an der Wahlurne besiegen. Die wählen nicht aus Protest bzw.werden gewählt, sondern aus Überzeugung. Sie sind für die Demokratie, die sie abschaffen wollen, verloren. Deren Potential ist schon immer ungefähr so groß gewesen wie aktuell, in der Vergangenheit haben die meisten davon aber mangels ausreichend radikaler Möglichkeit bzw. Erfolgschance einer Stimmabgabe gar nicht erst gewählt bzw. taktisch das extremste, was es gab. Die bleiben.

Die Erreichbarkeit dieser Menschen ist nur noch für die Faschisten selbst gegeben. Durch ihre Kanäle als einzige Quelle kommt deren Propaganda an. Die anderen Medien werden bekämpft und deren Verbot oder Umgestaltung in deren Sinne gefordert, um ihre Propaganda abzusichern. Rassismus, Sexismus, Hass auf Abweichung von der als Norm auserkorenen heterosexuellen Zweigeschlechtigkeit, all das schweißt diese Faschisten derart zusammen, daß in dieser Welt unser demokratischer Rechtsstaat im Sinne des GG ein zu bekämpfendes Feindbild darstellt. Die Heilssuche in nationalen Grenzen unter Hinzunahme herbeiphantasierter biologischer Zustände (daraus folgend ein rassistischer Ausmerzungswunsch der als anders Eingeordneten) führt zu einem Hass auf alles, was unter Klimaschutz fällt, da dieser notwendig keine Grenzen kennt. All das, was die Wähler und die der Partei selbst eint, stellt ein geschlossen faschistisches Weltbild dar. Sie sind nicht mehr erreichbar. Sie können aber bekämpft werden, müssen das auch werden, da sie ihre Ziele weiter verfolgen. Hindern wir sie endlich daran! AfD Verbot JETZT!

Wir werden nur durch großen Druck erreichen, daß die rechte Gefahr als solche erkannt wird und nicht schon wieder das Gegenteil, wie auch nach Hanau, siehe https://twitter.com/marteimer/status/1231183464768122883 oder die Union wie oben angeführt.

Alle zusammen für dieses Ziel.

Wie auch bei diesem Derbysieg, um dem es nach der Demo dann doch wieder thematisch ging. Endlich Zeit, darauf richtig anzustoßen.

Solche Tage müssen einfach gefeiert werden. https://twitter.com/leoskirio/status/1231223762680532992. Und, ja, das wurde gefeiert.

Die Gefühlslage ist in diesen Tagen sehr durchwachsen. Von tief betroffen und solidarisch wütend über Euphorie beim Derbysieg ist für die antifaschistische FCSP Seele alles dabei. Wichtig im sportlichen ist es jetzt natürlich, punktemäßig nachzulegen, damit wir den Kampf um den Klassenerhalt gewinnen. Noch viel wichtiger ist es aber, gemeinsam mit allen antifaschistischen Kräften wider den rassistischen Terror vorzugehen, damit dieser endlich nachhaltig bekämpft wird!

Mehr zum Spiel:
http://millernton.de/2020/02/23/im-derby-dieser-stadt/
https://www.magischerfc.de/2020/02/doppelderbysiegerinnen/
https://www.magischerfc.de/2020/02/ganz-viel-wasser-in-den-wein/
https://usp.stpaulifans.de/copper/thumbnails.php?album=528
http://hossa-stpauli.de/sites/Artikel/Spiele_19_20/200222_HSV_FCSP.html
https://fcspsouthendscum.wordpress.com/2020/02/24/matchday-23-hamburger-sv-vs-fc-sankt-pauli-0-2/